Die US-Zölle gegen die Schweiz gehören zu den höchsten, die die US-Regierung erlässt. In Bern besteht jedoch die Hoffnung, diese auf EU-Niveau zu drücken. Dort will man mehr Geld fürs Militär ausgeben und einen besseren Marktzugang gewähren. Das ist jedoch fraglich, nach einem zuvor eskalierten Telefonat.

Die Schweiz will mit neuen Vorschlägen an die USA eine Senkung der hohen Zollbelastung für zahlreiche Waren aus dem Land erreichen. Das Paket dürfte höhere Verteidigungsausgaben und einen besseren Marktzugang für US-Unternehmen aus dem Bereich Energie beinhalten, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Regierung in Bern wolle den beiden Insidern zufolge das Angebot bis Anfang September fertigstellen. Ziel sei es, die Abgaben auf Schweizer Warenexporte in die Vereinigten Staaten etwa auf das Niveau von 15 Prozent zu drücken, das für die Europäische Union (EU) gilt.

Seit dem 7. August besteht für zahlreiche Schweizer Waren ein US-Importzoll von 39 Prozent - einer der höchsten Sätze, die Präsident Donald Trump für Einfuhren aus einem bestimmten Land verhängt hat. Seither arbeiten Regierung und Behörden zusammen mit der Privatwirtschaft an neuen Zugeständnissen, mit denen die Administration des größten Schweizer Exportmarkts zu einer Senkung des Tarifs bewegt werden soll. US-Finanzminister Scott Bessent hat angedeutet, dass er noch ausstehende Handelsabkommen mit Ländern wie etwa der Schweiz bis Oktober abschließen möchte. Den Insidern zufolge werde die Schweiz den USA zusätzliche Rüstungsbeschaffungen und Pläne, den Verkauf von Flüssigerdgas durch und an die Schweiz zu ermöglichen, vorschlagen sowie einen besseren Marktzugang in einigen anderen Bereichen.

"Der Bundesrat setzt sich weiterhin mit Nachdruck für eine Verbesserung der Zollsituation mit den Vereinigten Staaten ein", erklärte das Wirtschaftsministerium in einer Stellungnahme. "Die Gespräche werden derzeit auf verschiedenen Ebenen fortgesetzt. Der Bundesrat (Regierung, Anm.) wird zu gegebener Zeit erneut darüber informieren." Das Büro des US-Handelsbeauftragten, das US-Finanzministerium, das US-Handelsministerium, das US-Außenministerium und das Weiße Haus reagierten nicht sofort auf die Bitte um eine Stellungnahme.

Schweizer Grüne kritisieren fehlenden Plan B

Nicolas Walder, Nationalrat der Grünen und Mitglied der außenpolitischen Kommission der großen Kammer des Parlaments, sagte, die Regierung sei im Umgang mit Trump zu selbstgefällig und unflexibel gewesen. Bevor Trump den 39-prozentigen Zoll festlegte, hätten Schweizer Beamte die Kommission über ihre Bemühungen informiert, die USA dazu zu bewegen, den im April ursprünglich angedrohten Satz von 31 Prozent zu senken. Als sie gefragt wurden, was sie tun würden, wenn ihr Ansatz scheitern sollte, sei kein Plan B in Betracht gezogen worden. "Sie sagten: 'Es muss funktionieren. Er wird es verstehen.' Sie waren sich sicher, dass sie ihn umstimmen könnten", erklärte Walder.

Der Politiker sieht die Schweiz in einer prekären Lage, sollte es dem Land nicht gelingen, in Europa und anderswo stärkere Allianzen zu schmieden. "Denn wenn Trump erfolgreich ist, wird der Zweitstärkste die gleichen Methoden anwenden", sagte Walder. "Warum sollten China und die Europäische Union nicht dasselbe gegenüber kleineren Ländern tun?"

Trump ärgert sich über Schweizer Staatsoberhaupt

Einem der Insider zufolge seien einige Beamte nervös, dass die persönliche Chemie zwischen Trump und Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter einem überarbeiteten Abkommen im Weg stehen könnte. Vor dem Telefonat zwischen den beiden Staatsoberhäuptern Ende Juli hatte die Regierung noch auf ein besseres Abkommen als jenes zwischen den USA und der EU gehofft. Die Schweiz hatte nach der ersten Zolldrohung im April rasch ein Handelsabkommen mit einem niedrigeren Zollsatz ausgehandelt und darauf gesetzt, dass Trump dieses gutheißen werde. Der US-Präsident beklagte sich dann jedoch öffentlich, dass Keller-Sutter nicht auf seine Bedenken bezüglich des Handelsdefizits eingegangen sei und "nicht zuhören" wollte.

Informationen der Schweizer Zeitung "Sonntagsblick" legen nahe, dass das Gespräch zwischen Keller-Sutter und Trump Ende Juli regelrecht eskaliert sein soll. Demnach habe das Telefonat am 31. Juli lediglich 34 Minuten gedauert. Keller-Sutter habe darin eine Behauptung des US-Präsidenten korrigiert. Trump habe erklärt, das Handelsdefizit der USA mit der Schweiz betrüge 40 Milliarden US-Dollar. Keller-Sutter widersprach und erklärte, dass es kein Defizit für die USA gäbe.

Damit nicht genug, soll sie Trump daraufhin angeblich einen Vortrag zu Volkswirtschaften und politischer Ökonomie gehalten haben. Das wurde in Washington als Affront aufgenommen. Der US-Präsident habe sich demnach persönlich gekränkt gefühlt. Keller-Sutter hätte ihm besser geschmeichelt und den USA ein geringeres Defizit versprechen sollen, soll der Tenor gewesen sein.

Trump blendet Schweizer Defizit aus

Laut Eidgenössischer Zollstatistik beträgt das Warendefizit der USA gegenüber der Schweiz 2024 tatsächlich rund 39 Milliarden Franken (rund 48,5 Mrd. US-Dollar). Allerdings sieht es bei Dienstleistungen genau andersherum aus. Dort exportieren die USA deutlich mehr in die Schweiz, wie der SRF unter Berufung auf das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco meldet. Zu den Dienstleistungen gehören demnach Lizenzgebühren im IT-Bereich. Die meisten Computer laufen mit einer Software aus den USA, sei es Microsoft. Dazu kommen Plattformen und Anwendungen von Apple, Google, Meta und anderen Anbietern, schreibt der SRF. Zu den weiteren Dienstleistungen gehören Forschung und Entwicklung, Beratungsdienste, Transport, Tourismus und vieles mehr.

Im Jahr 2023 lag das Defizit der Schweiz gegenüber den USA im Dienstleistungsbereich bei mehr als 21 Milliarden Franken (rund 26,2 Mrd. US-Dollar). Zudem, so der SRF weiter, würden Schweizer in keinem Land so viel Geld investieren wie in den USA.

Einige bekannte Schweizer Unternehmen wie etwa der Taschenmesserhersteller Victorinox haben inzwischen erklärt, dass sie Teile ihrer Produktion in die USA verlagern könnten, um die Auswirkungen von Trumps Zöllen zu begrenzen.

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