Vom 1. April, dem Tag, an dem US-Präsident Donald Trump seine bizarre Zollpolitik verkündete, bis zum 21. April fiel der US-Dollar gegenüber dem Euro um sechs Prozent. Gleichzeitig stieg die Rendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen um 0,25 Prozentpunkte oder ebenfalls sechs Prozent.
Früher war es oft der Fall, dass Zinsanstiege den Dollar gestärkt haben. Viele Analysten interpretieren daher die Schwäche von Wechselkurs und Anleihen als Zeichen dafür, dass globale Finanzmarktakteure das Vertrauen in den US-Dollar als Weltreservewährung und in US-Staatsanleihen als die weltweit sicherste Anlage verlieren.
Statt wie früher in Zeiten erhöhter Unsicherheit sowohl den Dollar als auch die Staatsanleihen zu kaufen – und damit die Zinsen auf die Anleihen zu drücken – fliehen sie aus beiden. Manche Beobachter gehen so weit vorherzusagen, dass Trump das Ende des Dollars als Weltreservewährung und des von den USA dominierten globalen Finanzsystems einläuten könnte.
Dieses Finanzsystem entstand nach dem vom damaligen US-Präsidenten Richard Nixon am 15. August 1971 verkündeten Ende der Bindung des US-Dollars an Gold. Damit hob Nixon das durch die Goldbestände der USA begrenzte Angebot an Dollar auf und überließ es nun den Banken, durch Kreditvergabe Geld zu schaffen.
Das 1944 aus der Taufe gehobene Bretton-Woods-System der festen Wechselkurse zerbrach und wurde durch flexible Wechselkurse ersetzt. Das heute bestehende „Fiat-Kreditgeld-System“ war geboren. Mit dem „Nixon-Schock“ und den flexiblen Wechselkursen öffnete sich der Weg zum Abbau von Kapitalverkehrskontrollen. 1981 hob die Regierung von Ronald Reagan alle verbleibenden Beschränkungen auf und stieß damit den Prozess der weltweiten Liberalisierung des Kapitalverkehrs an.
Fiat-Kreditgeld und freier Kapitalverkehr schufen die Voraussetzungen für die historisch beispiellose Ausdehnung des globalen Finanzsystems. US-Dollar und US-Staatsanleihen sind die Anker in diesem System, an dem sich alle anderen Währungen und Anleihen orientieren. Ohne diese Anker würde das System kollabieren, denn es gibt zu ihnen keine Alternativen.
Über 80 Prozent des globalen Handels wird in Dollar fakturiert und bei knapp 90 Prozent aller Devisentransaktionen ist der Dollar beteiligt. Die US-Währung hat einen Anteil von beinahe 60 Prozent an den Reserven der Zentralbanken weltweit. Der Euro folgt mit rund 20 Prozent in großem Abstand.
US-Staatsanleihen machen mehr als 40 Prozent der weltweiten Staatsanleihen aus, ihr Marktvolumen ist rund zwölfmal so groß wie das aller Bundesanleihen, die als sichere Anlage im Euroraum gelten. Japan spielt auf den globalen Finanzmärkten eine nachrangige Rolle, und China wird von vielen Akteuren aufgrund mangelnder Rechtssicherheit und Kapitalverkehrskontrollen gemieden.
Da kurz- bis mittelfristig kein anderes Land die Rolle der USA als Anker im Weltfinanzsystem übernehmen kann, würde ein Rückzug der USA folglich zu dessen Zusammenbruch führen. Die Konsequenzen für die Weltwirtschaft wären womöglich noch verheerender als die Große Depression in den 1930er-Jahren.
Glücklicherweise ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies passieren wird, gering. Trump mag inkohärent sein und erratisch agieren, aber ihm fehlt, was der Sowjetdissident Igor Schafarewitsch den Protagonisten des Sozialismus zuschrieb: den „Todestrieb in der Geschichte“. Bevor es zur ideologiebesessenen vollständigen Zerstörung der US- und Weltwirtschaft im Stil eines Mao Tse Tungs kommt, wird Trump eher seine Politik korrigieren.
Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute.
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