Bei Julian Nagelsmann schauen die Experten ganz genau hin. Zuletzt hatte bereits Matthias Sammer Kritik am Bundestrainer geübt. Auslöser war Nagelsmanns Begründung für die umstrittene Nominierung von Galatasaray-Star Leroy Sané. „Er weiß, dass es nicht mehr unzählige Chancen für ihn unter meiner Führung in der Nationalmannschaft gibt, um sich zu beweisen“, sagte der Bundestrainer.

Für Sammer der falsche Umgang mit dem Dribbler: „Meine Erfahrungen sind, Individualisten brauchen Liebe, brauchen so viel Liebe, dass es knallt.“ Jetzt äußert sich auch Lothar Matthäus. Sané ist allerdings nicht das einzige Thema, bei dem der Rekord-Nationalspieler (150 DFB-Einsätze) Klartext spricht. Er hat gleich drei Ratschläge.

Erstens: Kein Ultimatum für Sané. Matthäus: „Leroy Sané öffentlich eine Ansage zu machen und quasi von einer letzten Chance zu sprechen, halte ich für überflüssig. Das kann der Bundestrainer unter vier Augen machen, aber nicht öffentlich. Auch in der Mannschaft wird das für Diskussionen sorgen.“

Zweitens: Nicht in die Klub-Abläufe eingreifen. Matthäus: „Die Geschichte rund um Angelo Stiller lief ebenfalls unglücklich: Den Spieler am Tag eines wichtigen Europacup-Spiels mit so einer Nachricht zu konfrontieren, ist unverantwortlich. In Stuttgart war ein Thema größer als das Spiel gegen Feyenoord: die Nicht-Nominierung.“

Hintergrund: Nagelsmann hatte den Kader am Mittag des vergangenen Donnerstags bekanntgegeben. Abends spielte Mittelfeld-Profi Stiller noch mit dem VfB Stuttgart gegen Feyenoord Rotterdam (2:0). Die Nagelsmann-Entscheidung wurde rund um das Spiel deutlich von den VfB-Verantwortlichen kritisiert – ein Nebenschauplatz für alle Beteiligten. Frankreich beispielsweise hatte die Kader-Nominierung erst freitags bekanntgegeben.

Begründung im Fall Stiller kam Matthäus zu spät

Drittens: Mehr Transparenz. Matthäus mit Blick auf die Nagelsmann-Begründung im Fall Stiller: „Zudem kann ich nicht nachvollziehen, warum danach vier Tage gewartet wurde, die Gründe hierfür öffentlich zu erläutern – darauf sollte Julian Nagelsmann Einfluss nehmen, das ist ein Problem. Was der Bundestrainer dann gesagt hat, war ja sinnvoll und nachvollziehbar: Aber durch diese Verzögerung kamen erst die Diskussionen auf. Als Bundestrainer hat man die Pflicht, Fußball-Deutschland an seinen Ideen teilhaben zu lassen.“

Erst am vergangenen Montag auf der Pressekonferenz in Wolfsburg hatte Nagelsmann die Erklärung geliefert: Er sehe Felix Nmecha, Aleksandar Pavlovic und Leon Goretzka aktuell „einen Tick vorne dran.“ Und: Er wolle jede Position nur genau doppelt besetzt haben.

Übergeordnet empfiehlt Matthäus Nagelsmann: „Julian macht sich zu viele Baustellen auf, er schafft sich viele unnötige Themen. Möglicherweise denkt er, dass er mit seiner Art zu kommunizieren alles richtig macht – ich kenne das, bei mir war es früher oft nicht anders, ich wollte nicht auf andere hören. Aber einige Punkte sollte er überdenken, auch auf seine Berater hören, die hier auf ihn Einfluss nehmen sollten. Nagelsmann muss den Rat annehmen, sich hinterfragen.“

Und weiter: „Womöglich ist das ein Reifeprozess: Auch Jupp Heynckes, einer der größten deutschen Trainer aller Zeiten, war mit 38 Jahren auch nicht der Trainer, der eine Gruppe souverän führte und die Dinge richtig einschätzte. Damals war er nach einer Niederlage teilweise drei Tage sauer auf uns und hat kaum mit der Mannschaft gesprochen.“

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