Vor fünfzehn Jahren liefern sich der FC Bayern München und der FC Schalke 04 ein überraschendes, weil unerwartetes Rennen um die deutsche Meisterschaft. Zwei Spieltage vor Schluss sind beide Teams plötzlich punktgleich - doch dann folgt das gewohnte Schalker Titel-Drama.

"Ich denke, dass die Bayern noch stolpern. Sie werden die drei Spiele nicht gewinnen", war sich Schalkes Trainer Felix Magath im April 2010 sicher - und sollte recht behalten. Dass der FC Schalke 04 allerdings dennoch vor fünfzehn Jahren nicht deutscher Fußball-Meister wurde, obwohl die Aussichten vor dem 32. Spieltag alles andere als schlecht waren, lag schlussendlich an ihnen selbst. Bis dahin hatten die Königsblauen eine überraschend starke Saison gespielt. Und Stürmer Kevin Kuranyi war sich sicher: "Wie 2007 werden wir diese Saison nicht leiden. Das Leid erträgt dieses Jahr keiner mehr!"

Die Aussage hatte der Nationalspieler nach dem 29. Spieltag getätigt - in einem Moment, als sie auf Schalke schon dachten, dass alles vorbei sei. Der Traum von der Meisterschaft, einfach so zerplatzt. Wieder einmal! Denn nachdem man sich an die Bayern über Wochen immer näher herangerobbt hatte, hatte man Anfang April die einmalige Gelegenheit zu Hause den Rekordmeister in der Tabelle zu überholen.

Verständlicherweise war die Enttäuschung dann nach einer 1:2-Niederlage in der Arena umso größer. Ganz Schalke fühlte sich an das Jahr 2007 zurückerinnert, als man kurz vor Ende der Saison trotz einer 1:0-Führung in Bochum schlussendlich mit einer Niederlage im Gepäck die wenigen Kilometer zurück nach Gelsenkirchen fuhr - und wenige Wochen danach in Dortmund endgültig alles verspielte.

"Haben nichts zu verlieren"

Doch was man nach der Enttäuschung gegen die Bayern auf Schalke noch nicht ahnte: Es sollte noch einmal eine weitere Chance geben, den Traum vom Titel endlich wieder nach 1958 wahr werden zu lassen. Und das hatte viel mit einer anderen Aussage von Kevin Kuranyi zu tun, die er nach dem 29. Spieltag und der Niederlage gegen die Bayern tätigte: "2007 hatten wir mit der Mannschaft das ausgesprochene Ziel, den Titel zu holen. Diese Saison spielen wir weit über den Erwartungen. Es muss klar sein: Was wir gerade erleben, ist eine Erfolgsgeschichte. Wir haben nichts zu verlieren!"

Und den entscheidenden Anteil an diesem Märchen - nach dem schlechten 8. Platz in der Vorsaison - hatte ohne Frage der Meistermacher von Wolfsburg, Felix Magath. Überraschend hatte der ehemalige Spieler des Hamburger SV die Wölfe direkt nach dem unerwarteten Triumph verlassen und auf Schalke angeheuert. Und auch in Gelsenkirchen setzte "Quälix" Magath nach dem berühmt-berüchtigten "Meisterhügel" von Wolfsburg auf sein Geheimrezept und ließ eine der jüngsten Mannschaften der Liga (im Schnitt 24,4 Jahre) trainieren, was das Zeug hielt. Selbst im anstrengenden Saisonfinale waren Doppelschichten eher die Regel als die Ausnahme.

Und so stichelte Felix Magath, der frühere Bayern-Double-Gewinner, in bester Uli-Hoeneß-Manier zwei Spieltage vor Schluss selbstbewusst gegen seinen ehemaligen Klub: "Wir sind im Endspurt in der besseren Position. Wir haben keinen Druck, den hat nur Bayern. Wenn sie Zweiter werden sollten, wäre das schlimm für sie. Für uns wäre der zweite Platz ein Erfolg. Das ist eine wunderbare Situation."

Kuriose BVB-Statistik

Zu diesem Zeitpunkt war bereits genau das eingetreten, auf das Magath gehofft hatte. Die Münchener waren in Mönchengladbach nicht über ein Unentschieden hinausgekommen, während die Schalker drei Minuten vor Schluss den erlösenden Siegtreffer in Berlin bei der Hertha geschossen hatten. Nun standen beide Teams zwei Spieltage vor dem Ende der Saison punktgleich an der Tabellenspitze. Die Bayern hatten jedoch das deutlich bessere Torverhältnis vorzuweisen als die Königsblauen.

Auf Schalke blieb man damals einerseits realistisch, begann aber andererseits auch wegen der Worte von Felix Magath zu träumen. Schließlich hatte der Erfolgstrainer Wolfsburg in der Spielzeit zuvor aus einer fast gänzlich aussichtslosen Situation nach der Hinrunde doch noch zur deutschen Meisterschaft geführt. Dieses Wunder sollte sich allerdings auf Schalke nicht wiederholen. Denn die Königsblauen unterlagen mit 0:2 zu Hause gegen den SV Werder Bremen, während die Bayern daheim souverän den VfL Bochum schlugen. Das ernüchternde Fazit für den S04 stand fest: Der Titelkampf war entschieden. Das Torverhältnis konnte Schalke am letzten Spieltag nicht mehr aufholen. Die Meisterschaft war am Ende völlig verdient nach München gegangen.

Dementsprechend schrieb die "Frankfurter Sonntagszeitung" nach einer imponierenden Rückrunde des Rekordtitelträgers huldigend: "Meister ist der FC Bayern zum 22. Mal. Meister der Herzen zum ersten Mal. Dass beides zusammen geht, hätte man kaum für möglich gehalten." Und selbst auf Schalke war man nicht lange traurig. Bereits direkt nach der Niederlage gegen den SV Werder Bremen in der heimischen Arena zeigten die Schalker Fans Größe und feierten ihre Mannschaft und den Trainer für die errungene Vizemeisterschaft. Unter dem Applaus der Anhänger lief Trainer Felix Magath ergriffen eine Ehrenrunde.

Pointe am Rande: Auch beim Nachbarn in Dortmund hatte man etwas zu feiern. Einerseits natürlich, weil der ewige Rivale ("Ich habe Gott sei Dank bisher noch keine Schalker Meisterschaft erlebt", BVB-Geschäftsführer Aki Watzke) auch dieses Mal den Bayern am Ende unterlegen gewesen war, aber andererseits auch noch wegen etwas anderem. Denn die Borussia wäre tatsächlich deutscher Meister geworden - wenn denn alle Spiele nach 65 Minuten abgepfiffen worden wären. Doch dieses Mal sollte es noch nicht ganz reichen für den Titel. Die kuriose Statistik war allerdings am Ende ein erster Vorbote für die Doppel-Meisterschaft 2011 und 2012. Auf Schalke sollten sie danach nie wieder so nah an den Titelgewinn herankommen wie im April vor fünfzehn Jahren.

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