Bisher wurde Carsten Linnemann als neuer Wirtschaftsminister gehandelt. Nach seiner Absage zeigt nun niemand mehr ernsthaftes Interesse an dem Ministerium. Und das hat gute Gründe.

In der Berliner Scharnhorststraße 34-37 befindet sich eines der mächtigsten Ministerien des Landes. Hier arbeitet der Vizekanzler, zuständig für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie, Raumfahrt, Computerspiele, Wärmepumpen, Start-Ups und Dutzende weitere Themen, die alle hier angesiedelt sind. Ein echtes "Superministerium", ganz nach den Vorstellungen des grünen Noch-Amtsinhabers Robert Habeck. 

In wenigen Wochen soll hier ein neuer Wirtschaftsminister einziehen. Doch die Personalsuche gestaltet sich offenbar schwierig. Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD wird der Posten von der CDU besetzt. Aber das Bewerberfeld ist mehr als dünn.

Lange wurde CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann für den Job gehandelt. Doch der Top-Kandidat hat sich nun selbst aus dem Rennen genommen. "Es muss halt auch passen, sonst macht das keinen Sinn", sagt Linnemann. Offenbar hat es ihm nicht gepasst.

Spahn wirkt vorsichtiger

Auch andere Kandidaten stehen nicht mehr zur Verfügung. So hat die bisherige wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner, bereits einen neuen Job als Präsidentin des Bundestags.

Selbst Jens Spahn scheint nun zu zögern. Dabei hatte der CDU-Politiker noch vor wenigen Monaten selbstbewusst verkündet, er wolle gern wieder ein Ministeramt übernehmen. Es müsse ja nicht wieder das Gesundheitsministerium sein, so Spahn damals. Er fände auch eine andere Aufgabe spannend.

Dass Spahn Interesse am Wirtschaftsministerium hat, ist nicht neu. Er äußert sich gern zur Wirtschaftspolitik, hält dazu Reden im Bundestag oder lädt Journalisten zu wirtschaftspolitischen Gesprächen in sein Büro. "Wir brauchen wieder Wachstumsimpulse für die Wirtschaft", sagt Spahn dann. Auf Nachfragen zu seinen persönlichen Minister-Ambitionen äußert er sich inzwischen allerdings nicht mehr.

"Superministerium" deutlich verkleinert

Dass in der CDU kaum noch jemand großes Interesse zeigt, liegt vor allem am neuen Zuschnitt des Ministeriums. Das einstige "Superministerium" wird nun deutlich verkleinert.

Wichtige Aufgabenbereiche werden künftig woanders erledigt. So soll der Klimaschutz wieder im Umweltministerium bearbeitet werden. Die Raumfahrt geht in das neu gestaltete Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Auch einige Digitalreferate werden wohl abwandern in das neu geschaffene Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Was bleibt, ist die Verantwortung für Wirtschaft und Energie mit einem deutlich geringerem Etat als bislang.

"Die CDU hat dem Wirtschaftsministerium die Filetstücke rausgeschnitten", sagt Franziska Brantner. Die Co-Chefin der Grünen kennt das Ministerium gut. Sie war dort unter Habeck jahrelang Staatssekretärin. 

Eine undankbare Aufgabe

Auch die AfD übt scharfe Kritik. "Niemand will sich offensichtlich in einem gestutzten Ministerium mit 'Weiter so'-Politik verbrennen", sagt der wirtschaftspolitische Sprecher Leif-Erik Holm. "Kein Wunder, dass sich bei der Union eine gewisse Ratlosigkeit über die Besetzung des Amts breitzumachen scheint."

Fest steht: Durch die Verkleinerung gibt es deutlich weniger Gestaltungsmöglichkeiten. Gleichzeitig bleibt die wirtschaftliche Lage schwierig. Deutschland könnte weiter in die Rezession rutschen. Zehntausende Jobs stehen auf der Kippe.

Den neuen Wirtschaftsminister erwartet also eine undankbare Aufgabe - auf die zurzeit offenbar niemand große Lust hat.

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