Für Wissenschaftler in den USA sind es schwierige Zeiten. Die Regierung unter Donald Trump hat die Wissenschaftsfreiheit im Land massiv unter Druck gesetzt. Renommierten Instituten wurden die Forschungsgelder gestrichen, mit der US-Eliteuni Harvard befindet sich Trump im offenen Schlagabtausch. Studentinnen und Studenten mussten ihre Auslandsaufenthalte absagen. Viele Wissenschaftler denken darüber nach, die USA zu verlassen.
Passend dazu erschien auf der Website der "New York Times" – der renommiertesten Zeitung der Welt – eine Anzeige: "Danke Amerika", stand dort in blauer Schrift. Daneben, in roten Buchstaben: "Wir sind dankbar für die Freiheit, die Ihr Land uns geschenkt hat. Dürfen wir im Gegenzug etwas davon zurückgeben? Berlin ist die Stadt der Freiheit, der Interdisziplinarität und der Vielfalt in Wissenschaft und Kultur. 40 Universitäten, 70 Forschungsinstitute und über 200.000 Studierende streben nach Spitzenleistungen. Schließen Sie sich uns an." Gemeinsam ergibt der Text eine amerikanische Flagge.

Hintergrund ist eine Initiative der Berliner Stadtmarketing-Agentur "Berlin Partner". Diese hatten die Anzeige entworfen und in der "New York Times" geschaltet, um gezielt US-Wissenschaftler anzusprechen. "Bei der Motiventwicklung haben wir uns gefragt: Welche Themen wollen wir dieses Jahr mitnehmen?", sagt Carl-Philipp Wackernagel, Abteilungsleiter Kampagnen bei Berlin Partner. "Und dann ist die Wahl relativ schnell auf das Thema ,Freiheit' gefallen."
Starker Anstieg an Zugriffen aus den USA
Es ist nicht die erste derartige Kampagne der Berliner. Bereits seit Jahren wirbt die Hauptstadt unter den Titeln "Talent Berlin" und "Brain City Berlin" um Fachkräfte und Wissenschaftler aus dem Ausland. Für die derzeitige Kampagne habe man die "New York Times" gewählt, sagt Wackernagel, weil sie eine sehr breite Leserschaft erreiche. Dazu gehörten insbesondere Fachkräfte und Wissenschaftler. Rund 10.000 Euro soll das Schalten der Anzeige gekostet haben, für den kreativen Prozess dahinter habe man einen niedrigen vierstelligen Betrag in die Hand genommen.

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Die direkte Ansprache der Anzeige scheint sich auszuzahlen. "Wir sehen in den Zahlen bereits einen Anstieg an Zugriffen aus den USA", sagt Wackernagel. Für absolute Zahlen sei es noch zu früh. Bereits jetzt aber denkt "Berlin Partner" darüber nach, die Anzeige über den Juni hinaus zu verlängern.
Nicht nur Berlin buhlt um US-Wissenschaftler
Mit den andauernden Angriffen des US-Präsidenten auf die Wissenschaftsfreiheit in den USA soll die Anzeige aber nichts zu tun haben, sagt Wackernagel. Die Kampagne sei von langer Hand geplant worden, die Agentur selbst unpolitisch. Es sei nicht das Ziel, die von Trump gefrusteten US-Wissenschaftler abzuwerben. "Berlin ist die Stadt der Freiheit. Diesen Markenkern wollen wir vertreten", sagt Wackernagel. "Wenn aus den USA dann jemanden kommen will, freuen wir uns – es geht aber nicht um aktive Abwerbung."

Nur noch US-Studenten Trumps neue Attacke gegen Harvard bricht mir das Herz
Auch andere Bundesländer buhlen um US-Wissenschaftler und Studenten. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schlug in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv (gehören wie Capital zu RTL Deutschland) vor, einen Exilcampus für Harvard in Bayern einzurichten. "Ich kann auch wirklich nur sagen: Bitte alles nach Deutschland, gerne auch nach Bayern", sagte Söder. Seine Parteikollegin und neue Bundesforschungsministerin Dorothee Bär sprach im "Handelsblatt" von einem "Rundum-sorglos-Paket", das man US-Forschern im Idealfall bieten wolle.
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