Nach dem Beben um das Bayern-Ende von Thomas Müller ist Klub-Patron Uli Hoeneß sichtlich bemüht, die Geister, die er rief, wieder zurück in die Flasche zu befördern. Am Sonntag war der Ehrenpräsident bei der BR-Sendung „Blickpunkt Sport“ zu Gast und versuchte auch das andere von ihm losgetretene Thema, einen Transfer von Florian Wirtz nach München, auf trickreiche Weise aus der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen. Hoeneß sprach also: „Alles Hokuspokus!“
Die Antwort bezog sich auf einen SPORT BILD-Bericht vom 11. September 2024, wonach Hoeneß die Eltern von Wirtz vor über einem Jahr an den Tegernsee eingeladen hatte. „Da ging es gar nicht um einen Wechsel“, ließ Hoeneß wissen und verwies auf eine angebliche Hilfe in Marketing-Fragen, die Wirtz-Vater Hans-Joachim bei ihm erbeten habe. Was Hoeneß gegenüber Moderator Markus Othmer verschwieg, ist ein Vorgang, der weit weniger lange zurückliegt.
Nach SPORT BILD-Informationen gab es für den angestrebten Wirtz-Transfer erneut ein Geheimtreffen am Tegernsee! Rund um das Champions-League-Hinspiel zwischen dem FC Bayern und Bayer Leverkusen (5. März) sollen sich Hoeneß und Hans-Joachim Wirtz, der seinen Sohn berät, zusammengesetzt haben, um die Möglichkeiten eines Transfers zu besprechen. Auf eine Anfrage von SPORT BILD zu dem Treffen äußerte sich der FC Bayern nicht. Genauso wenig wie Papa Wirtz.
Klar ist: Für Wirtz, der in Leverkusen noch einen Vertrag bis 2027 hat, mischt Hoeneß noch einmal selbst im Tagesgeschäft wie zu seinen besten Manager-Zeiten mit. Er wird schon seit dem ersten Tegernsee-Treffen nicht müde, seinen Transfer-Wunsch in der Öffentlichkeit zum Ausdruck zu bringen
Leverkusen gibt seinen Star nicht auf. Der Noch-Meister will um mindestens ein Jahr verlängern. Obwohl seit Wochen ein Angebot auf dem Tisch liegt, gab es nach Informationen von SPORT BILD allein seit Ende März zwei weitere Treffen der Leverkusen-Bosse Fernando Carro und Simon Rolfes mit den Wirtz-Eltern Hans-Joachim und Karin, um mit ihrem Sohn zu verlängern.
Im Tauziehen um den Star des deutschen Fußballs, an dem auch Real Madrid und Manchester City baggern, gibt es ganz unterschiedliche Positionen.
Der Bayern-Standpunkt im Wirtz-Poker
Hoeneß hat bei seinem Wirtz-Werben für Sommer 2025 mit Aufsichtsrat Karl-Heinz Rummenigge einen weiteren Mitstreiter, dessen Wort großes Gewicht hat. Unterstützung erfahren die beiden Alt-Bosse von Herbert Hainer, Präsident und Aufsichtsratschef. Ein Transfer im dreistelligen Millionenbereich muss vom höchsten Gremium genehmigt werden. Das Paket inklusive Ablöse und Gehalt könnte nach der Bayern-Kalkulation bei bis zu 250 Millionen Euro liegen. Sind Hainer, Hoeneß sowie Rummenigge auf Wirtz-Kurs, wird diese Hürde kein Problem sein. Dieses Trio entscheidet im Aufsichtsrat und gibt die Richtung für den Vorstand vor. Das weiß inzwischen auch Sportvorstand Max Eberl.
Dass Thomas Müller (35) den Klub am Saisonende verlassen muss, hat in erster Linie sportliche Gründe, wenn man die Klub-Bosse fragt. Tut man das nicht, hört man auch von dem finanziellen Aspekt. Müller verdient ein Topgehalt von geschätzten 17 Millionen Euro. Dieses Budget würde nun im Gehaltsgefüge für den Nationalspieler aus Leverkusen frei. Auf einen Fünfjahresvertrag gesehen, wären das 85 Millionen Euro, die für das Wirtz-Paket eingerechnet werden dürfen. Die Bosse denken zudem, dass Wirtz eine andere Müller-Rolle erfüllen könnte. Der Leverkusener hat einen Ausrüster-Vertrag bei Adidas – so wie Müller. Trotz Stars wie Harry Kane oder Jamal Musiala ist auch in dieser Saison der Topseller unter Bayern-Trikots das von Müller. Mit dem Duo Musiala & Wirtz hofft man in der Führungsetage, einen ähnlichen Marketing-Effekt zu erzielen, wie es ihn bei der Heim-EM 2024 gab. Davon würde auch Ausrüster Adidas profitieren, der beim FC Bayern Anteilseigner ist.
Eine entscheidende Rolle könnte erneut Jan-Christian Dreesen spielen. Der Vorstandschef hatte die Einigung über ein Vertragsende von Müller moderiert. Auch beim Leihgeschäft von Mathys Tel zu Tottenham Hotspur hatte Dreesen übernommen, als der Deal zu platzen drohte. Bei Leverkusen gilt das Verhältnis zu Eberl als belastet. Die Führung um Carro und Rolfes soll Eberl noch immer nachtragen, dass dieser den Transfer von Jonathan Tah erst angeschoben, dann aber beim Aufsichtsrat der Bayern nicht hatte durchsetzen können. Leverkusen entging so eine Ablöse von 25 Millionen Euro plus fünf Mio. an Boni und verliert Tah am Saisonende ablösefrei. Die Verhandlungen mit Leverkusen sind eine der großen Hürden.
Der Wirtz-Standpunkt im Poker
Der Spielmacher hält die Fäden in der Hand – obwohl er keine Ausstiegsklausel hat. Wirtz kann verlängern (dann mit Ausstiegsklausel von rund 125 Mio. Ablöse für 2026) und als erster Spieler in Leverkusen ein zweistelliges Millionen-Gehalt kassieren. Er kann auf einen Wechsel in diesem Sommer drängen und stieße auf offene Ohren bei Bayer. Er kann auch bleiben, ohne zu verlängern – was eine Ablöse für 2026 drücken würde. Bei dieser Variante würde er ohne sportliches Risiko in die WM-Saison gehen.
Mit der Entscheidung lassen sich Wirtz und seine Eltern Zeit. Womöglich bis zum Saisonende, um zu sehen, ob ein Wechsel nach München sportlich für ihn Sinn macht. Holt Leverkusen den Meister-Titel, vergrößert das die Zweifel an einer Zukunft in München.
Für den Topstar geht es um die Frage, mit welchem Verein er die Champions League und die Weltfußballer-Wahl gewinnen kann. Nach Informationen von SPORT BILD soll er ein Ranking im Kopf haben: Real, Manchester City, Bayern. Sein Vater scheint vom FC Bayern angetan.
Die Zeit läuft für Wirtz. Bis Ende Mai ist bei Real klar, wie es dort weitergeht. Mit welchem Trainer (Xabi Alonso?) und welchen Stars. Am intensivsten baggert Manchester mit Trainer Pep Guardiola. Der hat seinen Plan anscheinend bereits Wirtz persönlich erklärt. Der Spielmacher soll Kevin De Bruyne ersetzen, dessen zum Saisonende auslaufender Vertrag nicht verlängert wird. Die Engländer könnten die geforderten 150 Millionen Euro Ablöse zahlen und auch ein Mega-Gehalt. Beim FC Bayern ginge es um ein Salär auf der Stufe von Jamal Musiala: rund 25 Mio. Euro. Rummenigge hatte zuletzt gesagt: „Florian Wirtz ist für mich der beste Spieler Deutschlands.“ Diese Wertschätzung will er auch auf dem Konto sehen. Das Gehalt definiert den Stellenwert im Verein.
Der Leverkusen-Standpunkt im Wirtz-Poker
Bayer hat mit Familie Wirtz vereinbart, dass eine Entscheidung bis Saisonende fällt, um Planungssicherheit zu haben. Will Wirtz in diesem Sommer weg, fordert der Klub „mindestens 150 Millionen“ Euro Ablöse, wie es Carro formuliert hat. Dass Man City sein Interesse hinterlegt hat, hält den Preis hoch. Wie hartnäckig Leverkusen gegenüber Bayern ist, haben die Verhandlungen um Tah gezeigt. Mit der Rückendeckung des Bayer-Werks knickten die Bosse im Poker nie ein. Ein Kernziel lautet: keinen direkten Konkurrenten stärken.
Höchste Priorität hat eine Verlängerung um mindestens ein Jahr. Nach den ausführlichen Gesprächen in den vergangenen Wochen hält man die Wahrscheinlichkeit nach wie vor für groß.
Das Worst-Case-Szenario für Leverkusen: Wirtz bleibt, ohne zu verlängern. Die Ablöse würde 2026, dann ein Jahr vor Vertragsende, sinken. Den Bayern könnte das in die Karten spielen ...
Der Artikel wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) recherchiert und zuerst in „SPORT BILD“ veröffentlicht.
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