Am Dienstagnachmittag ging es für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft Richtung München. Nach dem Abschlusstraining im Teamquartier in Herzogenaurach checkte der Tross des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in einem Hotel in Unterschleißheim ein, Bundestrainer Julian Nagelsmann und Mittelfeldprofi Leon Goretzka wurden in das Münchner Stadion zur Pressekonferenz gefahren.
Vor dem Halbfinale in der Nations League gegen Portugal am Mittwoch (21 Uhr, ZDF und DAZN) kamen internationale Reporter zu dem Termin. „Es ist eine kleine Mini-EM. Wir freuen uns darauf“, sagte Nagelsmann über die Endphase des Turniers.
Und es ist das Aufeinandertreffen mit Cristiano Ronaldo. Der 40-jährige Superstar der Portugiesen könnte zum letzten Mal in München spielen. „Eine außergewöhnliche Karriere“, sagte Nagelsmann Dienstagabend über Ronaldo, dessen Vertrag beim al-Nassr FC im Sommer endet. Und der noch vor der Klub-WM in den USA wechseln könnte. „Ich hoffe, er hat gegen uns nicht so viel Einfluss auf das Spiel. Er ist immer noch absolut gut“, so Nagelsmann. Im Strafraum habe Ronaldo nichts von seiner Kaltschnäuzigkeit verloren.
Goretzka hat bereits mit der Jugend-Nationalmannschaft gegen Portugal gespielt und seitdem eine gute Bilanz gegen die Nation. Nagelsmann hatte ihn phasenweise ausgebootet, jetzt ist der Profi des FC Bayern seit vergangenen März wieder dabei. „Ich habe noch mal mehr Dankbarkeit“, sagte Goretzka. „Ich freue mich, wieder hier sein zu dürfen. Ich bin jemand, der maximalen Erfolg will.“
Portugal sei eine herausragende Mannschaft. Er sehe als Privileg, dass das Final Four in Deutschland ausgetragen wird. „Es ist wie so eine Mini-EM. Und für uns die Möglichkeit, dem Land einen Titel zu schenken, wenn auch einen etwas kleineren. Das ist unser Ziel. Dafür versuchen wir alles.“
Sein Kollege Florian Wirtz von Bayer Leverkusen steht offenbar vor einem Wechsel zum FC Liverpool – und deshalb besonders im Fokus. Nagelsmann hat dennoch nicht den Eindruck, dass der Jungstar abgelenkt ist. „Ich habe nicht gemerkt, dass es ihn belastet. Er hat gut trainiert. Natürlich spielt er“, sagte Nagelsmann.
Deutschland hat noch nie die Nations League gewonnen. Goretzka erinnert an den Confed Cup, den die DFB-Auswahl 2017 gewann. Dessen Bedeutung sei vorher auch unterschätzt worden. Es ist der einzige Titel, den Goretzka bislang mit Deutschland gewann. Auch deswegen ist die Motivation hoch.
In der Partie könnte es zu einem Debüt kommen. Spielt Nick Woltemade vom VfB Stuttgart von Beginn an? Der 23-jährige Stürmer ist zum ersten Mal dabei und war einer der besten Spieler in der vergangenen Bundesliga-Saison. „Das weiß ich noch nicht hundert Prozent“, antwortete Nagelsmann auf die Frage. „Er hat einen guten Eindruck gemacht und ist ein wirklich guter Typ. Er ist ein sehr angenehmer Spieler und wurde auch gut aufgenommen und kam auch gut an.“
Niclas Füllkrug habe allerdingsauch gut trainiert. „Mit beiden haben wir gute Stürmer. Vielleicht spielen wir auch mit allen beiden. Lasst euch überraschen“, so der Bundestrainer.
Das Abschneiden beim Finalturnier hat für Nagelsmann auch schon eine gravierende Bedeutung mit Blick auf die WM 2026. Gewinnt die Nationalmannschaft nämlich den Uefa-Wettbewerb, sammelt sie so viele Punkte für die Weltrangliste, dass der wichtige Platz im besten Lostopf für die Endrunde im kommenden Sommer praktisch sicher ist.
Aber: Gibt es bereits im Halbfinale eine Niederlage, ist auch das Fernduell mit Italien um den möglicherweise letzten Platz in Topf eins vielleicht schon verloren. Die Konsequenz: Deutschland wäre bei der WM-Auslosung im Dezember nur in Topf zwei. In der Gruppenphase wäre ein starker Gegner wie Spanien, Argentinien, Frankreich oder England sehr wahrscheinlich. Alternativ würde auch die Gruppe A mit Co-Gastgeber Mexiko drohen, unangenehme Temperaturen und Spielorte inklusive.
Komplizierte Formel für WM-Setztöpfe
Die für die WM-Setztöpfe maßgebliche Rangliste wird mit einer komplizierten Formel errechnet. Jedes Spiel fließt mit einer bestimmten Gewichtung ein. Mit einem Sieg gegen Portugal in der regulären Spielzeit würde Deutschland (1716,98 Punkte) durch die gewonnenen 13,29 Punkte auf 1730,27 Punkte klettern und Italien in jedem Fall überholen. Die „Squadra Azzurra“ (1718,31) kann in ihrem WM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen am Freitag nämlich mit einem Sieg nur 7,49 Punkte holen und vorläufig auf 1725,80 Punkte kommen.
Schon eine Niederlage im möglichen Finale der Nations League gegen Spanien oder Frankreich würde der DFB-Elf aber wiederum Minuspunkte einbringen. Italien könnte mit einem Sieg gegen Moldau einen Tag später wieder vorbeiziehen. Maßgeblich für die Auslosung ist die Weltrangliste nach Abschluss der WM-Qualifikationsspiele. Die Niederlande (1752,44), Portugal (1750,08) und Belgien (1735,75) können auf den Plätzen sechs bis acht noch eingeholt werden. Von hinten lauern noch Kroatien (1698,66) und Marokko (1694,24), die allerdings in ihren WM-Qualifikationsrunden nicht mehr viele Punkte sammeln können.
Unabhängig von den Rechnereien müssen sich die europäischen Länder erst noch für die WM-Endrunde qualifizieren. Deutschland trifft in seiner Gruppe dabei in der zweiten Jahreshälfte auf die Slowakei, Nordirland und Luxemburg.
Julien Wolff ist Sportredakteur. Er berichtet für WELT aus München über den FC Bayern und die Nationalmannschaft sowie über Fitness-Themen. Bereits mehrfach wohnte er während der Trainingslager der Fußball-Nationalelf in Herzogenaurach. Und wird gegen Portugal mit Lars Gartenschläger für WELT im Münchner Stadion sein.
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