Wer den perfekten Blick auf die Stadion-Baustelle des FC Barcelona haben möchte, geht in den Online-Shop des Klubs. Dort bieten die Katalanen für 199 Euro eine Helikopter-Tour an, bei der unter anderem das große Vereinsgelände rund um das Camp Nou überflogen wird.
Was die Fans dabei sehen, ist ein bei Weitem unfertiges Stadion. Doch „BAUcelona“ kann immerhin wieder in seiner gewohnten Heimat spielen – gut ein Jahr nach der eigentlich geplanten Eröffnung und zweieinhalb Jahre nach Beginn der Arbeiten, die rund 900 Millionen Euro kosten.
Beim 2:1-Sieg gegen Eintracht Frankfurt – dank Uefa-Sondergenehmigung das erste Champions-League-Spiel nach der Renovierung – gut zu erkennen: Der gesamte Oberrang ist noch nicht fertig, auch das gewaltige Dach fehlt noch. Auf die beiden offenen ersten Ränge werden zumindest schon rund 45.000 Fans gelassen, auch wenn dabei Teile der Hintertor-Tribünen noch freibleiben müssen.
Die Zuteilung der Plätze beginnt dabei bei jedem Spiel von Neuem. Auch die Zuwegungen und der Pressebereich sind provisorische Lösungen. Als Nächstes wird im neuen Jahr die Hintertor-Tribüne „Gol Norte“ eröffnet mit rund 15.000 weiteren Sitzen.
Zwei durchgehende Logenringe
2026 soll das Camp Nou endgültig als größtes Stadion Europas fertig sein: 105.000 Plätze, erstmals in der Historie des Fußball-Tempels alle überdacht. Einschränkung: Für den Aufbau der Zugseil-Konstruktion am Dach werden mehrere Monate kalkuliert – möglicherweise mit erneuten Spielen im Ausweichstadion Montjuïc. Mit einer 18.000 Quadratmeter großen Photovoltaik-Anlage, einer Erdwärme-Heizung und Regenwasseraufbereitung soll der Bau zudem nachhaltig werden. Rundherum wird das mitten im Viertel Les Corts gelegene Gelände auf 25 Hektar eine autofreie Zone.
Zwei durchgehende Logenringe sollen VIPs anlocken. Verfügbar sind schon jetzt Tickets in der Box von Präsident Joan Laporta (1500 Euro beim Frankfurt-Spiel). In der Pitch Club Lounge (850 Euro) können zahlungskräftige Fans den Spielertunnel sehen, auf den Plätzen der Pitch Row (750 Euro) sitzt man in der ersten Reihe am Feld. Noch edler werden die sogenannten Suiten auf Höhe der Mittellinie, die rückseitig eine eigene Terrasse mit Stadtblick haben.
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Die VIP-Zonen sollen rund ein Viertel der erhofften 250 Millionen Euro an jährlichen Stadion-Einnahmen bringen. Auf die Kohle ist der Klub angewiesen. Die Rechte an zukünftigen Umsätzen wurden teilweise bereits vorab verkauft. Die Baustelle, auf der insgesamt 7850 Tonnen Stahl und 55.000 Kubikmeter Beton bewegt werden, ist schon jetzt eine Schmach. Der türkische Bauträger Limak war zwar der günstigste und vollmundigste Anbieter, löste mit Lieferproblemen und Insolvenzen von Subunternehmen aber peinliches Chaos aus. Zur Einordnung: Im Jahr 2024 schloss Limak nur den Bau einer Solar-Anlage und eines Bewässerungssystems ab. Projekte wie das Camp Nou hat das Unternehmen nur selten.
Ärger mit den Fans
Durch die Verzögerungen musste Barcelona zwischenzeitlich ins Reservestadion Johan Cruyff ziehen und spielte Liga-Partien vor weniger als 6000 Zuschauern. Lange Zeit fehlten auch Freigaben von Sicherheitsbehörden. Finanziell rechnete sich die Rückkehr ohnehin erst mit der aktuellen Kapazität von knapp 50.000 Zuschauern.
Schon jetzt hat Boss Laporta auch mit den Fans Ärger. Einige Gruppen aus der bisherigen Stimmungskurve schmiss er im Streit um nicht gezahlte Abgaben raus. Zudem ist für viele Dauerkarteninhaber unklar, wo sie im neuen Stadion sitzen können und wie teuer die Tickets dauerhaft werden. Seit dem Umzug reicht zudem der Mitgliedsausweis nicht mehr zum Stadion-Zugang aus, auch ältere Fans müssen digitale Tickets vorzeigen.
Immerhin kann der Verein auf gleich doppelten Segen setzen: Zum einen wurde der traditionsreiche, katholisch gewidmete Andachtsraum im Spielertunnel erhalten. Zum anderen besuchte Vereinslegende Lionel Messi (Inter Miami) Anfang November heimlich das Stadion. Kurz darauf kündigte Boss Laporta eine Messi-Statue vor der Arena an.
Der Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in der „Sport Bild“ veröffentlicht.
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