Eine Halbzeit lang dominiert der FC Barcelona das spanische Pokalfinale - dann kommt Kylian Mbappé und mit ihm die Wende zugunsten von Real Madrid. Doch am Ende triumphieren Barcelona und Flick. Drei Stars von Real sehen noch Rot.
Hansi Flick bleibt das Final-Monster. Das Raubtier, das in Endspielen keine natürliche Feinde kennt. Zum siebten Mal trat er an, zum siebten Mal gewann er in der Nacht zu Sonntag den Pokal. Als Schiedsrichter Ricardo de Burgos Bengoetxea das gleichermaßen mitreißende wie hitzige Copa-del-Rey-Duell mit Real Madrid abgepfiffen hatte (3:2 n. V.), sprang Flick wie ein Flummi durch die Nacht von Sevilla. Er hatte das an diesem Abend häufiger getan, aber in diesem Moment wusste er: Jetzt kann nichts passieren, jetzt haben wir, der FC Barcelona, den spanischen Pokal gewonnen. Gegen den Erzrivalen, der in den letzten Minuten in einem Rot-Hagel unterging.
In der Nachspielzeit der Verlängerung hatte der Schiedsrichter, den die Madrilenen vor dem Spiel auf bizarre Weise gemobbt hatten, ein Foul von Kylian Mbappé gepfiffen. Eine streitbare Entscheidung, aber keine, die dieses Spiel entschied. Die Stars von Real waren aber dennoch völlig außer sich. Vor allem Antonio Rüdiger, der zu diesem Zeitpunkt schon mit dicken Eisbeuteln auf den Knien auf der Bank saß. Er sprang auf und warf einen Gegenstand aufs Feld, in Richtung des Schiris. Es sollen Eiswürfel gewesen sein. Zudem deckte er ihn offenbar noch mit reichlich Beleidigungen ein. Rot. Er war danach nicht zu beruhigen. Musste von mehreren Mitspielern und Betreuern zurückgehalten werden. Auch Lucas Vazquez, ebenfalls ausgewechselt, wütete. Rot. Und nach dem Schlusspfiff bellte Jude Bellingham Ricardo de Burgos Bengoetxea noch seine Meinung entgegen. Rot.
Der Deutsche Fußball-Bund teilte am Sonntag auf Anfrage mit, DFB-Präsident Bernd Neuendorf werde sich nicht zu dem Ausraster des Nationalspielers äußern. Das tat dafür die spanische Presse. "Der Deutsche war völlig aufgebracht, wütend und außer Kontrolle", schrieb die "Marca" und nannte Rüdiger "una bestia incontrolable".
"Ich möchte nicht über den Schiedsrichter sprechen"
Was Ancelotti dachte, wollte er lieber nicht sagen. "Ich möchte nicht über den Schiedsrichter sprechen. Ich weiß nicht, was am Ende des Spiels passiert ist", sagte der Italiener, der während der Partie die Gelbe Karte gesehen hatte. Rüdiger droht nun eine gigantische Strafe. Vier bis zwölf Spiele könnte er aussetzen müssen. Dieses Strafmaß sieht das Regelwerk für das "Werfen eines Gegenstandes" vor. Diese Sperre könnte unter Umständen auch für die Liga gelten, wo Real fünf Spieltage vor Schluss als erster Verfolger von Tabellenführer Barcelona noch um die Meisterschaft kämpft. Vier Punkte beträgt der Abstand.
Eine Frage, die über diesem Endspurt steht: Sind es auch die letzten Meter von Carlo Ancelotti als Trainer von Real? Der Druck auf den Maestro war in den vergangenen Wochen nach der durchwachsenen bis schwachen Saison immer größer geworden. Ihm wurde bereits eine Amtsmüdigkeit diagnostiziert. Madrid kommt trotz all der Superstars nicht richtig in Fahrt. Das Kollektiv spielt oft viel schwächer, als man es ihm zutrauen würde. Der Schatten von Toni Kroos ist allgegenwärtig. Ohne den deutschen Superstar fehlt Real die Sicherheit. Kann sich Ancelotti, der große Meister, noch einmal aufraffen und diese Mannschaft neu ausrichten? Oder geht seine Zeit zu Ende. Und beginnt dann eine neue, mit Xabi Alonso, dem Meistertrainer aus Leverkusen? Mit grauem Gesicht verließ er die Arena und blieb beim Blick in die Zukunft vage: "Ich kann weitermachen oder aufhören. Das wird sich in den nächsten Wochen entscheiden."
Eine Antwort gibt es in der Nacht zu Sonntag nicht. Erstmal herrscht die Wut. Auf den Schiedsrichter und darauf, wie dieser Abend gelaufen war. In den ersten 45 Minuten war da nämlich nahezu gar nichts von Real, das erstmal ohne Superstar Kylian Mbappé angetreten war. Barcelona hatte aberwitzig viel Ballbesitz, suchte Lücken und fand sie nur selten. Nach einem überlegten Rückpass des erblondeten Fußball-Weltwunders Lamine Yamal zirkelte der wieder überragende Stratege Pedri den Ball aus knapp 20 Metern genau in den Winkel (28.). Eine zweite große Chance der Mannschaft von Supertrainer Hansi Flick, ein Eckball von Dani Olmo, knallte an den Pfosten (44.).
Mit Mbappé kippt das Spiel
Wäre Barça mit 2:0 in die Pause gegangen, wäre Real Madrid womöglich erledigt gewesen. Aber Fußball ist eben Fußball und kein gelebter Konjunktiv. Ancelotti brachte Mbappé und das Spiel kippte. Der Franzose hatte zuletzt mit Knöchelproblemen zu tun. "Ich wollte nicht, dass er 90 Minuten spielt, ich wollte ihn lieber in der zweiten Halbzeit bringen, wenn sich das Tempo ein wenig verlangsamt hat", erklärte sich Ancelotti. Der Plan ging auf, Real hatte plötzlich Geschwindigkeit, Feuer und Torgefahr. Zunächst aber stand sein Sturmpartner Vinicius Junior im Mittelpunkt. Gleich zweimal scheiterte er an Barcelonas Torwart Wojciech Szczesny. Es waren seine sportlich auffälligsten Szenen, sonst fiel der Brasilianer vor allem damit auf, die Entscheidungen des Schiedsrichter mit einem abfälligen Lächeln zu quittieren und ständig Karten für die Gegenspieler zu fordern.
Dann aber hatte Mbappé seinen großen Auftritt. Er war von Frenkie de Jong bei einem Konter gefoult worden. Es gab Freistoß in bester Position an der Strafraumkante. Der Franzose guckte sich den Torwart und die Mauer aus und knallte den Ball über den Innenpfosten rein. Real, das alte Monster, der Mythos, war erweckt und schlug erneut zu. Aurélien Tchouameni war sieben Minuten später (77.) per Kopf zur Stelle. Real haute sich auf die Brust, Flick sank bedröppelt in seinem Sitz zusammen. Barcelona wankte heftig. Iñigo Martínez faltete seine Kollegen mehrfach zusammen, mahnte mehr Seriosität an. Seiner Mannschaft war das Spiel entglitten.
Modric erlebt den ganz großen Albtraum
Dann aber hatte Yamal eine Weltidee und spielte den besten Pass des Abends. Er kam bei Ferran Torres an, der den Ball am herauslaufenden Real-Torwart Thibaut Courtois vorbei und dann ins leere Tor legte (84.). Torres hatte den Platz des verletzten Robert Lewandowski eingenommen, der das Spiel angespannt von der Tribüne aus verfolgte. Das Spiel war wild, hitzig. Es ging rauf und runter. Alles stand auf der Kippe. Dann das: Nach einem Duell zwischen Raúl Asencio und Raphinha gab es nach minutenlanger Überprüfung doch keinen Elfmeter und Verlängerung. Dort erlebte Klublegende Luka Modrić seinen großen Albtraum. Der 39-Jährige spielt in der 116. Minute einen hanebüchenen Querpass im eigenen Aufbau vor dem Strafraum. Der wird von Jules Koundé abgefangen. Der Franzose fackelt nicht lang, zieht flach ab und trifft links unten ins Eck.
Real unter Schock, Real wütend. Und Barcelona in Partylaune. Die "Blaugrana" verteidigen leidenschaftlich, auf der andere Seite fliegen Eisbeutel und Beschimpfungen. Abpfiff. Ein dramatisches Ende, unwürdig von Real für dieses Spiel. Hansi Flick war's egal. Der Flummi hüpfte ausgelassen vor sich hin. Er hat nun alle seine drei Duelle gegen die Königlichen als Barcelona-Coach gewonnen und darf weiter vom Triple träumen. Der Supertrainer war vor Begeisterung dann auch gar nicht mehr einzufangen: "Ich bin sehr stolz auf mein Team. Es ist unglaublich, es hat immer eine Antwort auf dem Platz parat, kämpft um alles." Einen Spieler aber wollte Flick an diesem Abend noch hervorheben, den Matchwinner. "Jules hat in der Verlängerung zwei Real-Chancen verhindert und das Tor gemacht. Unglaublich, wirklich unglaublich. Die Mentalität der Spieler ist fantastisch. Ein perfekter Abend."
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