Die Verbraucherzentralen warnen vor "Skimpflation". Hierbei reduzieren Hersteller von Lebensmitteln den Anteil hochwertiger Zutaten. Ist auch Ihr Lieblingsprodukt dabei?

Im Supermarkt ist es oft schwierig zu erkennen, wenn sich die Zusammensetzung des eigenen Lieblingsmüslis unerwartet ändert. Die Verbraucherzentrale Hamburg sieht darin einen Trick, um Kunden zu täuschen. Einige Hersteller ersetzen teurere Zutaten wie Fleisch, Butter oder Haselnüsse durch günstigere Alternativen wie Wasser oder Aromen, kritisiert der Verband. Dieses Phänomen wird als "Skimpflation" bezeichnet.

"Verbraucherinnen und Verbraucher kaufen scheinbar das gleiche Produkt, erhalten aber weniger Qualität fürs Geld", erklärt Armin Valet, Lebensmittel-Experte bei der Verbraucherzentrale. Solange die geänderte Zusammensetzung korrekt auf der Verpackung angegeben wird, ist diese Praxis legal. "Für Hersteller ist dies interessant, wenn Rohstoffe teurer werden." Der Verkaufspreis bleibt dabei meist unverändert.

In dieser Woche hat die Verbraucherzentrale eine aktualisierte Liste mit betroffenen Produkten veröffentlicht. Darunter befindet sich auch die "Lieblings Nuss-Nougat-Creme" von Netto, bei der der Haselnussanteil von 20 auf 13 Prozent gefallen ist. Eine Anfrage an die Discounterkette Netto blieb zunächst unbeantwortet.

Sieht nur aus wie 100 Gramm: Milka macht Schoki kleiner und teurer

Milka "Alpenmilch" Eine Tafel Milka-Schokolade hat 100 Gramm? Das war einmal. Hersteller Mondelez hat Standardsorten wie Alpenmilch, Noisette, Weiße Schokolade oder Haselnuss auf 90 Gramm geschrumpft. Trotzdem kosten die Tafeln im Laden jetzt 1,99 Euro statt bisher 1,49 Euro. Die Schokolade ist damit fast die Hälfte teurer, nämlich um 48 Prozent, rechnet die Verbraucherzentrale Hamburg vor. Besonders ärgerlich: Die Verkleinerung der Tafeln fällt auf den ersten Blick kaum auf, da die Tafel weder kürzer noch schmaler geworden ist, sondern einfach nur einen Millimeter dünner. Mondelez meint in einer Stellungnahme, die Gewichtsangabe in der Ecke rechts unten sei hinreichend transparent. Die Preiserhöhung begründet der Hersteller mit höheren Herstellungskosten. (Februar 2025) © Verbraucherzentrale Hamburg
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Für den Ketchup der Kaufland-Eigenmarke KClassic wird statt ehemals 73 Prozent doppelt konzentriertem Tomatenmark nun 72 Prozent einfach konzentriertes verwendet. Rezepturen würden regelmäßig angepasst, zu Jahresbeginn habe der Lieferant gewechselt, erklärte die Handelskette. Sensorische Tests hätten bestätigt, dass das Produkt den Erwartungen der Kunden entspreche.

Auf ihrer Website hat die Verbraucherzentrale eine vollständige Liste, der 40 auffälligen Produkte veröffentlicht. Hier eine Auswahl:

  • ja! Bolognese mit Hackfleisch: Früher waren hier 20,7 Prozent Rindfleisch drin, jetzt sind es nur noch 16 Prozent. Der Hersteller behauptet, das habe die Sensorik verbessert.
  • Knorr Feinschmecker Zitronen Butter Sauce: Bei diesem Produkt wurde der Anteil an Butter von 25 Prozent auf 10 Prozent reduziert. Dies sei eine einfache "Rezepturanpassung", begründet Knorr.
  • KClassic (Kaufland) Tomatenketchup: Beim Ketchup der Eigenmarke tauschte man doppelt konzentriertes Tomatenmark mit einfach konzentriertem Tomatenmark. Die Begründung: ein Lieferantenwechsel.
  • Milkana cremig leicht: Bei diesem Schmelzkäse-Produkt wurde der Anteil der Grundzutat verringert. Waren bei der alten Variante noch 65 Prozent Käse enthalten, sind es jetzt nur noch 42 Prozent. Optimierung der Zutaten und Sensorik seien die Gründe, sagt der Hersteller.
  • Jacobs 3 in 1: Diese Instantkaffee-Sticks enthalten in der neuen Variante nur noch 1,2 Gramm löslichen Bohnenkaffee, davor waren es 1,44 Gramm. Jacobs sagt, man habe das Produkt im Zuge des "Health & Indulgence Programme" optimiert.
  • K-Bio Schoko-Knusper-Müsli: Beim Produkt der Eigenmarke von Kaufland ist weniger Schokolade drin, vorher 15,5 Prozent, jetzt nur noch 12 Prozent. Dafür ist der Anteil an Vollkornflocken gestiegen. Grund laut Hersteller: Wettbewerbsfähigkeit und bestmöglicher Geschmack.
  • Poté Rindergulasch: Hier sank der Anteil an der Grundzutat Rindfleisch um ein Viertel auf 31 Prozent. Man habe das Geschmackserlebnis verbessern wollen und sei Kundenvorlieben nachgekommen, sagt der Hersteller.
  • Penny und Ja! Getränkesirup Orange: Bei diesem Sirup aus dem Discounter wurde besonders massiv an den Zutaten gespart. Lag der Fruchtgehalt ehemals bei 60 Prozent, liegt er nun nur noch bei 28 Prozent. 

Branchenverband verteidigt Hersteller

Ein weiteres Beispiel ist die "Feinschmecker Zitronen Butter Sauce" von Knorr. Darin wurde der Butter-Anteil von 25 auf 10 Prozent reduziert. Verbraucher sollen nun selbst fünf Gramm Butter hinzufügen. Der Lebensmittelkonzern Unilever reagierte nicht auf eine Anfrage der dpa.

Der Schmelzkäse "Milkana cremig leicht" wurde ebenfalls in die Liste aufgenommen. Hier sank der Käse-Anteil von 65 auf 42 Prozent. Nach Angaben des Herstellers Savencia soll die Änderung die Qualität verbessert haben. Zwar sei weniger Käse enthalten, dafür nun aber auch Butter. Der Fettanteil sei höher als vorher. Auf der Verpackung steht laut einer Sprecherin "Jetzt noch leckerer".

Der Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbandes Deutschland, Christoph Minhoff, weist die Vorwürfe zurück. Was als Skimpflation anprangert werde, sei "eine notwendige Reaktion", etwa auf stark gestiegene Rohstoffpreise, gestörte Lieferketten, neue gesetzliche Vorgaben oder auch freiwillige Selbstverpflichtungen wie die Reduzierung von Zucker, Fett und Salz.

Verbraucherzentrale: Angaben wie "Neue Rezeptur" führen in die Irre

Die Liste der Verbraucherzentrale Hamburg umfasst rund 40 Fälle. Laut Valet dürfte die tatsächliche Zahl deutlich höher sein. Er ruft Kunden auf, betroffene Produkte zu melden. Hinweise wie "Neue Rezeptur" oder "Verbesserte Rezeptur" seien irreführend und Grund genug, skeptisch zu werden. Das Problem: Nur wer die alte und neue Zutatenliste vergleicht, bemerkt Unterschiede. "Aber kein Mensch hebt alte Produkte auf oder kennt deren Rezepturen", so Valet.

Die Verbraucherschützer fordern eine klare und verpflichtende Kennzeichnung von Rezepturänderungen. Laut Valet komme es vor, dass gleichzeitig auch Packungsgrößen schrumpfen, oft bei gleichem Preis. Das nennt sich "Shrinkflation" – und wird von Herstellern selten offengelegt.

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Der Müsliproduzent Kölln wählte einen anderen Weg. Das Unternehmen kündigte kürzlich an, die Füllmenge von Schoko-Müslis zu reduzieren – bei gleichbleibendem Preis. Begründet wurde dies unter anderem mit dem stark gestiegenen Kakaopreis. Die Verpackungen sollen entsprechend gekennzeichnet werden.

DPA lpb

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