Die instabile Regierungskoalition in den Niederlanden droht auseinander zu fallen. Pieter Omtzigt, Parteichef der Nieuw Sociaal Contract (NSC), gab am Freitagabend überraschend seinen Rückzug aus der Politik bekannt. Der Christdemokrat Omtzigt sass 20 Jahre im niederländischen Parlament. Dann überwarf sich der 51-Jährige mit seiner Partei und gründete eine auf ihn zugeschnittene eigene Partei. Sie war neben Geert Wilders bei den letzten Wahlen die grosse Gewinnerin. Doch nun droht der Absturz.

Parteigründung vor zwei Jahren

Die Niederlande stünden vor grossen Problemen. Um diese zu lösen, brauche das Land eine «neue Art, Politik zu machen». Mit diesen Worten erklärte Pieter Omtzigt vor rund zwei Jahren die Gründung seiner neuen Partei Nieuw Sociaal Contract, zu Deutsch: Neuer Gesellschaftsvertrag.

Die Wählerinnen und Wähler setzten grosse Hoffnungen in die neue Partei und ihren Anführer Pieter Omtzigt. Auf Anhieb gewann die NSC 20 Sitze bei den Parlamentswahlen Ende 2023 und zog anschliessend in die Regierung ein. Überraschend war das nicht. Pieter Omtzigt ist einer der populärsten Volksvertreter des Landes. Seine politischen Wurzeln liegen bei den Christdemokraten, jahrzehntelang eine etablierte Regierungspartei.

Omtzigt, der «Aktenfresser»

Omtzigt war aber keiner, der es sich auf dieser Parteilinie bequem machte. Im Gegenteil. «Aktenfresser» war sein Übername. Omtzigt gilt als detailversessen, extrem arbeitswütig, ein Zahlenmensch. Mehr Einzelkämpfer als Teamplayer. Der Volksvertreter geniesst in der Bevölkerung ein hohes Ansehen, weil er mehrere politische Skandale in Den Haag aufdeckte, so etwa im Sozialwesen bei Kinderzulagen.

Nur widerwillig erlaubte er seiner neuen Partei, mit den Rechtspopulisten von Geert Wilders ein Regierungsbündnis einzugehen. Politisch bestand eigentlich nie ein gemeinsamer Nenner mit Wilders.

Auf diese selbst auferlegte Aufgabe verwandte Omtzigt seine ganze Energie. Es dauerte Monate, bis sich vier Parteien auf ein Regierungsprogramm verständigen konnten. Wenig in diesem Programm entspricht dem Gusto von Omtzigt, weil voller fauler Kompromisse. Kaum im Amt jagte in der Regierung eine Krisensitzung die andere – bis heute: Diese Woche konnte die Regierung ein Budget nur verabschieden, weil die Koalition die grössten Fragen unbeantwortet liess.

Partei droht alle Sitze wieder zu verlieren

Diese Art zu politisieren, übersteige seine Kräfte, erklärte Pieter Omtzigt am Freitag. Ausgebrannt sei er. Darum nun der Rückzug aus der Politik. Gemäss jüngsten Umfragen würde bei Neuwahlen die Partei von Omtzigt fast alle ihrer Sitze verlieren. Weil sich niemand vorstellen kann, dass die NSC-Partei ohne ihren Gründer eine Zukunft hat, droht jetzt die ganze Regierung in den Niederlanden zu zerbrechen.

Politisch bleibt das Land also zersplittert und polarisiert. Der Abgang von Omtzigt könnte symbolischer nicht sein. Er führt den Wählerinnen und Wählern vor Augen, dass die Erneuerung der niederländischen Politik fürs Erste gescheitert ist.

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