Nach dem Zoll-Deal mit den USA wächst die Kritik: Die EU habe zu nachgiebig verhandelt, sagen Politik und Industrie. Auch Wirtschaftsministerin Reiche spricht von schwierigen Verhandlungen und einem Warnschuss für die EU.

Die EU hat im Handelsstreit mit den USA laut Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche aus einer Position der Schwäche verhandelt. Das müsse sich ändern, sagte die CDU-Politikerin bei einem Besuch im Hamburger Hafen. Europa müsse wettbewerbsfähiger werden und eine Wirtschaftsmacht sein - nicht zu einer "Regulierungsmacht" mutieren. Das Ergebnis der Zollverhandlungen sei ein Warnschuss Richtung EU, so Reiche.

Aus vielen EU-Ländern war dazu Kritik gekommen, zum Teil auch am Verhandlungsstil der EU-Kommission. Diese hatte die Zugeständnisse an die USA damit gerechtfertigt, einen Handelskrieg vermeiden zu wollen und so Arbeitsplätze zu sichern.

Zölle sind "enorme Belastung"

Die neuen US-Zölle in Höhe von 15 Prozent, die zwischen der EU und den USA ab August vereinbart wurden, seien eine enorme Belastung, die auch die deutschen Häfen spürten. Man müsse darauf vertrauen, dass die amerikanische Seite die im Rahmenprogramm gemachten Zusagen einhalte. "Wir werden sie daran messen", so Reiche.

Auch Bundeskanzler Merz pessimistisch

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte sich bereits am Montag pessimistisch zum Ergebnis der Verhandlungen geäußert. "Die deutsche Wirtschaft wird erheblichen Schaden nehmen durch diese Zölle", sagte Merz nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts in Berlin.

Die Auswirkungen blieben jedoch nicht auf Deutschland und Europa begrenzt. "Wir werden auch in Amerika die Folgen dieser Handelspolitik sehen", so Merz. Es werde nicht nur eine höhere Inflationsrate geben, sondern auch eine Beeinträchtigung des transatlantischen Handels insgesamt, sagte der Kanzler. "Diese Zölle sind auch nach meiner festen Überzeugung nicht im Interesse der Vereinigten Staaten von Amerika." Das werde die Zeit zeigen.

"Mehr war offensichtlich nicht zu erreichen"

"Ich bin mit diesem Ergebnis nicht zufrieden im Sinne von 'das ist jetzt gut so'", betonte Merz. Aber: "Mehr war offensichtlich nicht zu erreichen." Merz dankte ausdrücklich der EU-Kommission für ihre unermüdlichen Verhandlungen mit der US-Regierung. "Ich persönlich habe nicht mehr erwartet als dieses Ergebnis."

Kritik am Ergebnis der Zollverhandlungen kam von mehreren Verbänden. Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Tanja Gönner, kritisierte den Deal scharf. "Letzten Endes ist das insgesamt für uns ein Schlag - für die exportorientierte deutsche Wirtschaft und für Europa insgesamt", sagte Gönner in einem Podcast des Nachrichtenportals Politico.

BDI: "Wenig erfreulich"

Auch für die USA sieht sie langfristig keinen Gewinn: "Am Ende wird sich das auch bei den amerikanischen Verbrauchern in Preisen niederschlagen", betonte die BDI-Chefin.

Ein Nachverhandeln mit US-Präsident Donald Trump hält Gönner für kaum möglich. Wichtig sei nun, Planungssicherheit zu schaffen und weitere Zölle zu verhindern: "Für uns ist es sehr wichtig, dass Pharma und Chips damit abgedeckt sind und nicht noch weitere Zölle kommen - da waren deutlich höhere angekündigt." Positiv bewertet sie, dass Europa in der Krise zusammengehalten habe. Eine Eskalation sei vermieden worden - aus ihrer Sicht ein "wichtiger Schritt".

Chemieverband: Politik muss dringend gegensteuern

Der Chemieverband VCI warnte vor den Folgen des neuen Handelsabkommens. Zwar habe der Deal eine weitere Eskalation des Handelsstreits verhindert, die vereinbarten Zölle auf Chemikalien und Pharmazeutika bedeuteten jedoch einen deutlichen Wettbewerbsnachteil, erklärte der Verband.

Die höheren Abgaben verteuerten europäische Exporte spürbar und träfen die Branche in einer ohnehin angespannten Lage. "Das Abkommen mit den USA zeigt: Augenhöhe war früher", erklärte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. Die Politik müsse nun dringend gegensteuern - etwa mit Entlastungen bei Energiepreisen, Bürokratie und Steuern.

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