Israel und die USA wollten die Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen unabhängig von den Vereinten Nationen organisieren, mittels der privaten Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF). Der Versuch ist gescheitert: Fast täglich werden Hilfesuchende bei Abgabestellen getötet. Auslandredaktorin Anna Trechsel zum aktuellen Stand, nachdem seit Sonntag UNO-Konvois teilweise wieder zugelassen werden.
Hat sich die Versorgungslage etwas entspannt?
Laut israelischen Angaben trafen am Montag 180 Lastwagen mit Hilfsgütern in Gaza ein, am Vortag waren es 120. Zudem warfen israelische und jordanische Flugzeuge Paletten ab. Doch angesichts der grossen Not ist das vorerst nur «ein Tropfen im Ozean», wie UNO-Nothilfekoordinator Tom Fletcher sagte. Um die Lage nachhaltig zu lindern, brauche es eine kontinuierliche Versorgung. Eine grosse Schwierigkeit ist es, Hilfsgüter zur Verteilung in die Warenlager zu transportieren: Denn die Menschen sind so verzweifelt und hungrig, dass sie die Lastwagen plündern. Deshalb erhalten nicht alle Hungernden Esswaren.
Was ist über die Gewalt bei den GHF-Zentren bekannt?
Laut UNO sind in den vergangenen zwei Monaten über 1000 Menschen ums Leben gekommen, die versuchten, Lebensmittel zu ergattern. Die meisten wurden in der Nähe der 4 Verteilzentren getötet, welche die GHF im Gazastreifen betreibt. 3 dieser Stationen befinden sich im Süden, eine im Zentrum. Zum Vergleich: Die UNO organisiert Hilfslieferungen für 400 Lokalitäten, die über den ganzen Gazastreifen verteilt sind.
Wieso gibt es bei der GHF so viele gewaltsame Vorfälle?
Die Verteilzentren befinden sich in Militärzonen, in denen die israelische Armee präsent ist. Die Hilfesuchenden müssen teilweise mehrere Stunden zu Fuss gehen, um ein Verteilzentrum zu erreichen. Doch wann diese Zentren geöffnet sind, wird nicht immer klar kommuniziert. Oft sind die GHF-Stationen weniger als eine halbe Stunde geöffnet – es gibt also einen Run auf die Essenspakete. Die Situation ist oft chaotisch. Es sind verschiedene Fälle bekannt, in denen Zivilisten zu früh bei den Verteilzentren erschienen. In der Folge schossen in der Nähe stationierte israelische Soldaten oder auch Wachleute der GHF in die Menschenmenge.
Sind die Informationen gesichert?
Medien haben zwar keinen Zugang zu den GHF-Verteilzentren, doch es gibt gut abgestützte Informationen. Reporter der israelischen Tageszeitung «Haaretz» befragten israelische Offiziere und Soldaten. Diese hatten nach eigenen Angaben den Befehl, auf unbewaffnete Zivilisten bei den GHF-Verteilzentren zu schiessen, um sie zu vertreiben oder zu zerstreuen. Die Agentur AP und die BBC sprachen mit ehemaligen US-Wachmännern der GHF. Auch sie berichteten, dass israelische Soldaten und GHF-Angestellte scharfe Munition und Tränengas einsetzten. Viele der GHF-Sicherheitsleute verhielten sich unangemessen und unprofessionell, berichteten die Befragten. Einen Überblick über das GHF-Verteilsystem erstellte die Forschungsgruppe Forensic Architecture des Londoner Goldsmith College. Dieses analysierte Satellitenaufnahmen, Aufnahmen von GHF-Sicherheitskameras und Videos von Augenzeugen.
Wie reagieren Israel und die GHF?
Die israelische Armee (IDF) bestreitet, dass Soldaten die Anweisung hätten, auf zivile Hilfesuchende zu schiessen. Das verböten die IDF-Richtlinien. Warnschüsse würden aber abgegeben. Mehrere Vorfälle würden untersucht. Die GHF bezeichnete die Aussagen früherer Angestellter als falsch.
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