In Schipkau in der Lausitz entsteht derzeit ein Windrad der Superlative: Mit 365 Metern wird es fast so hoch wie der Berliner Fernsehturm. Es könnte die Effektivität von Windenergie revolutionieren.
Schon von der Landstraße aus ist ein riesiger Kran zu erkennen. Er überragt die Brandenburger Kiefern um ein Vielfaches. Ein kleiner Schotterweg führt von der Bundesstraße ab, nach ein paar Minuten erreicht man die Baustelle. Keine Besucherin und kein Besucher darf sich hier unbeaufsichtigt bewegen, jeder bekommt einen Helm und eine Sicherheitsweste.
Das, was hier entsteht, sei bisher einzigartig auf der Welt, sagt der Pressesprecher der Firma Gicon, die das Riesen-Windrad realisiert. Deshalb sind sie hier besonders vorsichtig, auch mit dem was sie zeigen. Schraubverbindungen dürfen im Detail nicht gezeigt werden.

Die gerüstartige Stahlkonstruktion des Turms ist schon rund 50 Meter hoch - und wächst weiter in die Höhe, ergänzt durch weitere Teile eines Außenturms.
Noch gleicht die Baustelle eher einem gewaltigen Experimentierfeld als einem klassischen Windradprojekt. Zu sehen sind vor allem riesige Stahlkonstruktionen, und ein aktuell 50 Meter hoher gerüstartiger Turm. Im Juli 2025 haben die Arbeiten auf der Baustelle begonnen. Im Sommer 2026 soll das größte Windrad der Welt fertig sein.
Schrauben so groß wie Fitnesshanteln
Hier ist alles etwas größer. Die Schrauben sind so groß wie Fitnesshanteln, etwa zwei Kilo schwer. Auf dem Gelände steht ein riesiger Kran - er ist auf 150 Meter ausgefahren, ungefähr so hoch wie herkömmliche Windräder. Das Windrad, das hier entsteht wird doppelt so hoch sein: 300 Meter Nabenhöhe. Die Spitze der Rotorenblätter wird sogar bei 365 Metern sein. Der Berliner Fernsehturm ist an seiner Spitze nur drei Meter höher. Steht man am Fundament der Anlage, scheint schon der 150 Meter hohe Kran schwindelerregend hoch.
Die Dimensionen sind beispiellos. Normalerweise enden die meisten Windkraftanlagen bei 150 bis 200 Metern Gesamthöhe - hier geht es noch einmal fast doppelt so hoch hinaus. "Wir haben in 365 Metern Höhe wesentlich mehr und stabileren Wind, und wir werden mehr als den doppelten Ertrag an Elektroenergie haben im Vergleich zu normalen Windrädern", erklärt Jochen Großmann, Geschäftsführer von Gicon. Er spricht von einem Technologiesprung, der es erlaube, Windenergie ganz neu zu denken.
Arbeiter müssen geübte Kletterer sein
Um das Projekt zu realisieren, braucht es geübte Höhenkletterer, die auch in 300 Metern Höhe mit Klettergeschirr arbeiten können. "In Deutschland gibt es solche höhenfesten Arbeiter nicht." sagt Vorarbeiter Ercan Kekik. "Die Jungs kommen alle aus der Türkei."
Die Monteure bewegen sich dort, wo kein Kran der Welt mehr helfen kann. Denn selbst die größten Kräne können keine Turbinen in 200 oder gar 300 Metern Höhe montieren. Deshalb braucht es hier besondere Verfahren - und Menschen, die bereit sind, in extremen Höhen zu arbeiten.
Weniger Fläche, mehr Energieertrag
Auf dem Gelände liegen dreieckige, riesige Stahlkonstruktionen, sie sollen demnächst den Außenturm bilden. Von der Form her erinnert der Standfuß dann an den Pariser Eiffelturm, eine breite Stahlkonstruktion. Von Ecke zu Ecke hat der Fuß am Boden eine Entfernung von 48 Metern und nimmt damit wesentlich mehr Fläche ein als der Standfuß eines herkömmlichen Windrades. Das sei aber nötig, um so in die Höhe bauen zu können, sagt Großmann.
Die Konstruktion soll nicht nur Stabilität bringen, sondern auch neue Möglichkeiten eröffnen. In Zukunft könnten Windparks mit dieser Technik in mehreren Etagen arbeiten. Verschieden große Windräder würden den Wind in unterschiedlichen Höhen nutzen. "Damit brauche ich wesentlich weniger Fläche, um Elektroenergie in Deutschland zu erzeugen", sagt der Geschäftsführer. Auf gleicher Grundfläche ließe sich so ein Vielfaches an Strom gewinnen.
Die Lausitz als Energie-Labor
Gefördert wird das Projekt durch die Bundesagentur für Sprunginnovationen, die gezielt Vorhaben unterstützt, die das Potenzial für grundlegende technologische Veränderungen haben. Noch ist der Bau nicht wirtschaftlich, die Anlage in Schipkau gilt als Pilotprojekt. Doch Gicon will hier Erfahrungen sammeln, die später in eine Serienproduktion münden sollen.
Ziel ist es, die Bauweise zu erproben und zur Marktreife zu bringen. "Wir erreichen Erträge, wie sie eigentlich nur von Offshoreanlagen bekannt sind", betont Großmann. Sollte sich das Konzept durchsetzen, könnte es - so seine Einschätzung - ein "Gamechanger für die Entwicklung der Erneuerbaren Energien in Deutschland" werden.
Der Standort Schipkau im Süden Brandenburgs ist damit nicht nur Schauplatz eines spektakulären Bauwerks, sondern auch ein Labor für die Zukunft der Energieversorgung. Wenn 2026 die Rotorblätter in 365 Metern Höhe zu drehen beginnen, könnte ein neues Kapitel in der Geschichte der Windkraft aufgeschlagen werden.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke