Mittwoch begann für die Legende ein neuer Lebensabschnitt. Thomas Müller flog nach einer vorerst letzten Joggingrunde in Bayern nach Vancouver. Vor Beginn seiner Reise sagte der 35-Jährige zu Sky: „Ich bin natürlich leicht nervös, für meine Verhältnisse. Es ist das erste Mal, nach langer Zeit, dass ich zu einer neuen Mannschaft stoße. Vorfreude ist da, aber auch eine gewisse Anspannung.“
Der Fußball-Weltmeister verlässt seinen Herzensklub FC Bayern in Richtung Vancouver Whitecaps, der kanadische Klub wird ihn am Donnerstag vorstellen. Drei Tage später könnte der prominente Zugang bereits sein Debüt geben: Am Sonntag trifft sein neues Team im Heimspiel der US-Profiliga MLS auf Houston Dynamo FC.
Vor 25 Jahren war Müller von seinem Jugendklub TSV Pähl zu den Junioren der Bayern gewechselt und dem deutschen Rekordmeister, für den er 756 Pflichtspiele absolvierte, bis zu diesem Sommer treu geblieben. Er gewann mit den Münchnern zweimal die Champions League, 13 deutsche Meisterschaften, sechsmal den DFB-Pokal und wurde Rekordspieler des Vereins.
„Ich will einfach schnell ankommen, schnell auf dem Platz stehen, die Jungs kennenlernen“, sagte Müller auf die Frage zu seinen Zielen in Vancouver. „Ich hoffe, dass ich mich relativ zügig an die Liga gewöhne. Es kann natürlich sein, dass ich ein paar Wochen brauche, mal schauen. Fit bin ich. Den Rest werden wir sehen.“
Müllers neuer Chef ist Alex Schuster. Der Sportdirektor der Whitecaps berichtete, wie er den Offensivprofi von einem Wechsel überzeugen konnte. „Ich hatte ein bisschen den Vorteil, dass ich Thomas wahrscheinlich besser kenne als jeder andere Sportdirektor in unserer Liga. Vor allem hatte ich über viele Jahre die Möglichkeit, all seine Interviews zu lesen und zu hören – dadurch hatte ich ein Gefühl dafür, was ihn interessiert und worum es ihm wirklich geht“, so Schuster zu Sky.
Er führte zudem aus: „Ich glaube, wir haben ihn sportlich überzeugt. Wir haben eine Mannschaft, die derzeit um Titel mitspielt, wir sind sehr ambitioniert. Und wir haben ihn einzig und allein als Spieler verpflichtet – als jemand, der unserer Mannschaft hilft, in diesem Jahr einen Titel zu gewinnen.“
„Größter Verkaufstag in der Klubgeschichte“
Die Reaktionen in Vancouver auf Müllers Wechsel seien außergewöhnlich. „Das ist die größte Verpflichtung, die unser Verein je gemacht hat – mit großem Abstand. Die Begeisterung ist groß. Alle Spiele für den Rest der Saison werden ausverkauft sein“, sagte Schuster. „Wir erwarten eine große Party am Flughafen, wenn er in Vancouver landet. Unser Fanshop hatte den größten Verkaufstag in der Geschichte des Klubs – so viele Trikots wie am Tag der Verkündung wurden noch nie verkauft.“
Für das Klub-Marketing sei der Müller-Deal ein Coup – Schuster sieht dies allerdings lediglich als Nebeneffekt. „In unseren Gesprächen mit Thomas war klar: Wir wollten ihn zuerst und vor allem als Spieler, als Führungspersönlichkeit. Wir sind ein Team, das seit drei Jahren immer in die Playoffs einzieht, aber uns hat manchmal in den entscheidenden Spielen die Erfahrung gefehlt. Genau da kommt er ins Spiel. Alles Weitere kommt danach.“
Müller spielt künftig in der MLS unter anderem gegen Argentiniens Superstar Lionel Messi. Und gegen den südkoreanischen Stürmerstar Heung-Min Son, der nach zehn Jahren den englischen Erstligaklub Tottenham Hotspur verließ und zum Los Angeles FC wechselte. „Messi ist natürlich eine eigene Kategorie – besonders wegen der großen süd- und zentralamerikanischen Bevölkerungsgruppe in Nordamerika, in den USA“, so Schuster.
„Son hat in L.A. durch die südkoreanische Community eine ähnliche Strahlkraft. In Vancouver leben über 200.000 Deutsche – Thomas wird hier genauso einen Impact haben, wie Son in L.A., wie Forsberg und Choupo-Moting in New York. Messi ist vielleicht eine Stufe darüber, aber das hängt auch stark mit der Geografie und mit den Populationen zusammen.“
Er glaube, Müller werde sich schnell integrieren. „Wir sind fast sicher in den Play-offs. Ich glaube, wir brauchen nur noch einen Sieg aus acht Spielen“, sagte Schuster.
„Natürlich wollen wir mehr Siege, aber in den nächsten Wochen geht es darum, dass Thomas seine Rolle findet und sich auf das Wesentliche konzentriert: den Fußball. Das Drumherum – wie die große Ankunft am Flughafen, das Heimspiel – wird groß sein, aber im Alltag wird er sich voll aufs Spiel konzentrieren und die Stadt genießen können.“
Julien Wolff ist Sportredakteur. Er berichtet für WELT seit vielen Jahren aus München über den FC Bayern und die Nationalmannschaft sowie über Fitness-Themen und war bereits in Kanada. Allerdings noch nicht in Vancouver.
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