Er hat seit Kindheitstagen eine Leidenschaft: Inseln. Und diese Leidenschaft hat sich Farhad Vladi zum Beruf gemacht. Der 80 Jahre alte Geograf ist einer der erfolgreichsten Insel-Makler der Welt. In den vergangenen Jahrzehnten hat er mehr als 3000 Inseln überall auf dem Globus vermittelt – von den Bahamas über Madagaskar bis nach Norwegen.
Aktuell hat der Hamburger 91 Inseln im Angebot. Neu im Sortiment ist „Vawa Island“, 30 Hektar groß und Teil der Fiji-Inseln. Kostenpunkt: 15 Millionen US-Dollar. Es gibt aber auch günstigere Wasserlagen. Im Prinzip könne jeder, der sich ein Auto leisten kann, auch eine Insel kaufen, sagt der Makler.
WELT AM SONNTAG: Herr Vladi, wie sind Sie Insel-Makler geworden?
Farhad Vladi: Es war immer mein Traum, schon als Jugendlicher, eine Insel zu besitzen. Bei der Recherche stellte ich fest, dass die Seychellen aus mehr als 40 Granitinseln bestehen. Ich bin damals mit meinem VW nach London gefahren, um dort beim High Commissioner der Seychellen vorzusprechen und den Kauf einzutüten. Das hat nicht funktioniert. Beim Warten habe ich mir Zeitungen von den Seychellen geschnappt. Ich inserierte dort für umgerechnet 50 D-Mark eine Such-Anzeige für eine Insel. Ich erhielt drei Angebote, ein besonders spannendes von einem jungen Anwalt. Er bot mir die Granitinsel „Cousine“ an – für umgerechnet eine Million D-Mark. Da war mein Traum vorbei, zumindest vorerst. So richtig wollte ich das nicht auf mir sitzen lassen. Ich suchte dann nach Menschen, die die Zeitungen als wohlhabend betitelten. Ich präsentierte denen die Landkarten, Bilder, meine Recherchen – und einer stimmte dem Kauf zu. Er fragte mich, das werde ich nie vergessen, wie viel Provision ich will – ob fünf, vier oder drei Prozent. Mir haben drei Prozent gereicht, das waren 30.000 D-Mark. Der Deal sprach sich herum, und so ging das Geschäft dann weiter und weiter.
WAMS: Was glauben Sie denn, warum kaufen sich Menschen eine Insel?
Vladi: Wegen des Gefühls, dass sie die Kontrolle über das haben, was sie sehen. Das ist ein echt wunderschönes Gefühl. Das hat nichts mit Luxus zu tun. Man spürt, dass man nur noch einen Souverän hat – und das ist die Natur. Meine Kunden sind keine Eremiten. Meine Kunden sind Naturfreunde, die eine Insel haben wollen, um dort länger und ungestört Urlaub zu machen.
WAMS: Ich bin ein Naturfreund. Wie werde ich dann Inselbesitzer?
Vladi: Sie kommen zu mir ins Büro oder wir sprechen über Ihre Wünsche. Dann stelle ich Ihnen zwei Kernfragen, deren Antwort ich kennen muss. Erstens: Was sind Ihre geografischen Präferenzen? Zweitens: Wie groß ist Ihr Budget? Dann habe ich Klarheit. Ich würde Ihnen dann zunächst empfehlen, mal eine Insel zu mieten. Denn wenn Sie sich eine Insel kaufen, dann kaufen Sie sich auch ein in ein natürliches und in ein soziales Umfeld. Beides sollten Sie testen – allein, mit Freunden oder der Familie. Wenn Sie danach noch immer eine Insel kaufen wollen, dann werden wir auch eine passende für Sie finden.
WAMS: Wie groß muss denn das Budget sein? Es kann sich mit Sicherheit nicht jeder Mensch, der sich einen Kleinwagen kaufen kann, auch eine Insel leisten, oder?
Vladi: Doch, eigentlich schon. Damit meine ich kein altes Auto, das kaum noch durch den TÜV kommt. Ich meine damit eher ein normales Auto, einen Volvo oder einen anderen Kleinwagen aus der gehobenen Mittelklasse zum Beispiel. Dafür kann ich Ihnen auch eine Insel verkaufen.
WAMS: Und für dieses Geld finden Sie dann eine vernünftige Insel? Oder gibt es bei Inseln auch, zugespitzt formuliert, Ramschware?
Vladi: (lacht) Nein. Wir achten immer darauf, dass einige Kriterien erfüllt sind. Die Insel muss eine Baugenehmigung haben. Ich würde Ihnen keine Insel verkaufen, die zum Beispiel ein Vogelschutzgebiet ist. Außerdem muss die Insel erreichbar sein, sie muss attraktiv aussehen, Bäume müssen drauf sein – also ein spitzer Fels, der aus dem Meer herausschaut, ist keine Privatinsel in dem Sinne.
WAMS: Sie haben mehr als 3000 Inseln schon verkauft. Gibt es da eine Insel, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Vladi: Ja, da gibt es einige. Ich habe zum Beispiel mit Dieter „Didi“ Hallervorden bestimmt 20 Inseln besichtigt. Er wollte gerne eine Insel in der Karibik kaufen. Wir sind da aber nicht so recht fündig geworden. Er begleitete mich dann auf eine Besichtigung in Frankreich und verliebte sich sofort in die Insel. Das ist sinnbildlich für die Magie von Inseln, für diese besondere Energie. Das ist wie bei Menschen: Manche finden Sie sympathisch, andere können Sie von Beginn an nicht riechen. Es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck.
WAMS: Auf Ihrer Homepage ist von Deals mit Cristiano Ronaldo, Britney Spears und Johnny Depp zu lesen. Gibt es eine berühmte Persönlichkeit, die Ihnen nachhaltig in Erinnerung geblieben ist?
Vladi: Oh ja. Ich habe eine Erinnerung, die ich niemals vergessen werde. Nicolas Cage, Hollywood-Star und Oscar-Preisträger, kaufte bei mir eine Insel in den Bahamas. Ich habe ihm zunächst Bilder gezeigt, dann sind wir auf die Bahamas geflogen. Seine damalige Frau, Lisa Marie Presley, begleitete uns. Um die Insel aus der Luft zu sehen, buchten wir einen Helikopter. Nach dem Start stellte ich fest, dass der Pilot eine komische Route flog. Ich versuchte, ihm das mitzuteilen, er reagiert aber keineswegs. Es gab massive Probleme mit dem Motor, der Pilot kämpfte gerade um unser Überleben und hatte keine Macht über die Route. Wie durch ein Wunder schafften wir es zurück zur Hauptinsel. Auf den Schock gingen wir in ein Restaurant. Nicolas Cage sprach von unserer Wiedergeburt. Am nächsten Tag haben wir uns die Insel dann mit dem Boot angeschaut und Nicolas Cage hat sie auch gekauft. Das war echt ein Erlebnis, das uns eng verbunden hat.
WAMS: Klingt, als wäre der Beruf des Insel-Maklers nicht ungefährlich. Beeinflussen mittlerweile auch geopolitische Spannungen den Markt für Privatinseln?
Vladi: Ja, ich denke schon. Das betrifft aber nicht nur Inseln. In Krisenzeiten suchen sich Menschen traditionell Fluchtburgen. Das kann eine Finca in Spanien sein, eine Villa in Südamerika oder halt eine Insel – einfach ein Ort, an dem sie sich sicher fühlen.
WAMS: Gibt es denn Länder oder Regionen, in denen Sie keine Inseln verkaufen würden?
Vladi: Sie dürfen Inseln nur da kaufen, wo der Staat es erlaubt. Es gibt viele Länder, wo der Kauf für Ausländer verboten ist, es aber trotzdem schöne Inseln gibt – die Philippinen, Indonesien. Dann gibt es noch Länder, um die ich aus Image-Gründen und der eigenen Überzeugung einen Bogen mache. Das sind sogenannte „Bananenrepubliken“, wo ich weder verkaufe noch meine Kunden kaufen würden.
WAMS: Ihr erster Verkauf ist Jahrzehnte her. Nehmen Sie heute immer noch die drei Prozent Provision?
Vladi: Ich bin ja Insel-Makler und da erhalte ich eine feste Provision, die je nach Land variiert. In Schottland bekommt der Makler zwei Prozent, in Deutschland bis zu sechs Prozent. Bei Geschäften in Irland, Schottland oder auf den Bahamas habe ich dann meine lokalen Freunde, also einheimische Makler, mit denen ich zusammenarbeite.
WAMS: Jede Insel ist ein Unikat. Sind Inseln ein Investment – oder einfach nur Lebensphilosophie?
Vladi: Ein Investment, weil Inseln knapp sind. Das ist vergleichbar mit Gemälden. Hier werden die Preise nicht nach der Größe des Kunstwerks gemacht, sondern nach der Erscheinung. Es geht um die pure Schönheit, um die Energie. Es ist die Kunst der Natur, die Inseln geschaffen hat. Anders als bei der Kunst gibt es nur drei D‘s, die Inseln auf den Markt bringen. Der Tod („Death“, Anm. der Redaktion), Schulden („Debt“), die zum Verkauf zwingen, und die Scheidung („Divorce“), weil mit der Familie auch der Besitz auseinandergeht. Inseln sind ein langfristiges Investment, das auch langfristig Freude macht.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzcenter von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.
Lea M. Oetjen schreibt seit 2025 als Redakteurin für WELT. Für ihre Arbeit erhielt sie den Axel-Springer-Preis. Thematisch liegt ihr Schwerpunkt irgendwo zwischen Finanzen, Immobilien, Geldanlage, Wirtschaft, Börse und Social Media. Sie ist Co-Host des WELT-Podcasts „Alles auf Aktien“.
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