Der schwierigste Tag seiner Arbeit für Borussia Dortmund kam früh. Am 14. März 2005, da war Hans-Joachim Watzke erst einen knappen Monat Mitglied der Geschäftsführung, ging es um die Existenz. Der BVB war hoch verschuldet – und damit es überhaupt weitergehen konnte, bedurfte es eines umfangreichen Gläubigerverzichts. Also trafen sich Watzke und der damalige Präsident Reinhard Rauball am Morgen an der Geschäftsstelle. Sie bereiteten sich auf einen schweren Gang vor.
Sie mussten damals nach Düsseldorf fahren, wo am Flughafen eine Versammlung der Anteilseigner des Stadions anberaumt war. Denn das Westfalenstadion gehörte dem BVB nicht mehr. Es war in einem komplizierten Sale-and-Lease-Back-Verfahren an die Zeichner eines Commerzbank-Fonds überschrieben worden. Die Anleger, die mit dem BVB emotional wenig am Hut hatten, mussten sich bereit erklären, die Raten für das Zurückleasen zu stunden. Anderenfalls hätte der BVB Insolvenz anmelden müssen.
Die Sitzung in einem früheren Hangar dauerte mehrere Stunden. Am Ende stimmten die Fondszeichner zu. Die Sanierung des BVB konnte beginnen, der Klub erhielt eine Lizenz für das kommende Spieljahr 2005/2006. Der Rest ist Geschichte. Der BVB erholte sich wirtschaftlich und sportlich. In den folgenden zwei Dekaden wurden zwei Meisterschaften gewonnen. Die Dortmunder etablierten sich wieder in der Spitzengruppe des deutschen Fußballs. Sie spielten regelmäßig in der Champions League – derzeit zum zehnten Mal in Folge. Der Klub steht wieder gut da. Zeit für Watzke, die Verantwortung als Geschäftsführer abzugeben. Das hatte der mittlerweile 66-Jährige bereits Anfang 2025 angekündigt.
Watzke ist der einzige Kandidat
Doch loslassen will und kann Watzke trotzdem nicht. Auf der Mitgliederversammlung am Sonntag möchte er sich zum Präsidenten des eingetragenen Vereins wählen lassen. Er ist der einzige Kandidat, ihm reicht eine einfache Mehrheit. „Diesem Verein als Präsident vorstehen zu dürfen, ist für mich ein Lebenstraum“, sagt er.
Was treibt Watzke, der auch Aufsichtsratschef der DFL und 1. Vizepräsident des DFB ist? Es hat, ähnlich wie bei den Bayern-Granden Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge sicher auch damit zu tun, dass Fußball eine Droge ist, von der man schwer lassen kann. Doch Watzke fürchtet auch um sein Lebenswerk.
Da ist die Sorge um die zukünftigen Perspektiven des BVB. Mittlerweile gebe es in Europa „40, 50 Klubs mit besseren Möglichkeiten als Borussia Dortmund“, sagt er. Die wirtschaftliche Kluft zwischen den Vereinen aus der englischen Premier League, der spanischen La Liga und den Bundesligisten gehe weiter auseinander. „Wenn wir nicht ständig überperformen, sind wir erledigt“, warnt Watzke. Deshalb will er als Präsident des e.V. dafür sorgen, dass der Kurs auch weiter so gehalten wird, dass der BVB erfolgreich sein kann. Sollte er gewählt werden, könnte die Geschäftsführung in seinem Sinne kontrolliert werden.
Watzkes Gegenkandidat zog zurück
Das gefällt nicht jedem. In den vergangenen Monaten hatte es reichlich Unruhe gegeben. Der bisherige Amtsinhaber Reinhold Lunow, der ursprünglich zugesagt hatte, um Falle einer Kandidatur von Watzke verzichten zu wollen, erklärte plötzlich, nun doch wieder antreten zu wollen. Mittlerweile verzichtete Lunow dann doch – allerdings erst nach eingehenden Gesprächen. Zeitgleich gab es plötzliche Vorwürfe an die Adresse von Watzke: Er hätte, so ein anonymer Hinweisgeber, private Reisen über den BVB abgerechnet. Diese Hinweise erhärteten sich zwar nicht – doch sie belegen, mit welchen Bandagen gekämpft wurde.
Watzke ging auf seine Kritiker zu. Mit Lunow, sagt er, habe er sich ausgesprochen. Er werde sich auch um Belange kümmern, die den Mitgliedern und den organisierten Fans wichtig sind, verspricht er.
Es dürfte, auch wenn die Wahl Watzkes als relativ sicher gilt, eine lange Versammlung werden. Fünf Anträge auf Satzungsänderungen sind eingegangen. Auch das umstrittene Sponsoring durch den Rüstungskonzern Rheinmetall könnte wieder thematisiert werden. Für den designierten BVB-Präsidenten Hans-Joachim Watzke wird es nicht langweilig werden.
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