Auf Donald Trumps Zusagen zu Zöllen kann sich niemand verlassen.  Und da liegt ein Problem: Auf der jüngsten Zoll-Liste sind die geplanten Ausnahmen für Autobauer nicht aufgeführt.

Kaum etwas ändert sich in diesen Tagen so schnell wie die Zollsätze, die US-Präsident Donald Trump gegen einzelne Länder verhängt. So schnell, dass offenbar auch die US-Behörden selbst nicht hinterherkommen. Auch wenn Trump munter Deals in letzter Sekunde verkündet – auf der Website des Weißen Hauses und des US-Handelsministeriums stammt die letzte Zoll-Liste vom 1. August, mit Wirkung zum 7. August um 0.01 Uhr. 

Genau auf diese Liste schauen auch weltweit Unternehmen, die sich mehr auf den geschriebenen Text als auf die Worte Trumps verlassen. Zumindest kurzfristig ergibt sich daraus aber das Problem, dass zahlreiche Ausnahmen und Sonderregelungen noch gar nicht greifen. Das heißt: Viele Zolldrohungen werden zunächst ausgesprochen, aber wohl erst später schriftlich festgehalten.

Ein Beispiel dafür sind europäische Autobauer. Diese unterliegen aktuell und offiziell noch sektoralen Zöllen von 27,5 Prozent, die im Zuge des EU/USA-Deals aber auf 15 Prozent absinken sollten. In der jüngsten Zoll-Liste sind diese Änderungen allerdings noch nicht aufgeführt, und auch die US-Zollbehörde hat auf ihrer Website noch nicht die relevante "Section 232" entsprechend angepasst. "Wir gehen daher weiter davon aus, dass für Automobile und Autoteile die sektoralen Zölle von 27,5 Prozent gelten", sagt eine Sprecherin des Automobilverbands VDA zu Capital. Man aktualisiere die Webseiten der US-Behörden ständig und hoffe auf eine baldige Umsetzung der Einigung – "aber solange müssen wir eben davon ausgehen, dass die höheren Zölle gelten".

Hohe Unsicherheit durch Zölle

Generell ist die Unsicherheit unter Unternehmen und Staaten deshalb extrem hoch. Was, wenn die ausgehandelten Deals nicht in Kraft treten? Wenn Trump sein Wort nicht hält? Laut übereinstimmenden Medienberichten hofft die EU zwar noch in dieser Woche auf eine Umsetzung des Deals. Das Problem sei aber, dass man mit verschiedenen Behörden spreche, die unterschiedliche Vorstellungen hätten und mit zahlreichen weiteren Staaten gleichzeitig verhandelten. Dadurch zieht sich der Prozess in die Länge.

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Immerhin ist aber die wichtigste Einigung in der jüngsten Liste enthalten: Für Einfuhren aus der EU werden seit heute 15 statt der angedrohten 30 Prozent Zölle fällig. Weitere Details fehlen allerdings. In der Auflistung stehen weiterhin auch die angedrohten 39 Prozent Zölle gegen die Schweiz, die das Land eigentlich noch in letzter Sekunde abwenden wollte. Dazu kam es nach einem Treffen der Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter mit US-Außenminister Marco Rubio vorerst nicht.

Auch viele andere Länder müssen wohl zunächst hohe Zölle zahlen. Ein kurzer Überblick:

Indien

Für US-Importe aus Indien werden ab Donnerstag zunächst 25 Prozent Zoll fällig. In drei Wochen verdoppelt sich der Satz laut einem Trump-Dekret vom Mittwoch sogar auf 50 Prozent. Der US-Präsident begründet die sogenannten Sekundärsanktionen mit anhaltenden Käufen russischen Rohöls durch Indien. Er will damit die Einnahmen Russlands aus dem Ölgeschäft treffen, mit der das Land den Angriffskrieg gegen die Ukraine mitfinanziert.

Brasilien

Gegen Brasilien hat Trump ebenfalls Zölle von 50 Prozent verhängt, aber das Land setzt sich zur Wehr. Als erster Staat will Brasilien vor die Welthandelsorganisation (WTO) ziehen, wie es aus Regierungskreisen hieß. Die US-Importzölle gelten bereits seit Mittwoch, Produkte wie Flugzeuge und Orangensaft sind ausgenommen.

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Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva spricht von "Erpressung", denn Trump will eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Brasilien beeinflussen. Dort muss sich der frühere brasilianische Präsident Jair Bolsonaro wegen eines angeblichen Putschversuches nach seiner Abwahl 2022 verantworten. Bolsonaro und Trump sind gute Freunde.

Indonesien und Vietnam

Indonesien hat einen Zollsatz von 19 Prozent akzeptiert, Vietnam von 20 Prozent. Indonesien hat sich laut Trump zudem zum Kauf von 50 Flugzeugen des US-Herstellers Boeing verpflichtet. Zudem soll es 15 Milliarden. Dollar für US-Energielieferungen zahlen und weitere 4,5 Milliarden. Dollar für landwirtschaftliche Produkte.

Kanada

Für Kanada will Trump die Zölle von 25 auf 35 Prozent erhöhen. Allerdings gilt der neue Zollsatz nur für Produkte, die nicht vom nordamerikanischen Freihandelsabkommen USMCA abgedeckt sind. Trump verwies auf Kanadas mangelhafte Kooperation bei der Eindämmung des Drogenschmuggels in die USA. Zuletzt hatte er auch kritisiert, dass Kanada die Anerkennung eines Palästinenserstaats erwägt.

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Mexiko

Mexiko, dem dritten USMCA-Staat, drohte Trump zunächst mit einer Anhebung des Zollsatzes von derzeit 25 auf 30 Prozent. Nach einem Gespräch mit der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum stimmte der US-Präsident am 31. Juli einer Fristverlängerung um 90 Tage zu. Trump macht Mexiko maßgeblich für die Verbreitung des Opioids Fentanyl in den USA verantwortlich.

China und andere Länder

China hat noch keine Einigung mit der Trump-Regierung erzielt, beide Seiten signalisierten den Willen, die Verhandlungen fortzusetzen. Andere Staaten müssen dagegen ab Donnerstag mit deutlich höheren Zöllen rechnen. Am stärksten betroffen ist Syrien mit 41 Prozent, gefolgt von Laos und Myanmar (je 40 Prozent).

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