Bei den Weltmeisterschaften der Fechter dürfen wieder russische Athleten antreten, die dem Militär angehören. Die Empörung ist groß, Athletinnen und Athleten sehen gar die olympische Zukunft ihres Sports in Gefahr.
Olha Charlan schlug mächtig Alarm. "Wütend und enttäuscht" zeigte sich das ukrainische Widerstandssymbol des Fechtsports. "Der Sport ist ein Propagandawerkzeug der russischen Armee", sagte sie der Deutschen Welle. Eben diese Armee, der auch russische Sportlerinnen und Sportler angehören, "fällt in der Ukraine ein und tötet Menschen. Auch ukrainische Sportler", sagte die zweimalige Olympiasiegerin.
Eine Entscheidung des Weltverbandes FIE in der Russland-Frage versetzt den Fechtsport wieder einmal in Aufruhr. Die FIE lockerte in der vergangenen Woche die Bedingungen zur Teilnahme russischer und belarussischer Athletinnen und Athleten unter neutralem Status an den am Dienstag beginnenden Weltmeisterschaften in Tiflis: Es dürfen Angehörige des Militärs teilnehmen, auch Mannschaften werden wie schon bei der EM in Genua vor einem Monat antreten.
Die FIE widersetzt sich mit dieser Maßnahme den Empfehlungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) - und zieht jede Menge Unmut auf sich. Der europäische Verband (ERC) und eine Gruppe von über 440 Personen aus dem Fechtsport veröffentlichten umfangreiche Statements mit sich ähnelndem Inhalt.
Verliert Fechten den Status als olympische Sportart?
"Wir werden ihnen niemals die Hand geben oder mit ihnen reden", kündigte Charlan an, die als erste Unterzeichnerin des Athletenschreibens geführt wird. Die 34-Jährige war bei der WM 2023 zum Symbol des Widerstands geworden, als sie ihrer russischen Gegnerin nach dem Gefecht den Handschlag verweigerte und disqualifiziert wurde. Weitere Vorfälle in Georgien sind nicht ausgeschlossen.
Angesichts der nächsten spaltenden Entscheidung sorgt sich die Säbelfechterin um die Zukunft ihrer Sportart. "Warum sollte Fechten bei Olympischen Spielen dabei sein, wenn die Sportart für solche Probleme sorgt?", sagte sie und behauptete, Fechten sei schon jetzt "wirklich kurz davor", den Status als olympische Sportart zu verlieren.
Rechtlich seien die meisten Sanktionen gegen die Sportler allerdings "schon immer Diskriminierung" gewesen, sagte der Rechtsanwalt und Sanktionsexperte Viktor Winkler dem Deutschlandfunk. Viele Maßnahmen knüpften "an die russische Nationalität oder die Herkunft der Sportler an", was "hart rechtswidrig" sei. Der Zweck stehe laut Winkler zwar außer Frage, "aber die Mittel, die hier gewählt worden sind, sind die falschen."
Keine Distanz zum Kriegsgeschehen
Die Forderungen, die der Weltverband jetzt noch an die Sportler aus Russland stellt, sind lediglich Lippenbekenntnisse. "Eine eidesstattliche Erklärung zur Neutralität" oder "eine Verpflichtung zur Einhaltung und Unterstützung der Friedensmission der FIE und der Olympischen Bewegung" fordert der Verband, keine klar nachvollziehbare Distanz zum Kriegsgeschehen. Aktive sollten "nicht die Folgen geopolitischer Ereignisse tragen, die sich ihrer Kontrolle entziehen", heißt es zur Begründung.
Über die Athletenvertretung Global Athlete drückten die Unterzeichnenden der Gegenposition, zu denen der deutsche Ex-Weltmeister Max Hartung zählt, "tiefe Besorgnis und Ablehnung" über die Entscheidung aus, die unabhängigen Kontrollen für neutrale Sportler abzuschaffen. Die Athleten forderten ausdrücklich die Revision der Entscheidung, deutsche WM-Teilnehmer fanden sich unter den 208 Personen, die einer namentlichen Erwähnung zustimmten, nicht wieder.
Der EFC unterstützte in seiner Mitteilung die IOC-Empfehlungen zur Teilnahme neutraler Athleten. Die Richtlinien sollten ihnen ermöglichen, an Wettkämpfen teilzunehmen, "allerdings nur innerhalb klar definierter Grenzen".
Offen zweifelt der ERC derweil an, "dass interne Mechanismen die nach den IOC-Standards geforderte Unparteilichkeit gewährleisten können" und verlangt von der FIE eine unabhängige Überprüfung, "um die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen".
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