Die USA steuern auf eine seltene Art der Wirtschaftskrise zu. Zuletzt hatte eine sogenannte Stagflation das Land in den 70er Jahren heimgesucht. Damals gab es den Ölpreis-Schock, nun den Zollkrieg Donald Trumps.
Was ist schlimmer als hohe Inflation oder schwaches Wirtschaftswachstum? Wenn beides gleichzeitig auftritt! Stagflation wird dieses ökonomische Schreckensszenario genannt. Donald Trump ist auf dem Weg, dieses in den USA herbeizuführen - maßgeblich durch seine Zölle. Ob die USA tatsächlich in eine Stagflation abrutschen, steht zwar noch nicht fest. Doch wie ernst diese Gefahr an den Finanzmärkten genommen wird, zeigen die Kursverluste an den US-Börsen eindrucksvoll.
Die ökonomische Anomalie aus kräftig steigenden Preisen und schwacher Konjunktur hat die USA und auch Deutschland in den 70er Jahren heimgesucht. Nach dem Angriff Ägyptens und Syriens auf Israel 1973 hatten arabische Länder die Ölförderung gedrosselt, um den pro-israelischen Kurs des Westens zu bestrafen. Die Folgen des Ölpreisschocks: hohe Arbeitslosigkeit und zugleich Inflation im zweistelligen Bereich.
US-Präsident Trump hat nun die US-Zölle auf das höchste Niveau seit mehr als einem Jahrhundert katapultiert - in kürzester Zeit. Einer Kalkulation der Citibank zufolge, wird auf Importe in die USA nun ein nach dem Handelsvolumen gewichteter Durchschnittszoll von 21 Prozent erhoben. Vor Trumps Zoll-Offensive waren es nur 2 Prozent.
Zölle - also Steuern auf Importe - führen tendenziell zu höheren Preisen. Das liegt daran, dass die heimischen Importeure einen Teil der höheren Kosten an ihre Kunden weitergeben. Wie stark die Preise tatsächlich steigen werden, ist noch nicht zu beziffern. Produzenten im Ausland können etwa mit Preissenkungen auf Zölle reagieren. US-Herstellern ermöglichen Trumps Zölle, ihre Preise zu erhöhen und trotzdem noch günstiger als die ausländische Konkurrenz zu sein. Außerdem ist völlig unklar, ob Trump einige Zölle wieder senkt oder sie sogar erhöht.
Verbraucher werden nervös
Da Trump aber nahezu alle Länder - darunter die wichtigsten Handelspartner - mit Zöllen überzieht, werden die Kosten für nahezu alle importierten Waren steigen – wenn Trump die Zölle nicht schnell zurücknimmt. Der Preisauftrieb hat zwar nachgelassen, was sich an der im März auf 2,4 Prozent gefallenen Inflationsrate ablesen lässt. Die meisten Ökonomen gehen aber davon aus, dass es zu einem starken Anstieg der Verbraucherpreise kommt. Auch die US-Amerikaner rechnen damit: Mit Blick auf die kommenden zwölf Monate erwarten sie laut einer Umfrage der Universität Michigan eine Teuerungsrate von 6,7 Prozent.
Auch die Notenbank Fed stellt sich auf eine höhere Inflation ein. Fed-Gouverneur Christopher Waller bezeichnete Trumps Zölle Anfang der Woche als „einen der größten Schocks für die US-Wirtschaft seit vielen Jahrzehnten" und prognostizierte, dass die Inflation in den kommenden Monaten auf fast 5 Prozent steigen könnte, wenn die Zölle hoch blieben.
Verstärkt wird der Inflationsdruck durch andere Maßnahmen Trumps. Die massenhafte Ausweisung von Migranten kann zu einem Arbeitskräftemangel beispielsweise in der Landwirtschaft und der Bauindustrie führen und damit die Löhne und die Produktionskosten erhöhen - auch das heizt tendenziell die Inflation an.
Hinzu kommt, dass Trumps Zölle auch das US-Wirtschaftswachstum drosseln können - sogar eine Rezession halten immer mehr Ökonomen und Analysten für möglich. Denn die von Trump angezettelten Handelskonflikte und die damit einhergehenden Unwägbarkeiten dürften bei vielen Unternehmen dafür sorgen, bei Investitionen zurückhaltender zu sein. Außerdem können Lieferketten gestört werden - was nicht nur für höhere Preise sorgt, sondern das Wirtschaftswachstum hemmen kann.
Und nicht nur Unternehmen, auch Verbraucher werden vorsichtig und halten ihr Geld zusammen. Gleichzeitig schlägt das Ausland zurück – allen voran China. Die Gegenmaßnahmen verringern die US-Exporte, wirken sich negativ auf die Produktion aus und führen damit zu Arbeitsplatzverlusten.
Fed in der Zwickmühle
US-Notenbankchef Jerome Powell warnte angesichts der aggressiven Zollpolitik Trumps bereits vor höherer Inflation und langsameren Wirtschaftswachstum. "Die bisher angekündigten Zollerhöhungen sind deutlich größer als erwartet, und das Gleiche dürfte für die wirtschaftlichen Auswirkungen gelten, zu denen eine höhere Inflation und ein langsameres Wachstum gehören werden", sagte der Fed-Chef.
Das Toxische an der Stagflation ist, dass es so schwierig ist, ihr zu entkommen. Denn die Maßnahmen, mit denen Inflation bekämpft wird, sind Gift für Wirtschaftswachstum. Und die Maßnahmen, die für Wirtschaftswachstum sorgen - etwa niedrigere Zinsen und Konjunkturprogramme - heizen die Inflation an. Die Notenbank Fed steht deshalb vor einem Dilemma: Angesichts des zunehmenden Inflationsdrucks dürfte sie die Zinsen höher halten als bisher geplant - höhere Zinsen drosseln allerdings die Konjunktur. In den 70er Jahren entschied die US-Notenbank, dass die Bekämpfung der Inflation Priorität habe. Die Folgen: eine tiefe Rezession mit hoher Arbeitslosigkeit.
Die nächste Leitzinsentscheidung der Federal Reserve steht im Mai an. Trump fordert von Powell immer wieder, die hohen Zinsen zu senken. Allgemein wird aber erwartet, dass die Notenbank den Leitzins angesichts der Inflationsgefahr bei ihrer nächsten Sitzung nicht antasten wird.
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