Der Radgigant rückt die Verhältnisse wieder zurecht - und wie: Superstar Tadej Pogacar fährt beim Flèche Wallonne die Konkurrenz in Grund und Boden. Die Hoffnungen der Rivalen auf eine Schwächephase des 26-Jährigen platzen spektakulär.
Tadej Pogacar lächelte im bitterkalten belgischen Regenwetter diebisch unter der dicken Wollmütze hervor. Der vagen Rivalen-Hoffnung, der Radsport-Superstar sei nach zuletzt zwei verpassten Siegen doch ein ganz irdisches Wesen, hatte Pogacar soeben den Triumph beim Flèche Wallone in außerirdischer Manier entgegengesetzt. Das gewaltige "Hui!" an der Mauer von Huy zeigte: Einen wie den Slowenen hat es im Radsport selten bis nie gegeben - schon vor dem Schlusspunkt bei Lüttich-Bastogne-Lüttich am Sonntag blickt "Pogi" auf ein sagenhaftes Klassiker-Frühjahr zurück.
"Es fühlt großartig an", sagte Pogacar nach seinem Sieg beim verregneten zweiten Teil der Ardennen-Trilogie mit seinem berühmt-berüchtigten Bergauf-Finale: "Ich habe als Erster angegriffen - und keiner konnte folgen." Großartig fühlte sich das freilich nur für den 26-Jährigen an, der drei Tage nach der für seine Verhältnisse "krachenden" Niederlage beim Amstel Gold Race - Platz zwei im Sprint hauchdünn hinter dem Dänen Mattias Skelmose - in furchteinflößender Dominanz auftrat. "Da war nicht einer ansatzweise auf seinem Niveau", sagte fünftplatzierte Ire Ben Healy kopfschüttelnd und stellvertretend für die düpierte Konkurrenz.
"Arrivederci e grazie"
Das Finale am Mittwoch war ein klassisches Pogacar-Komprimat, seine ganze brutale Stärke auf wenige Minuten zusammengepresst. Kurz vor dem schwersten Abschnitt der nur 1,3 Kilometer langen, aber bis zu 20 Prozent steilen "Mur", blickte sich Pogacar seelenruhig in Richtung Olympiasieger Remco Evenepoel um. Die Szene weckte Erinnerungen. Sein Blick war nicht ganz so unheilvoll, aber ebenso eindrücklich wie Lance Armstrong 2001 auf dem Tour-Weg nach Alpe d'Huez Richtung Jan Ullrich.
Dann fuhr Pogacar weg, ging nicht einmal aus dem Sattel, ließ die "Verfolger" zurück, als seien diese auf Hollandrädern unterwegs. "Arrivederci e grazie", kommentierte der italienische TV-Kommentator, "danke und tschüss". Nach nur wenigen Hundert Metern Druck auf der Pedale war Pogacar fernab von allen, fuhr kontrolliert ins Ziel. Zehn Sekunden betrug sein Vorsprung - der größte in Huy seit Igor Astarloa 2003, damals allerdings Ausreißer-Sieger.
"... dann war dann niemand mehr am Hinterrad"
"Ich habe ein wenig beschleunigt. Dann war dann niemand mehr am Hinterrad", sagte Pogacar, als hätte er ein paar lästige Fliegen abgeschüttelt - und keine Olympiasieger wie Remco Evenepoel und Tom Pidcock. Dabei hatte die Gegnerschaft gehofft, dass der Abstand zum Dominator geschrumpft sei. "Die wirkliche Nachricht ist, dass Pogacar heute nicht gewonnen hat", frohlockte der Belgier Wout van Aert am Sonntag, nachdem Pogacar beim Amstel wie bei Paris-Roubaix Zweiter geworden war. Jedoch: Das ist nicht der neue Standard, das zeigte der Flèche.
Im Gesamtpaket steht Pogacar, der in diesem Frühjahr bei sechs Klassikern dreimal siegte und stets unter den Top 3 landete, derzeit vielmehr eine Stufe über allen anderen. Am Sonntag bei Lüttich-Bastogne-Lüttich will er dies noch einmal beweisen. "Ich glaube, dass wir wieder Großes erreichen können", sagt Pogacar, Vorjahressieger der "Doyenne". Und danach war es das erstmal wieder mit dem "Nebengeschäft" - die ganze Konzentration gilt dann dem großen Tour-Duell mit Jonas Vingegaard.
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