Bislang kommt Windenergie vor allem aus dem Norden. Doch Bayern und Baden-Württemberg ziehen langsam nach - dank Zahlungen für Standorte mit wenig Wind. Nun will die Bundesregierung die Regelung prüfen. Droht ein Ende des Ausbaus?
Im Süden Deutschlands hatte es die Windkraft in den vergangenen Jahren nicht leicht. Aber gerade beginnt eine Aufwärtsbewegung, die sich in den nächsten Jahren rapide beschleunigen könnte.
Vor allem in Baden-Württemberg: dort gingen allein im ersten Halbjahr 2025 Anträge für fast 1.300 Windkraftanlagen ein, in Bayern sind inzwischen nach Jahre langer Flaute ebenfalls wieder knapp 200 Windräder in Planung.
Die Landesregierungen der beiden Südländer sind auf Erfolge bei der Windkraft auch dringend angewiesen, wenn sie ihre selbst gesteckten Ziele erreichen wollen: 1.000 neue Windräder bis 2030 in Bayern, eine Steigerung der installierten Windkraftleistung von zwei auf sechs Gigawatt im Südwesten.
Schwarz-Rot stellt Regelung auf den Prüfstand
Doch der Aufschwung für die Windkraft könnte jäh vorbei sein - je nachdem wie Schwarz-Rot im Bund entscheidet. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD stellt nämlich das sogenannte Referenzertragsmodell in Frage.
Dieser Mechanismus ist seit Langem im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) enthalten. Er sorgt bisher dafür, dass Windräder in Gebieten mit niedrigeren Windstärken diesen Standortnachteil teilweise ausgeglichen bekommen, durch eine höhere Einspeisevergütung nach EEG.
Diese Regelung will die schwarz-rote Bundesregierung "überprüfen", steht im Koalitionsvertrag, "auf Kosteneffizienz unter anderem hinsichtlich unwirtschaftlicher Schwachwind-Standorte". Windschwächere Standorte könnten also aussortiert werden.
Windkraftbranche ist verunsichert
In der Windbranche sorgt das für erhebliche Unruhe, so Bernd Wust vom Bundesverband Windenergie (BWE): "Wenn das angefasst oder gestrichen wird, dann kann es wirklich passieren, dass Windenergieanlagen in Bayern wirtschaftlich nicht mehr betrieben werden können."
Auch die Energieministerin von Baden-Württemberg, Thekla Walker (Bündnis 90/Die Grünen), registriert, dass schon allein die Ankündigung einer Überprüfung Investoren verunsichert. "Sie fragen sich: Werden die Standorte, die wir jetzt planen, künftig noch wirtschaftlich sein? Dieses Damoklesschwert über der Windbranche im Süden sollte der Bund schnellstmöglich einmotten."
Ministerin Reiche findet Ausbauziele überzogen
Ob die Bundesregierung tatsächlich die Bedingungen für Windkraft ändern will und auf welche Weise, steht laut einem Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums noch nicht fest.
"Ende des Sommers" soll das Ergebnis einer Monitoring-Studie zur Energiewende vorliegen. Das sei dann die Grundlage, um einen etwaigen Änderungsbedarf zu prüfen.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hat jedoch bereits öffentlich gesagt, dass die bestehenden Ziele für den Ausbau Erneuerbarer Energien aus ihrer Sicht "völlig unrealistisch" und "überzogen" seien.
SPD: Konzentration im Norden macht Windkraft nicht billiger
Die SPD-Energieexpertin im Bundestag, Nina Scheer, kritisiert, die Aufgabenstellung der von CDU-Ministerin Reiche in Auftrag gegebenen Monitoring-Studie sei teilweise nicht mit dem Koalitionsvertrag vereinbar.
Scheer geht davon aus, dass eine Abschaffung des Referenzertragsmodells nicht zur Debatte stehen kann. Denn: "Die Koalition hat sich mit dem Koalitionsvertrag darauf verständigt, alle Potenziale der Erneuerbaren Energien nutzen zu wollen." Wenn man Schwachwindstandorte aussortiere, könne man nur scheinbar Kosten einsparen, so Scheer.
Windstrom im Süden ist wertvoller
Das Ziel des Modells, das jetzt infrage steht, ist, Windkraft möglichst gleichmäßig in der Republik verteilen. Denn an der Küste liefern Windräder die Energie zwar billiger, aber Stromerzeugung nahe an den großen Abnehmern macht die Stromversorgung strukturell stabiler. Und es spart auch Leitungen und damit Geld beim Netzausbau.
Windstrom im Süden ist daher tatsächlich wertvoller als im Norden, auch wenn das wegen der einheitlichen Strompreiszone für Deutschland nicht im Börsenpreis abgebildet wird.
CSU will keine Überförderung
Aus der Union kommen andere Töne als von der SPD. Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Lenz (CSU), hält es für zielführend, ein 20 Jahre altes Modell daraufhin zu überprüfen, ob es noch wirtschaftlich sei: "Es soll nicht zu einer Überförderung führen, sondern in der Konsequenz dann auch zu einer Bündelung der Windkraftaktivitäten."
Klar sei aber auch: "Wenn man die Windkraft im Süden der Republik nicht stärker fördert als im Norden, dann wird es im Süden einfach keine Windräder geben."
Das Ziel von 1.000 neuen Windrädern in Bayern verfolge die CSU jedenfalls weiter. Auch die Klimaschutzziele für Deutschland insgesamt sollen laut Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot nicht angetastet werden.
Eine zweite Klausel im schwarz-roten Koalitionsvertrag könnte die Windkraft allerdings ebenfalls ausbremsen: Auch das Ziel, bis 2032 bundesweit zwei Prozent der Fläche als Windenergiegebiet auszuweisen, soll "überprüft" werden.
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