Der Krieg in Gaza greift tief in die deutsche Gesellschaft ein. Selbstverständlich auch im deutschen Fußball. Dort tummeln sich zahlreich Profis, deren Sicht auf den Konflikt in Deutschland schwer vermittelbar ist. Beim FC St. Pauli zeigt sich das am Beispiel des australischen Kapitäns Irvine.
Es gibt mehr als einen Jackson Irvine. Natürlich den Fußball-Profi vom FC St. Pauli, aber es gibt auch das Model Irvine. Den Gewerkschafter. Den Radiomoderator. Den LGBTQ-Aktivisten mit dem besonderen Look. Irvine äußert sich auch zu Themen, die andere Kicker meiden. Kein Wunder also, dass der Australier zum Gesicht des Klubs aufstieg. Doch jetzt ist der Wirbel um Irvine auf dem Kiez plötzlich groß.
"Niemand ist größer als der Klub", hatte ein User in den Sozialen Medien unter ein Bild von Irvine und seiner Frau geschrieben. Und: "Das ist unser Klub, nicht deiner. Du wirst in wenigen Monaten weg sein und für einen Euro mehr woanders spielen. Wir werden immer hier sein, während du nicht mehr als eine Fußnote bist."
Das Problem: Irvines Frau machte bei Instagram öffentlich, dass der User ein gewisser René Born ist - Aufsichtsratsmitglied beim Tabellenneunten der Bundesliga. Und zwar, nachdem (!) intern dazu bereits Gespräche geführt worden waren.
Steht Irvine vor dem Aus?
Ein Aufsichtsrat eines Klubs ätzt online gegen den eigenen Kapitän? Der Fall eskaliert trotz interner Aufarbeitung? Hat es in der Bundesliga auch noch nicht so oft gegeben. Und bei St. Pauli bildet dieser Vorfall den vorläufigen Höhepunkt einer schleichenden Entwicklung zwischen Klub, Fans und dem derzeit verletzten Irvine, dessen Social-Media-Aktivitäten zum Krieg im Gazastreifen für Aufsehen gesorgt hatten. Seit dem Sommer gebe es "Risse im Bild von der heilen Welt", schrieb der "Kicker": "Und seit dieser Woche geht es darum, ob und wie diese überhaupt noch zu kitten sind".
Auf St. Pauli überlagert die Diskussion um Irvine und seine Haltung zum Konflikt zwischen Israel und der Hamas sowie seine Solidarität mit den Palästinensern längst die sportlichen Belange des so gut in die Saison gestarteten Klubs. "Wir appellieren eindringlich, sich im Sinne eines respektvollen und konstruktiven Miteinanders sowie im Interesse des gesamten FC St. Pauli zu verhalten", hieß es in einer Mitteilung: "Schlammschlachten auf Social Media helfen niemandem - sie schaden allen."
Fangruppen fordern Graustufen ein
Nächste Woche jährt sich der Hamas-Großangriff auf Israel vom 7. Oktober 2023 zum zweiten Mal. Noch immer sind 47 Geiseln in ihrer Gewalt, auf der anderen Seite ist die humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet katastrophal, ein Großteil der Bewohner wurde vertrieben. Irvine unterstrich seine Solidarität. Kritiker bemängeln auf der anderen Seite, dass sich der 32-Jährige vom Vorwurf des Antisemitismus nicht klar und entscheidend genug abgegrenzt habe.
Wie in der Gesellschaft insgesamt wird das Thema auch in der Fanszene kontrovers diskutiert. "Der Konflikt ist so komplex und emotional aufgeladen, dass er Gemeinschaften spaltet", schreibt die Gruppierung "Ultrà Sankt Pauli" auf ihrer Website, "die Graustufen in der Betrachtung des Konflikts" seien wichtig. Dazu gehörten die "Solidarität mit der Zivilbevölkerung" im Gazastreifen ebenso wie das "Existenzrecht des Staates Israels".
Die Kritik an Irvine war im Sommer so richtig ins Rollen gekommen, als seine Frau auf Instagram ein Bild von ihm postete, auf dem er in einem Trikot mit der Aufschrift "FC Palestine" zu sehen war. Eine Landkarte auf dem Shirt wies dabei das Staatsgebiet Israels als palästinensisches Gebiet aus.
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