Der FC Bayern erlebt einen der bittersten Tage in der jüngeren Vereinsgeschichte. Bei der Klub-WM scheitert das Team nicht nur im Viertelfinale an Paris St. Germain, sondern die Münchner verlieren auch Jamal Musiala. Das dürfte fatale Folgen haben.
Vincent Kompany, sonst ein sehr ausgeglichener Charakter, hat gestanden, selten zuvor so wütend gewesen zu sein. Das war er bereits in der Halbzeitpause des wilden Viertelfinalspiels bei der Klub-WM gegen Paris St. Germain (Endstand 0:2 aus Sicht des FC Bayern). Augenblicke zuvor hatte Keeper Gianluigi Donnarumma den Münchner Fußballer Jamal Musiala abgeräumt. Und das mit einer solchen Vehemenz, dass der FC Bayern nun wahrscheinlich sehr lange auf seinen besten Spieler verzichten muss. Erneut. Der 22-Jährige war ja gerade erst von einer Verletzung genesen, spielte das erste Mal wieder von Beginn an. Und dann diese Horrorszene und der Verdacht: Wadenbeinbruch.
Für den FC Bayern hätte es nicht schlimmer kommen können. Die Niederlage an diesem Abend? Egal. Die unerreichten Millionen, die ihnen der weitere Weg eingebracht hätte? Egal. Es ging und geht nur um Musiala und die fatalen Folgen dieser Szene, die sich im Pariser Strafraum im Kampf um den Ball ereignet hatte. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wird der Spielmacher in diesem Jahr wohl nicht mehr auf dem Platz stehen. Vier, eher fünf Monate würde er ausfallen. Für Kompany das schlimmste Szenario, das ihm offenbar schnell durch den Kopf ging. Nach Abpfiff erklärte er, dass sein "Blut noch immer kochen würde".
Bislang fürchterlicher Transfersommer
Der ohnehin schon massiv unter Transferdruck stehende FC Bayern bekommt nun weiteren Stress, den er, den vor allem Sportvorstand Max Eberl gar nicht gebrauchen kann. Der erlebt bislang einen Transfersommer zum Vergessen. Einen Transfersommer, in dem die großen Deals bislang nicht gelingen wollen und der äußerst laut vonstattengeht. In Ruhe arbeiten? Is' nicht. Florian Wirtz, den sie schon in München wähnten, spielt jetzt für den FC Liverpool. Nico Williams, das spanische Supertalent, war schon länger aus dem Rennen, ehe es mit einem völlig überraschenden Move um zehn Jahre (!) bei seinem Klub Athletic Bilbao verlängerte. Und auch bei all den anderen durch die Gerüchteküche gebrüllten Namen gibt es bislang nichts zu vermelden.
Auch nicht bei Nick Woltemade. Der 23 Jahre alte Stürmer des VfB Stuttgart soll nun offenbar die Antwort auf alle Münchner Sorgen sein, die sich durch Musialas drohenden, langen Ausfall weiter aufgetürmt haben. Zuvor hatten bereits der Abgang von Leroy Sané und das von Vereinsseite beschlossene Aus für Thomas Müller, der gegen PSG tatsächlich sein letztes Bayern-Spiel absolviert hat, Lücken in den Kader gerissen.
"Ich halte ihn für einen sehr, sehr guten Spieler, der prima zu uns passen würde", sagte Ehrenpräsident Uli Hoeneß nur wenige Stunden vor dem Musiala-Schock über Woltemade. "Und ich würde es sehr begrüßen, wenn das dieses Jahr klappt. Und wenn nicht, dann nächstes Jahr." Sofort wäre jetzt wohl besser. Wohl unvermeidlich.
Der Kampf um Woltemade wird nicht billiger
Die Verletzung von Musiala schwächt das Blatt des FC Bayern im Transferpoker nochmals. Zuvor wussten die Gegner am Tisch bereits, dass der Klub willens und in der Lage ist, für einen Wunschspieler sehr große Summen zu verschieben. Für Wirtz wären das weit über 100 Millionen Euro gewesen. Solche Summen geistern nun auch bereits bei Woltemade umher. Was natürlich ein schlechter Witz ist. Denn der Stürmer hat gerade einmal eine (!) herausragende Bundesliga-Halbserie hinter sich, inklusive DFB-Debüt unter Bundestrainer Julian Nagelsmann und faszinierenden Leistungen für die U21. Aber vielmehr steht noch nicht in seinen Leistungsbüchern.
Woltemade ist natürlich ein spannender Kandidat, weil er als Spieler und als Typ eine Menge mitbringt. Auch etwas, das dem Verein ohne Thomas Müller fehlen wird. Eine Lockerheit am Mikro etwa. Der Kampf um den Spieler war bereits im vollen Gange, auch wenn die Stuttgarter offenbar noch kein offizielles Angebot des FC Bayern vorliegen hatten. Der Kampf wurde auf anderen Ebenen geführt. Mit Ansagen der VfB-Bosse, die den Spieler, der noch einen Vertrag bis 2028 hat, unbedingt halten wollen und keine anderen Pläne verfolgen. Und zwischen Uli Hoeneß und Lothar Matthäus, die sich heftig angiften. Diese Vehemenz, vor allem von Hoeneß, ist auch Ausdruck der großen Transferverzweiflung der Münchner.
Anderer Blick auf die Klub-WM?
Und diese wird nun natürlich größer. Die Bayern wollen und müssen eigentlich sparen. Dabei müssen sie jetzt, nach der Musiala-Verletzung, vermutlich kräftig investieren, um in der ersten Halbserie der Saison voll dabei zu bleiben, auf allen Ebenen. Der VfB kann sich das zunutze machen und den Preis eskalieren. Der FC Bayern, so bitter das klingt, ist dem wilden Transfermarkt in diesem Sommer ausgeliefert. Durch das Verletzungspech, aber auch durch die lauten Geräusche rund um die Verhandlungen, die ja offenbaren, dass finanziell einiges zu holen ist, wenn man mit dem Rekordmeister über Wunschspieler verhandelt.
Das Geld, das der FC Bayern bei der Klub-WM verdient hat (weit über 50 Millionen Euro sollen es sein), könnte schneller aufgefressen werden, als ihnen lieb ist. Und womöglich verändert sich auch der rosarote Blick auf das Turnier nun. Die Münchner waren bislang schwer begeistert, vermutlich auch wegen der sprudelnden Einnahmequellen. Aber mit Musiala hat sie die Realität eingeholt, ist das eingetroffen, was so viele warnende Stimmen zuvor ausgerufen hatten. Dass die wahnsinnige Überreizung des Terminkalenders schlimme Folgen haben kann, schwere Verletzungen nämlich. Wäre die Klub-WM nicht gewesen, hätte sich Musiala länger erholen können. Klar, alles gelebter Konjunktiv, der niemandem hilft. Nicht Musiala, nicht dem FC Bayern. Aber es hilft auch nicht, wenn die Münchner jetzt Keeper Donnarumma angehen und ihm vorwerfen, in diesem Duell unnötig viel riskiert zu haben. Wenn die Klub-WM ein ernst zu nehmender Wettbewerb sein möchte, und das möchte sie, dann geht es eben um viel (Geld).
Müller winkt genervt ab
Donnarumma selbst konnte nach der Szene und dem schief stehenden Bein des Münchners gar nicht mehr hinsehen. Er vergrub sein Gesicht unter dem Trikot und richtete in der Nacht aus, dass er für eine schnelle Genesung des Bayern-Stars bete. Lothar Matthäus war derweil "total geschockt" und warf direkt mal eine wilde Idee in die Diskussion. Der Rekordmeister solle doch darüber nachdenken, Ikone Thomas Müller noch einmal einen Vertrag für ein halbes Jahr zu geben. Und sofort wurde dieses Szenario Thema.
Müller rollte genervt mit den Augen. "Ich verstehe, dass du die Frage stellst, deswegen sage ich nicht, dass sie geschmacklos ist. Aber es fühlt sich für mich unangenehm an", bekannte Müller bei DAZN, als er darüber reden sollte. Es wäre auch eine seltsame Rolle rückwärts, einen sportlich immer mehr in die Nebenrolle gedrängten Altmeister nun wieder zum Hoffnungsträger zu haben. Kompany setzte bereits bei der Klub-WM nicht mehr auf Müller als ersten Vertreter von Musiala, sondern auf Serge Gnabry. Der kam auch gegen PSG rein, als Musiala mit der Trage vom Platz musste.
"Das ist tatsächlich nicht unser Gedanke"
"Es ist brutal bitter", sagte Müller, "du versuchst da, die Gedanken aufs Spiel zu lenken, aber tust dich schwer, stabil bei der Sache zu bleiben. Es ist nicht so, dass wir wie Roboter nebeneinander leben, sondern wir haben persönliche Beziehungen. Er hat einen harten Leidensweg hinter sich, deswegen wünschen wir ihm gute Besserung."
Dass er als vorübergehender Ersatz seines "Erben" noch ein paar Monate dranhängen wird, ist sehr unwahrscheinlich. Auch für die Münchner selbst. "Das ist tatsächlich nicht unser Gedanke", sagte Eberl. Stattdessen könnte es Müller in die USA ziehen. Partnerklub Los Angeles FC wirbt intensiv um den 35-Jährigen. "Jeder darf sich wünschen, was er will, dann schauen wir mal, was rauskommt", sagte Müller.
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