Die Zeichen von Nervosität sind unübersehbar im Tesla-Reich. Ende März rief Elon Musk seine Beschäftigten zunächst zu einer Zusammenkunft, die er in seinem Onlinedienst X übertragen ließ. Er sprach in Bezug auf die jüngste Nachrichtenlage zu Tesla von "Armageddon". Und davon, dass es Zeiten gäbe, in denen man "rocky moments" erlebe. Er flehte die Beschäftigten an, ihre Aktien zu halten – trotz der jüngsten Kursverluste.

Am deutschen Standort in Grünheide bei Berlin gab es bei einer Betriebsversammlung ein paar Tage später laut Berichten Tumulte – Betriebsräte mit einem Transparent wurden vom Werkschutz herauskomplimentiert. Und auch vor Tesla-Läden in vielen US-Städten kam es in den vergangenen Wochen wiederholt zu Protesten.

Bei Vorlage der neuen Quartalszahlen am Dienstagabend räumte Musk nun erstmals ein, dass die Störfeuer ihm und seinem Unternehmen empfindlich schaden. „Es gibt einigen Gegenwind“, sagte Musk. Schuld daran habe vor allem seine Arbeit für die US-Regierung, konkret in Gestalt der umstrittenen Effizienzbehörde Doge. „Der wahre Grund für die Proteste ist, dass diejenigen, die von Verschwendung und betrügerischen Staatsausgaben profitieren, diese weiterhin beziehen möchten“, so Musk. Nun aber sei seine Arbeit größtenteils erledigt, ab Mai wolle er Tesla wieder mit mehr Zeit bedenken.

Die Probleme beim wertvollsten Autohersteller der Welt aber liegen tiefer – und werden bleiben: Der Absatz ist im ersten Quartal um 13 Prozent auf rund 336.000 Fahrzeuge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gefallen. Besonders in Europa und China sehen die Zulassungszahlen verheerend aus. In China wurden laut Marktbeobachtern im ersten Quartal 22 Prozent weniger Fahrzeuge an den Kunden gebracht, in Deutschland 62 Prozent weniger. Insgesamt erodierte der Gewinn um mehr als zwei Drittel. Ohne den Verkauf von Emissionszertifikaten wäre Tesla sogar ein Verlustbringer. 

Ist Elon Musk Schuld an Teslas Abstieg?

Der rückläufige Auto-Absatz wird oft mit dem schlechten öffentlichen Bild von Elon Musk in Verbindung gebracht. Potenzielle Kunden, so die Erklärung, wollen nichts mit ihm zu tun haben: einem, der in Deutschland die in Teilen verfassungsfeindliche AfD unterstützt, in England für einen rechtsradikalen Gewalttäter kämpft, und in seiner südafrikanischen Heimat offen rassistische Kreise protegiert. 

"Was Tesla einst stark gemacht hat, hat viel mit der Persönlichkeit von Elon Musk zu tun", erläutet Jürgen Starkmann, Branchenberater und Professor an der Universität St. Gallen. "Er hat sie in den Boom getrieben – jetzt ist der Abstieg umso steiler." Stackmann hat als einstiger Vertriebsvorstand bei VW weitläufige Einblicke, insbesondere in den Autoverkauf. Zu Zehntausenden haben Tesla-Fahrer nach Musks Aktivitäten für Trump und die AfD distanzierende Sticker auf ihre Fahrzeuge geklebt – oder diese gleich ganz verkauft. Gerade die technikoptimistische und klimasensible Zielgruppe, die Tesla lange angesprochen hat, scheint nun maximal abgeschreckt.

Aber die Tesla-Misere ist weitaus größer. "Elon Musk ist ein Faktor, aber das erklärt nicht das Bild", sagt Stackmann. "Der Tag rückt näher, an dem offenbar wird, dass Tesla nur ein Autohersteller ist." Das Problem: Als Autohersteller mag Tesla immer noch seine Qualitäten haben, doch das rechtfertigt nicht die Börsenbewertung von immer noch über 850 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Der Volkswagen-Konzern wird mit 55 Milliarden Euro bewertet, obgleich dieser rund fünfmal so viele Fahrzeuge verkauft wie Tesla.

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