Gibt es bald die nächste Zinssenkung? Und rückt ein Waffenstillstand in der Ukraine näher? An der Wall Street stützten solche Hoffnungen die Kurse. Der DAX legte ebenfalls leicht zu.
Wenn Konjunkturdaten enttäuschen, muss das nicht immer schlecht für die Börse sein. Die jüngsten schwächeren Daten aus den USA haben jedenfalls die Zinsfantasie an der Wall Street wieder geweckt. Besonders seit den enttäuschenden Arbeitsmarktdaten vom Freitag erwartet wieder eine überwältigende Mehrheit der Marktteilnehmer, dass die Notenbank Fed im September den Leitzins senkt.
Nach einem durchwachsenen Start konnte sich der Dow Jones stabilisieren und ging 0,18 Prozent höher bei 44.193 Punkten aus dem Handel.
Positive Firmenbilanzen hellten die Stimmung ebenfalls auf. "Im Großen und Ganzen waren die Ergebnisse gut genug, um den Markt zu stützen", sagte Ross Mayfield, Investmentstratege bei Baird. Die Technologiewerte waren besonders wegen erfreulicher Neuigkeiten von Apple gefragt. Der Nasdaq 100 gewann 1,29 Prozent auf 23.315 Punkte.
Trump äußert sich zu Indien, China und Russland
Dabei hielten die Investoren wegen möglicher Belastungen durch die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zölle die Luft an. Zuletzt kündigte er zusätzliche Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Waren aus Indien an.
Der US-Präsident erklärte auch, dass die USA kurz vor einem Handelsabkommen mit China stünden und dass er seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping noch vor Ende des Jahres treffen werde, falls eine Einigung erzielt werde.
Aber auch die neuen Verhandlungen zwischen Washington und Moskau werden an den Börsen mit Spannung mitverfolgt. Ein Waffenstillstand in der Ukraine würde an den Märkten gut ankommen, auch wenn ein echter Wille des Kreml zur Beendigung des Krieges nicht erkennbar ist. Laut CNN und New York Times könnte sich Trump bereits nächste Woche mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin treffen.
Entscheidung über Kugler-Nachfolge bei Fed bis Ende der Woche
Die Anlegerinnen und Anleger warten auch auf Trumps Wahl für die Besetzung des frei werdenden Postens im Direktorium der Federal Reserve Bank (Fed). Trump zufolge soll die Entscheidung in den kommenden Tagen fallen. Im Fed-Direktorium wird kurzfristig ein Platz frei, da Direktorin Adriana Kugler ihren Sitz frühzeitig räumt. Regulär wäre ihre Amtszeit im Januar abgelaufen, nun geht sie bereits zum 8. August.
Mit Blick auf die Nachfolge des Fed-Chefs Jerome Powell im Mai 2026 sagte Trump, es gebe vier Kandidaten. Dem Sender CNBC sagte er, er halte seinen derzeitigen Wirtschaftsberater Kevin Hassett und den ehemaligen Fed-Direktor Kevin Warsh für "sehr gute" Kandidaten. Andere Namen nannte er nicht. Trump hat angekündigt, dass er nur einen Nachfolger ernennen wird, der sich für niedrige Zinsen ausspricht.
DAX scheitert an 24.000 Punkten
Am deutschen Aktienmarkt gelang der dritte Plustag nach dem Kurseinbruch zum Monatswechsel. Am Morgen hatten dem DAX nur noch wenige Punkte zur runden Marke von 24.000 Punkten gefehlt. Danach driftete er ins Minus ab, konnte sich aber wieder fangen und ging mit einem Plus von 0,33 Prozent auf 23.924 Punkte aus dem Handel.
Ausnahmsweise dominierten einige Unternehmensdaten das Geschehen. "Die beste Medizin gegen Zollangst sind gute Quartalszahlen", kommentierte Jochen Stanzl, Chefanalyst beim Broker CMC Markets. "Diese erhalten Anleger heute gleich dreifach: Vonovia spricht von einer Trendwende am Immobilienmarkt, Siemens Energy zahlt wieder eine Dividende und bei der Commerzbank läuft es so gut, dass sie gleich ihre Prognose anhebt." Dagegen enttäuschte Beiersdorf mit seinem Zahlenwerk.
Deutsche Industrie mit erneutem Auftragsminus
In der deutschen Industrie sind die Aufträge im Juni wegen der sinkenden Nachfrage aus dem Ausland überraschend den zweiten Monat in Folge gefallen. Das Neugeschäft schrumpfte um 1,0 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im Juni wuchs zwar das Inlandsgeschäft um 2,2 Prozent. Dafür kamen aus dem Ausland 3,0 Prozent weniger Bestellungen an.
"Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die Industrie ihren Boden gefunden hat", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Privatbank, Alexander Krüger. So fällt die Bilanz im gesamten zweiten Quartal positiv aus: Der Auftragseingang lag von April bis Juni um 3,1 Prozent höher als in den ersten drei Monaten des Jahres. Große Sprünge seien aber wegen struktureller Probleme nicht drin, zumal vom Zoll-Deal mit den USA neue Hemmnisse ausgingen, so Krüger.
Euro profitiert von Dollar-Schwäche
Die Spekulationen um die Neubesetzung im Fed-Direktorium setzen auch dem Dollar zu. Dazu kommt die anhaltende Unsicherheit hinsichtlich des Handelskonflikts und der Inflationsentwicklung. Der Euro gewann bis zum Abend 0,67 Prozent auf 1,1656 Dollar.
Ölpreise fallen zurück
Am Rohstoffmarkt fielen die Ölpreise nach zwischenzeitlich starken Gewinnen zurück. Am späten Abend notierte die Rohölsorte Brent aus der Nordsee 1,6 Prozent tiefer bei 66,60 Dollar je Barrel (159 Liter). In den USA sind die Ölreserven in der vergangenen Woche unerwartet gefallen. Die Rohölvorräte sanken um 3,0 Millionen auf 423,7 Millionen Barrel.
Apple wieder gefragt
Im US-Handel stand Apple im Rampenlicht. US-Präsident Trump gab bekannt, dass der Technologiekonzern weitere 100 Milliarden Dollar für die Fertigung in den Vereinigten Staaten investieren will. Apple will so seine Produktion in dem Land steigern und Zölle auf iPhone-Importe vermeiden. Die Apple-Aktie gewann 5,6 Prozent.
Amgen-Aktie verliert trotz besserer Prognose
Die Aktie von Amgen stand dagegen trotz einer erhöhten Prognose unter Druck. Der US-Biotechkonzern hatte nach guten Quartalsdaten seine Jahresziele leicht erhöht. Die Experten der US-Bank Citigroup verwiesen aber auf Unsicherheiten mit Blick auf die Entwicklung der Abnehmpille MariTide. Hier stelle sich besonders die Frage nach der kommerziellen Wettbewerbsfähigkeit.
Siemens Energy mit Rekordauftragsbuch
Die Auftragsbücher des Energietechnikkonzerns Siemens Energy sind weiter prall gefüllt: Im dritten Geschäftsquartal (per Ende Juni) stiegen die Auftragseingänge von 10,4 Milliarden auf 16,6 Milliarden Euro, wie das DAX-Unternehmen mitteilte. Auf vergleichbarer Basis - also ohne Währungs- und Portfolioeffekte - lag das Plus bei knapp 65 Prozent. Dabei verzeichnete die Windkrafttochter Siemens Gamesa dank zweier milliardenschwerer Großaufträge in der Ostsee sprunghafte Zuwächse.
Auch das Geschäft mit Gaskraftwerken profitierte von neuen Aufträgen aus den USA, die rund die Hälfte des gesamten Auftragseingangs von knapp 6,2 Milliarden Euro ausmachten. Insgesamt sitzt Siemens Energy damit auf einem Rekordauftragsbestand von 136 Milliarden Euro.
Vonovia profitiert von steigenden Immobilienpreisen
Steigende Preise für Wohnimmobilien geben dem deutschen Branchenprimus Vonovia Rückenwind. "Bei den Immobilienwerten ist die Talsohle durchschritten", sagte der scheidende Vonovia-Chef Rolf Buch. Im ersten Halbjahr verbuchte der DAX-Konzern deutliche Zuwächse: Der bereinigte Gewinn vor Steuern stieg um 10,9 Prozent auf 984,3 Millionen Euro. Die Mieten legten organisch um 4,4 Prozent zu. Unter dem Strich wies Vonovia einen Gewinn von 811 Millionen Euro aus. Im Vorjahr hatte noch ein Verlust in den Büchern gestanden.
Commerzbank hebt Gewinnprognose leicht an
Nach einem überraschend guten zweiten Quartal schraubt die Commerzbank ihr Gewinnziel für 2025 nach oben. Der Vorstand rechnet nun mit einem Nettoergebnis von rund 2,5 Milliarden Euro und damit 100 Millionen Euro mehr als bisher erwartet. Im zweiten Quartal verdiente die Commerzbank zwar mit 462 Millionen Euro gut 14 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Grund für den Rückgang sind jedoch Einmalkosten für den Abbau Tausender Stellen in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro, die die Bank bis Ende Juni verbuchte. Analystinnen und Analysten hatten einen stärkeren Gewinnrückgang erwartet.
Fresenius schraubt Wachstumsziel für 2025 höher
Fresenius hat seine Umsatzprognose für dieses Jahr angehoben. Der Gesundheitskonzern rechnet für 2025 nun mit einem organischen Umsatzwachstum von fünf bis sieben Prozent. Bislang hatte die Spanne bei vier bis sechs Prozent gelegen. Die Prognose für das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) wurde bei einem währungsbereinigten Wachstum von drei bis sieben Prozent bestätigt. Im zweiten Quartal sank das Ebit um ein Prozent auf 654 Millionen Euro. Der Umsatz stieg um drei Prozent auf 5,57 Milliarden Euro.
Nivea weniger gefragt - Beiersdorf-Aktie im Sinkflug
Die Beiersdorf-Aktie büßte mehr als acht Prozent ein. Der über Jahre erfolgsverwöhnte Konsumgüterhersteller hat im zweiten Quartal Federn gelassen und kappt seine Jahresprognose. Vor allem die Kernmarke Nivea litt unter der Konsumschwäche etwa in Westeuropa, sagte Konzernchef Vincent Warnery. Er sprach von einer enttäuschenden Entwicklung. Der Konzern rechnet nun im Gesamtjahr 2025 mit einem organischen Umsatzwachstum im Geschäft rund um Nivea von drei bis vier (bislang: vier bis sechs) Prozent und im Konzern von etwa drei (ebenfalls vier bis sechs) Prozent.
Kritik an Bayers Finanzkommunikation
Noch stärker, fast zehn Prozent, verlor die Bayer-Aktie. Bei der Vorlage der Halbjahresbilanz kam heraus, dass das überraschend gute bereinigte Quartalsergebnis, das der Leverkusener Pharma- und Agrarkonzern in der vergangenen Woche veröffentlicht hatte, auch von einem Sondereffekt profitierte: dem Verkauf von Fußball-Nationalspieler Florian Wirtz durch die Konzerntochter Bayer 04 Leverkusen an den FC Liverpool. Das sorgte für scharfe Kritik von Investoren. Bei der Zahlenvorlage bekräftigte Bayer-Chef Bill Anderson, die juristischen Risiken aus der Glyphosat-Klagewelle in den USA bis Ende 2026 deutlich senken zu wollen. Derzeit sind noch rund 61.000 Klagen offen.
Schaeffler stärker unter Druck als gedacht
Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler ist im zweiten Quartal deutlicher unter Druck gekommen als befürchtet. Der Umsatz fiel im Jahresvergleich auf vergleichbarer Basis um 5,7 Prozent auf 5,92 Milliarden Euro, wie das SDAX-Unternehmen mitteilte. Vor allem die Geschäfte mit der klassischen Autozulieferung sowie mit Wälz- und Kugellagern belasteten. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern ging um 15,8 Prozent auf 205 Millionen Euro zurück. Unter dem Strich stand ein Nettoverlust von 40 Millionen Euro nach 33 Millionen Euro Gewinn ein Jahr zuvor.
Als potenzielles neues Geschäftsfeld lotet das Unternehmen einen möglichen Einstieg in die Rüstungsbranche aus. "Wir sind dabei, neue Wachstumsfelder aufzubauen - es geht dabei vor allem um Humanoide und Verteidigung. Daran wird intensiv gearbeitet", sagte Schaeffler-Vorstandschef Klaus Rosenfeld.
Freenet meldet leichte Zuwächse
Freenet hat nach leichten Zuwächsen im ersten Halbjahr die Prognose für 2025 bestätigt. In den ersten sechs Monaten zog das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um ein halbes Prozent auf 257,4 Millionen Euro an, teilte der Mobilfunk- und TV-Anbieter nach Börsenschluss mit. Der Umsatz kletterte um knapp ein Prozent auf 1,21 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr soll das operative Ergebnis 520 bis 540 Millionen Euro erreichen. In der ersten Jahreshälfte gewann Freenet 161.000 Kunden hinzu. Davon entfielen 61.000 auf Waipu.tv.
Abnehmmittel-Pionier Novo Nordisk enttäuscht
Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk hat im zweiten Quartal wegen der zunehmenden Konkurrenz für seine Diabetes- und Abnehmmittel Ozempic und Wegovy weniger verdient als gedacht. Der Hersteller wies ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von knapp 33,5 Milliarden dänischen Kronen (umgerechnet rund 4,5 Milliarden Euro) aus. Das Unternehmen hat in seinem wichtigen US-Geschäft mit Problemen zu kämpfen. Dort machen private Hersteller von billigeren Kopien seiner Diät-Kassenschlager - meist sind es Apotheken - dem Konzern das Leben schwer.
ProSiebenSat.1-Spitze für Annahme von Berlusconi-Angebot
Die Führung von ProSiebenSat.1 hat den Widerstand gegen eine Übernahme des Fernsehkonzerns durch die italienische Berlusconi-Holding MFE endgültig aufgegeben. Vorstand und Aufsichtsrat empfehlen den Aktionären nun, die aufgestockte Offerte der Italiener anzunehmen. Das Angebot - gut acht Euro in bar und in A-Aktien von MFE sei "angemessen", hieß es in der Mitteilung. Bisher hatte sich ProSiebenSat.1 hinter die zweite Offerte des tschechischen Großaktionärs PPF gestellt, die aber niedriger ist als das erhöhte MFE-Angebot. Beide Übernahmeangebote laufen noch bis zum 13. August. Bindend für die Aktionäre von ProSiebenSat.1 ist die Empfehlung nicht.
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