Tränen, Wut, Schlammschlacht: Ein Land hält den Atem an, als am Freitagabend Real Madrid und der Schiedsrichter für das Endspiel gegen Barcelona heftigst aneinandergeraten. Ein Boykott kann abgewendet werden, doch das Pokalfinale wird hitzig wie nie. Werte des Sports stehen auf dem Spiel.
Am Freitagabend dreht halb Spanien am Rad. Real Madrid wird das Pokal-Endspiel gegen den FC Barcelona boykottieren, heißt es. Verschiedene Medien berichten entsprechend. Spielabsage einen Tag vor dem Finale im Copa del Rey in Sevilla? Das hat es in Spanien noch nicht gegeben. Ein Land hält den Atem an.
Die Königlichen sehen sich anderthalb Stunden vor Mitternacht dazu gezwungen, in einer Mitteilung Stellung zu nehmen und einen Final-Boykott auszuschließen. Eine der aufgeregtesten Clásicos jemals wird doch stattfinden. Real behauptet, dass es "nie in Erwägung gezogen hat, vom morgigen Finale zurückzutreten", schreibt der Verein. Man habe "Respekt vor allen Fans, die eine Reise nach Sevilla planen, und allen, die sich bereits in der andalusischen Hauptstadt befinden". Außerdem seien die Vorfälle kein Grund für den "Abbruch eines Sportereignisses von globaler Bedeutung".
Was ist passiert? Dass für Real und Barca nun am Abend (22 Uhr/DAZN und im Liveticker auf ntv.de) im hitzigsten Pokalfinale der spanischen Fußball-Geschichte - und mittendrin der deutsche Trainer Hansi Flick an der Seitenlinie der Katalanen - antreten, hat kuriose Gründe. Und es liegt nicht nur daran, dass die beiden fußballerischen Schwergewichte zum ersten Mal in elf Jahren im Pokalfinale aufeinandertreffen.
Real: Schiedsrichter "von innen heraus korrupt"
Es beginnt alles damit, dass Real sich in diesem Jahr schon mehrfach intensiv mit Schiedsrichtern anlegt. In einem vierseitigen Brandbrief fordern die Königlichen eine "vollständige" Reform des Schiedsrichterwesens, das System habe sich als "von innen heraus korrupt" erwiesen. Der Klub-Sender zeigt begleitend dazu immer wieder Videos mit Fehlentscheidungen der Unparteiischen. Die massive öffentliche Kritik führt unter anderem dazu, dass der Schiedsrichter José Luis Munuera Montero in den Sozialen Netzwerken übel angegangen wird und Morddrohungen erhält.
Im Finale des Copa del Rey gegen Barcelona pfeift aber Ricardo de Burgos Bengoetxea. Als der spanische Fußballverband eine Pressekonferenz mit ihm am Freitagabend ansetzt, beginnt eine wahre Schlammschlacht.
Denn auch de Burgos Bengoetxea steht im Mittelpunkt des Real-Sturms, auch über ihn verbreitet der Klub-Sender kritische Videos. Die Königlichen rechnen darin unter anderem die Siegquoten von Real und dem FC Barcelona bei Spielen unter der Leitung des Basken aus. Betonen zudem, dass der 39-Jährige noch nie in der Champions League oder bei einem FIFA-Turnier zum Einsatz gekommen und daher nicht geeignet sei.
Referee bricht in Tränen aus
Natürlich nimmt der Unparteiische, der seit 2018 auf der Liste der FIFA-Schiedsrichter steht, auf der Pressekonferenz dazu Stellung - und berichtet unter Tränen vom Druck durch Real Madrid. Von den persönlichen Folgen der Kritik seitens des Vereins, die sogar seinen kleinen Sohn betreffen würden.
Daraufhin flippt Real aus. Der Klub boykottiert sämtliche Termine vor dem Finale, so etwa die eigene Pressekonferenz, die offizielle Trainingseinheit, das traditionelle Gruppenfoto mit Barcelona sowie das gemeinsame Abendessen der Klubpräsidenten. Madrid schäumt vor Wut, ist nun überzeugt: Die Schiedsrichter, denn auch der Assistent von de Burgos Bengoetxea kritisiert die Angriffe des Klubs, sind nicht in der Lage das Spiel zu leiten.
Ein Boykott des Finales steht ernsthaft im Raum. Er kann abgewendet werden. Doch der Druck auf die Unparteiischen steigt jetzt ins Unermessliche, weltweit werden Millionen von Augen ihnen genaustens auf die Finger schauen. Real wird keine Chance auslassen, sich bei strittigen Situationen lautstark zu beschweren. Hansi Flick muss sich auf viele Nebenkriegsschauplätze einstellen, wenn er mit seinem FC Barcelona den zweiten Titel einheimsen möchte nach dem 5:2-Kantersieg über Real Madrid im Supercopa-Finale im Januar.
Es geht um Fairness und Werte
Fußballerisch gehen beide Teams derweil mit unterschiedlichen Vorzeichen in das Finale. Carlo Ancelottis Real Madrid hat in dieser Saison seine Balance und seine enorme Schlagkraft verloren. Das Superstar-Ensemble um Kylian Mbappé, Vinicius Junior und Jude Bellingham fliegt jüngst krachend gegen den FC Arsenal aus der Champions League. Auf der anderen Seite sieht Flick mit Barcelona (aber ohne den verletzten Robert Lewandowski) dieses Finale als weitere Chance, sein Engagement für junge Spieler wie Lamine Yamal und Pedri und sein Spielmodell zu festigen. Der Weg dorthin war teils atemberaubend, aber jetzt geht es um die wichtigen Titel. Nach dem hitzigen Endspiel gegen Real streiten sich beide Vereine noch um die Krone in der Liga (Barça führt mit fünf Punkten) und Flicks Mannschaft tritt dazu im Halbfinale der Königsklasse gegen Inter Mailand an.
Der Pokal-Clásico wird ein taktischer, technischer, emotionaler und physischer Kampf werden. Und mehr als nur ein Finale. Die Werte des Sports stehen auf dem Spiel. Es geht um eines der hitzigsten Kapitel in der ewigen Rivalität von Real Madrid und dem FC Barcelona - und die Gerechtigkeit und Fairness im Umgang mit Schiedsrichtern.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke