Mit gerade einmal neun Jahren bekommen deutsche Kinder ihr erstes eigenes Smartphone, nutzen dürfen sie ein solches Gerät aber schon zwei Jahre früher. Das geht aus einer repräsentativen Studie des Digitalverbandes Bitkom unter Eltern von Kindern zwischen sechs und 18 Jahren hervor.
Andere Medien dürfen Kinder schon deutlich früher nutzen. Ein Smart TV bereits mit vier Jahren, ein Computer mit sieben Jahren und ein Tablet im Durchschnitt mit acht Jahren. Mit neun Jahren beginnen Kinder in Deutschland auf Spielkonsolen zu spielen und mit elf Jahren dürfen sie eine Smartwatch nutzen.
Vor allem aber das Smartphone ist in der Kindheit nicht mehr wegzudenken. 99 Prozent der befragten Eltern geben an, dass es ihnen wichtig ist, ihr Kind über das Smartphone erreichen zu können. Sicherheit und ständige Erreichbarkeit scheinen wichtige Treiber für die frühe Smartphone-Vergabe zu sein.
„Smartphones, Spielkonsolen und soziale Netzwerke sind aus dem Leben der meisten Kinder und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „Gerade in jungen Jahren brauchen sie Schutzräume in der digitalen Welt, klare Regeln und eine aufmerksame Begleitung durch Eltern und Schulen.“
Die Kontrolle durch die Eltern nimmt mit dem Alter schnell ab. Während bei den Sechs- bis Neunjährigen noch 94 Prozent der Eltern klare Regeln und Einschränkungen für die Smartphone-Nutzung aufstellen, sinkt diese Quote bei den 13- bis 15-Jährigen auf nur noch 40 Prozent. Neun von zehn Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren dürfen uneingeschränkt auf das Smartphone zugreifen.
Bei rund 90 Prozent der Kinder bis zwölf Jahren legen die Eltern Zeitlimits und Jugendschutzfunktionen oder altersgerechte Einstellungen fest. „Ab 16 klinken sich die meisten Eltern aus“, fasst die Studie die weitere Entwicklung zusammen. Jugendschutzfunktionen werden dann nur noch bei jedem zehnten Teenager aktiviert.
So ganz scheint das mit den Regeln aber nicht zu klappen. Fast die Hälfte der Eltern gibt an, dass ihre Kinder das Smartphone oft länger als vereinbart nutzen.
Bei sozialen Netzwerken wie Instagram, TikTok oder Snapchat zeigen sich Eltern deutlich vorsichtiger. Während 77 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen noch gar keinen Zugang zu Social Media haben, ändert sich dies ab dem 13. Lebensjahr drastisch, wenn es nur noch drei Prozent der Jugendlichen verboten ist.
Große Sorgen, gemischte Gefühle
Selbst bei eigenem Profil behalten viele Eltern die Kontrolle. 68 Prozent folgen ihrem Kind in sozialen Netzwerken, 45 Prozent kennen sogar die Passwörter und haben direkten Zugriff. Dennoch ändern fast die Hälfte der Eltern niemals aktiv etwas an den Privatsphäre-Einstellungen.
Acht von zehn Eltern fürchten, dass ihr Kind in sozialen Netzwerken gemobbt werden könnte. Die Angst ist nicht unbegründet: Mehr als die Hälfte der Kinder wurde der Studie zufolge bereits Opfer von Cybermobbing, 54 Prozent haben verstörende Inhalte gesehen, und jedes dritte Kind wurde von fremden Erwachsenen angesprochen.
Trotz dieser Risiken sehen Eltern auch Vorteile für ihre Kinder. 78 Prozent schätzen den Austausch mit Freunden, den soziale Medien ermöglichen. Mehr als die Hälfte sieht Potenzial beim Teilen kreativer Inhalte und beim Vertiefen von Interessen.
Die digitale Erziehung ist voller Widersprüche: 38 Prozent der Eltern wünschen sich, ihr Kind würde ohne Internet aufwachsen. Gleichzeitig nutzt die Hälfte der Eltern digitale Medien bewusst als „Babysitter“, um selbst Zeit für andere Aufgaben zu haben.
Fast ein Viertel der Eltern fühlt sich nach eigenen Angaben bei der digitalen Erziehung unsicher oder überfordert. Gut 40 Prozent geben an, dass es ihnen schwerfällt, mit den vielen neuen Geräten und Anwendungen Schritt zu halten. Gleichzeitig informieren sich nur etwas mehr als 40 Prozent gezielt, um ihr Kind in der digitalen Welt besser unterstützen zu können.
„Medienbegleitung endet nicht mit dem ersten eigenen Profil. Gerade dann braucht es aktives Nachfragen und im Bedarfsfall Rat und Unterstützung – in allen Altersklassen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Rohleder.
Die Studie zeigt auch: 79 Prozent der Eltern fordern, dass Medien- und Digitalkompetenz stärker in den Schullehrplänen verankert wird. Bei der Frage nach gesetzlichen Altersgrenzen für soziale Netzwerke plädiert die Mehrheit für 14 Jahre als Mindestnutzungsalter.
Der Digitalverband Bitkom empfiehlt Eltern eine altersgerechte Herangehensweise: Bis acht Jahre aktive Begleitung, zwischen sechs und zwölf Jahren kontrolliertes Loslassen und bei älteren Kindern kompetente Unterstützung bei der Entwicklung einer eigenverantwortlichen Internetkompetenz.
„Digitalkompetenz ist heute genauso wichtig wie Lesen und Schreiben“, sagt Rohleder. Eltern spielten hier eine zentrale Rolle. „Weil aber bei weitem nicht alle Kinder zu Hause die nötige Unterstützung erhalten, braucht es die Schulen. Medien- und Digitalkompetenzen gehören auf den Stundenplan.“
Thomas Heuzeroth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verbraucher- und Technologiethemen, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation.
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