Nach langem Ringen haben sich EU und USA im Zollstreit geeinigt. Aber worauf genau? Wie groß sind die EU-Zugeständnisse an Trump, was ändert sich im Vergleich zum Status quo - und was ist noch unklar? Fragen und Antworten.
Die Europäische Union und die USA haben sich am Wochenende im Zollstreit geeinigt. Noch sind nicht alle Details der Übereinkunft klar. Ein Überblick über das, was bisher bekannt gegeben wurde.
Worauf haben sich EU und USA geeinigt?
Die zuvor von den USA geplanten 30-prozentigen Zölle auf europäische Waren sind nach Angaben beider Seiten vom Tisch. Doch auch der jetzt getroffene Deal sieht erhebliche Aufschläge vor: Immerhin 15 Prozent sollen künftig auf die meisten Güter aus der EU anfallen. Ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Status quo: Seit dem 9. April erheben die USA bereits einen Basiszollsatz von zehn Prozent auf EU-Importe.
Vor dem Amtsantritt Donald Trumps als US-Präsident habe der durchschnittliche Zollsatz der USA auf EU-Güter in der Praxis bei lediglich etwa einem Prozent gelegen, heißt es von der EU.
Auf der anderen Seite sind 15 Prozent für einige Branchen im Vergleich zu den bestehenden Zöllen eine Verbesserung. Trump hatte etwa Autos mit Zusatzzöllen in Höhe von 25 Prozent belegt, sodass zuletzt bei der Einfuhr insgesamt 27,5 Prozent Zölle anfielen.
Gibt es Ausnahmen?
Ja. Auf eine begrenzte Zahl von Waren sollen künftig bei der Einfuhr keine Abgaben fällig werden. Dazu zählen nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Beispiel Flugzeuge, bestimmte Chemikalien, Agrarprodukte und kritische Rohstoffe.
Sind 15 Prozent die neue Obergrenze?
Zwar betonte von der Leyen: "Diese 15 Prozent stellen eine klare Obergrenze dar. Keine Stapelung. Alles inklusive." Zudem soll das Abkommen als Ausgangspunkt genutzt werden, um die Zölle in Zukunft wieder zu senken.
Auf der anderen Seite stehen laut Trump weiter 50-prozentige Zölle auf Stahl und Aluminium. Hier scheiterte offenbar eine Einigung über Zollabsenkungen. Nach Angaben aus EU-Kreisen sollen aber bestimmte Mengen ausgenommen werden, wie es bereits vor Trumps Amtsantritt der Fall gewesen war.
Stahl und Aluminium sind schon länger ein Streitfall im Handel zwischen den USA und der EU. Schon die erste Regierung unter Trump hatte die Zölle auf Stahl und Aluminium 2018 erheblich angehoben - auf 25 Prozent für Stahl und zehn Prozent für Aluminium. In seiner zweiten Amtszeit hob Trump die Zölle nochmals an, zuletzt auf 50 Prozent für beide Materialien.
Wie gut ist das Abkommen im internationalen Vergleich?
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban kritisierte, das Vereinigte Königreich habe einen besseren Deal bekommen. In der Tat sieht die Vereinbarung zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich aus dem Mai einen Basiszollsatz von zehn Prozent vor - das ist deutlich weniger als die 15 Prozent auf EU-Waren. Die Autozölle wurden ebenfalls auf zehn Prozent für bis zu 100.000 Fahrzeuge pro Jahr verhandelt - das entspricht laut dem Branchenverband "Society of Motor Manufacturers and Traders" (SMMT) ungefähr der gesamten Menge an exportierten britischen Autos in die USA des Jahres 2024.
Zuletzt hatte sich das G7-Land Japan ebenfalls auf 15-prozentige Basiszölle geeinigt. Japans Handelsvolumen mit den USA ist aber deutlich niedriger als das der EU. Indonesien (19 Prozent) und Vietnam (20 Prozent) haben höhere Grundzölle vereinbart.
Gab es weitere Zugeständnisse von EU-Seite?
Die EU sicherte Trump zu, bis zum Ende von dessen Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen. Nach Angaben von von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden.
Die EU hat 2024 Energie im Gesamtwert von etwa 376 Milliarden Euro importiert. Aus den USA stammte Energie (Öl, Ölprodukte, Gas) im Wert von knapp 65 Milliarden Euro.
Zum jetzt angekündigten Volumen der Energie-Importe sagte Samina Sultan vom IW Köln dem NDR: "Das stellt eine erhebliche Steigerung dar und wird deshalb keine leichte Aufgabe sein. Wenn man insbesondere mehr LNG und Öl aus den USA importiert, läuft das den Zielen zuwider, die Erneuerbaren Energien auszubauen."
Zudem sei unklar, wie das überhaupt laufen solle, da "die EU-Kommission nicht Öl und Gas im Namen der Mitgliedstaaten kaufen kann", sagte Sultan.
Zusätzlich verspricht die EU Trump, in den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren.
Ist das Ergebnis in Stein gemeißelt?
Noch sind nicht alle Details ausverhandelt, das sagte von der Leyen nach Bekanntgabe des Deals. Die EU will die Gespräche fortsetzen, etwa zu den Stahl- und Aluminiumzöllen. Auch bei Spirituosen gibt es laut der Nachrichtenagentur Reuters noch kein Übereinkommen.
Außerdem muss das Abkommen noch von den EU-Staats- und Regierungschefs angenommen werden. Hier gab es bereits erste Kritik, etwa von Ungarns Ministerpräsident Orban. "Präsident Donald Trump hat Kommissionspräsidentin von der Leyen zum Frühstück verspeist", sagte Orban.
Auch die USA behalten sich offen, die Zölle in Zukunft zu erhöhen, sollten die europäischen Länder ihre Investitionszusagen nicht einhalten, erklärte ein hochrangiger Vertreter der US-Regierung am Sonntagabend gegenüber Reportern, wie Reuters berichtete.
Mit Informationen von Alina Leimbach, ARD-Finanzredaktion und Christian Bahrs, NDR
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