Wird der Papst an Ostern öffentlich auftreten? Diese Frage stellen sich aktuell viele Gläubige. Papst Franziskus ist aufgrund seines Gesundheitszustandes seit vielen Wochen mehrheitlich absent. Die Ärzte haben dem Papst ein Schonprogramm verordnet, nachdem dieser Mitte März das Gemelli-Spital in Rom verlassen konnte. Doch verschiedene Auftritte in den letzten Tagen lassen die Gläubigen nun hoffen, dass es doch noch Ostern mit dem Papst geben könnte.

SRF News: Marco Politi, nach langer Krankheitsabsenz hat sich Papst Franziskus in den letzten Tagen sporadisch gezeigt. Zum Beispiel mit einem argentinischen Poncho bekleidet in der Petersbasilika. Wie werten Sie diesen Auftritt?

Marco Politi: Das war sehr seltsam. Es bedeutet vielleicht, dass der Papst auch etwas eigensinnig ist. Denn viele Leute, die das gesehen haben, waren zwar froh, ihn wiederzusehen, andere waren aber auch schockiert. Es war ein bisschen zu salopp, wie er da aufgetaucht ist.            

Die Osterfeierlichkeiten stehen vor der Tür und viele Gläubige hoffen, dass der Papst daran teilnehmen wird. Wird Franziskus auftreten?

Wahrscheinlich wird er irgendwie erscheinen, was wir ja in den letzten Tagen gesehen haben. Bestimmt will er sich den Pilgern zeigen. Sehr wahrscheinlich wird er auch ein paar Worte sagen, wenn es zum Moment der Segnung «Urbi et Orbi» kommt. Aber man weiss nie. Es hängt von seinem Gesundheitszustand ab, denn die Ärzte sagen bis jetzt, dass die Fortschritte sehr klein seien. Sie haben nicht gesagt, es sei alles überstanden.

Der Gesundheitszustand des Papstes gibt Anlass für Spekulationen. Gibt es bereits einen Wettbewerb, wer Franziskus dereinst beerben könnte?     

Ja, man diskutiert hinter den Kulissen schon seit drei Jahren. Man muss sagen, die Kardinäle sind aktuell zurückhaltend. Aber man hat eine Idee davon, wie es einst sein soll. Es gibt verschiedene Parteien: die Ultrakonservativen, die Reformorientierten und eine breite Mitte, die sich nie ganz klar positioniert hat. Einige möchten einen Papst, der natürlich wieder traditioneller ist im Lehramt. Andere wollen vor allem einen Seelsorger. Wieder andere wollen einen Diplomaten, der die verschiedenen Parteien in der Kirche zusammenbringt.

Legende: Überraschungsauftritt: Am Palmsonntag zeigte sich Papst Franziskus ohne Vorankündigung den Gläubigen auf dem Petersplatz. IMAGO/ABACA

In den letzten zehn Jahren hat es praktisch einen Bürgerkrieg gegeben: Die Ultrakonservativen sind sehr aggressiv gegen den Papst vorgegangen. Andere hoffen, dass man letzten Endes jemanden findet, der Charisma hat und gleichzeitig auch die Architektur der Kirche wieder neu ausbauen kann. Denn Franziskus hat Änderungen gebracht, aber das kanonische Recht ist dasselbe geblieben.

Ende Jahr wird der Papst 89. In diesem Alter hat auch Adenauer die Politik verlassen.

Franziskus hat zu Beginn seines Pontifikats ein Rücktrittsschreiben unterschrieben, für den Fall, dass er einst nicht mehr handlungsfähig wäre. Wird der Papst zurücktreten?                

Das Schreiben ist für einen Katastrophenfall, einen Auto- oder Flugzeugunfall, wo der Papst zwischen Leben und Tod schwebt. Die andere Möglichkeit ist jene, die Franziskus selbst erwähnt hat: dass Ratzinger (Papst Benedikt XVI.) einen neuen Weg eröffnet hat und er auch bereit wäre, diesen Weg zu gehen. Wenn die Ultrakonservativen zu viel Druck auf ihn ausüben und sagen, er solle gehen, dann reagiert der Papst schroff und sagt Nein. Aber Ende Jahr wird er 89 Jahre alt. In diesem Alter hat auch Adenauer die deutsche Politik verlassen. So gebrechlich wie der Papst jetzt ist, muss er sich dieser Frage dann auch stellen.                   

Das Gespräch führte Simona Caminada.

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