Seit mehr als 20 Jahren gibt es keinen offiziellen Sommerschlussverkauf mehr. Einzelhändler und Modeketten locken das ganze Jahr über mit Ermäßigungen. In der letzten Juliwoche starten trotzdem große Rabattaktionen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Modehaus Marx in Trier haben alles vorbereitet: In den Schaufenstern hängen Fahnen mit Prozentzeichen, auf den Etiketten vieler Kleidungsstücke stehen jetzt günstigere Preise. "Wir haben Frühjahrsmode schon seit einigen Wochen rabattiert. Ab heute gibt es noch ein Schippchen obendrauf", sagt Geschäftsführerin Karin Kaltenkirchen. "Wir bieten noch mal 20 Prozent auf bereits reduzierte Ware an." Auch klassische Sommerware wie T-Shirts, Kleider und kurze Hosen sei ab jetzt im Preis reduziert. 

SSV wurde 2004 reformiert

Das Modegeschäft in der Trierer Innenstadt hat Ende Mai dieses Jahres sein 190-jähriges Bestehen gefeiert und in dieser langen Zeit viele Schlussverkäufe mitgemacht. Bis Juli 2004 waren Sommer- und Winterschlussverkauf im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb streng reglementiert: An je zwölf Wochentagen durfte Saisonware wie Textilien, Sportartikel, Schuhe und Lederwaren abverkauft werden. Der Sommerschlussverkauf (SSV) fand traditionell in der letzten Juli- und der ersten Augustwoche statt.  

Seit einer Reform vor 21 Jahren kann jedes Geschäft selbst festlegen, wann es welche Ware günstiger anbietet. Nach Angaben des Handelsverbands Deutschland (HDE) haben sich in den vergangenen Jahren zum Beispiel auch Baumärkte, Möbel- und Elektronikketten am SSV beteiligt.

 

Kunden in die Läden locken

"Zum Start des Sommerschlussverkaufs stehen die Kunden vor der Ladenöffnung nicht mehr Schlange", erzählt Karin Kaltenkirchen, "aber in den Köpfen unserer Kunden ist die Aktion noch drin und sie kommen gerne vorbei." 

Diese Entwicklung bestätigt auch Jörg Funder von der Hochschule Worms. Der Professor forscht zu Entwicklungen im Einzelhandel. "Eigentlich ist der klassische Sommerschlussverkauf ein Relikt aus vergangenen Zeiten", so Funder. "Der SSV hat nicht mehr eine so große Schlagkraft wie früher." Grundsätzlich gebe es mittlerweile fast jederzeit Rabattaktionen - sowohl in Geschäften, als auch online. Im Internethandel würden Preise zum Beispiel für Kleidungsstücke je nach Nachfrage dynamisch angepasst, teilweise sogar täglich. 

"Dennoch haben Kunden immer noch eine Erwartung, dass es ab Ende Juli - also zur klassischen Zeit des traditionellen Sommerschlussverkaufs - zu hohen Rabatten kommt", sagt Funder. Für den stationären Einzelhandel in der Innenstadt sei der SSV deshalb ein wichtiger Impuls und ein Instrument zur Kundenbindung.

Insolvenzrisiko alte Warenbestände

Platz im Lager schaffen - das ist eine entscheidende Motivation, den Sommerschlussverkauf als Verkaufsinstrument zu nutzen. Laut Funder versuchen Einzelhändler 70 bis 90 Prozent der Saisonware regulär zu verkaufen, den Rest dann über den Schlussverkauf. Das gelinge aber nicht immer, teils gingen bis zu 50 Prozent der Saisonware als rabattierte Produkte über die Ladentheke.  

Gerade bei Kleidung und Schuhen ändere sich der Modegeschmack sehr schnell, "alte" Ware verkaufe sich im nächsten Sommer kaum noch. "Hohe Lagerbestände steigern das Insolvenzrisiko im Einzelhandel exponentiell," sagt Jörg Funder.

Kauflaune bisher eher verhalten

Insgesamt blickt die Einzelhandelsbranche aktuell eher mit Sorge auf die Geschäftszahlen. "Nur 26 Prozent der befragten Einzelhändler sagen, dass die Umsatzentwicklung im Jahr 2025 besser sein wird als im vergangenen Jahr", sagt Stefan Hertel, Sprecher des Handelsverbands Deutschland. "53 Prozent der Unternehmen sehen die Entwicklung leicht oder deutlich unter der im Jahr 2024." Die Ergebnisse der aktuellen HDE-Konjunkturumfrage seien als Alarmzeichen zu verstehen, bei vielen Einzelhändlern liefe es nicht gut.

Laut Hertel entwickele sich die Konsumstimmung bei den Verbrauchern zwar in kleinen Schritten nach oben. Aber: "Durch die politische und wirtschaftliche Weltlage sind viele Menschen verunsichert und halten ihr Geld eher zusammen", sagt Hertel vom HDE.

Wetter spielt wichtige Rolle

Auch in Trier spüre man die Verunsicherung der Kunden. "Der Umsatz liegt trotzdem aktuell leicht über den Vorjahreszahlen, auch wegen der Jubiläumsaktionen zu unserem 190-jährigen Bestehen", sagt Karin Kaltenkirchen. Sie blickt optimistisch auf den Sommerschlussverkauf: "Einkaufen muss Spaß machen, und das wollen wir vermitteln, auch durch die Beratung unseres Fachpersonals vor Ort", so Kaltenkirchen.  

Das Wetter habe ebenfalls einen großen Einfluss auf den Betrieb in den Läden, gerade bei Textilien und Schuhen. "Anfang Juni war der Sommer extrem heiß, da leidet die Einkaufslust. Jetzt gerade ist es eher regnerisch, auch das trübt die Shoppinglaune auf Sommerkleidung ein wenig", analysiert Stefan Hertel vom HDE. Handelsverband und Einzelhändler hoffen auf eine stabile Wetterlage und gute Abverkäufe - damit Platz ist für neue Kollektionen.

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