Max Eberl zuckte nur kurz mit den Schultern, als er darauf angesprochen wurde, sagte aber nichts. Die Trauer über das Ausscheiden wog beim Sportvorstand der Bayern stärker als das Bedürfnis, seinem Ärger über die Bewertung einer Szene Luft zu verschaffen, die zumindest diskutabel war.
Denn die Meinungen gingen weit auseinander, ob das zwischenzeitliche 1:1 von Inter Mailand in diesem Viertelfinal-Rückspiel hätte zählen dürfen – oder eben nicht, weil dem Treffer von Lautaro Martinez ein möglicherweise strafbares Handspiel des Torschützen vorausgegangen war. Schiedsrichter Slavko Vincic hatte auf Tor entschieden.
Diese Entscheidung wurde von Manuel Gräfe scharf kritisiert. „Hand!“, schrieb der frühere Bundesliga-Topschiedsrichter bei X: „Wenn der Torschütze zum 1:1 den Ball mit der Hand/dem Arm vor dem Torschuss berührte, wäre das Tor klar irregulär!“ Die Situation sei zwar „schwierig für Vincic zu erkennen“ gewesen, „aber dafür gibt es den VAR“, so Gräfe.
Nach Ansicht der Bilder, auf deren Betrachtung Vincic verzicht hatte, wäre nur ein Schluss statthaft gewesen, befand der Berliner: „Hand! Er verpasst den Kopfball, aber stoppt so den Ball & schießt ein! Wahnsinn.“
„Solche Tore will der Fußball nicht (sehen)!“
Fakt ist: In der 58. Minute nahm Lautaro Martinez den Ball nach einem Eckball etwa zehn Meter vor dem Tor auf Höhe des Oberschenkels an und berührte diesen dabei mutmaßlich mit seinem Arm. Das legen die TV-Bilder nahe. Anschließend landete das Spielgerät dann bei Joshua Kimmich und schließlich wieder bei Martinez, der das 1:1 für Inter erzielte – und damit den Weg ebnete für den 2:2 Endstand und das Aus der Bayern.
„Solche Tore will der Fußball nicht (sehen)! Weder eine direkte Torbeteiligung nach einem unabsichtlichen Handspiel noch davor vom Torschützen, zumal er hier den Ball so erst kontrolliert vor die Füße bekommt & einschießt“, schrieb Gräfe.
Was Gräfe dabei jedoch außer Acht ließ: Die Tatsache, dass die missglückte Klärung von Kimmich die Bewertung der Situation verändert hat. Dadurch, dass der Bayern-Spieler den Ball noch berührt hatte, bevor Martinez den Treffer erzielt hat, liegt keine Unmittelbarkeit zwischen dem vorausgegangenen Vergehen von Martinez und seinem anschließenden Torschuss vor.
Diese Auffassung vertrat Alex Feuerherdt, der Leiter Kommunikation und Medienarbeit der DFB Schiri GmbH. Denn nur noch direkt vor der Torerzielung ist ein Handspiel strafwürdig. Durch das Eingreifen von Kimmich sei jedoch keine Unmittelbarkeit mehr gegeben gewesen. Gräfe blieb trotzdem bei seiner Bewertung. Es sei sehr wohl unmittelbar gewesen, da sich das vermeintliche Handspiel und der Torschuss „innerhalb einer Sekunde“ ereignet habe, behauptete er.
Die Bayern wollten sich an der Gelehrtendiskussion nicht beteiligen. Es hätte ohnehin nichts mehr gebracht. „Fußball kann so grausam sein“, sagte Harry Kane. Dabei haderte er auch mit den Gegentreffern. „Zwei Tore nach Standards zu kassieren, ist kriminell. Das ist hart zu schlucken“, sagte der Engländer, der in Mailand das 1:0 erzielt hatte. Der bitterste Aspekt für Kane: Die Bayern hätten eigens in der laufenden Saison „viel Standards trainiert – sowohl offensiv als auch defensiv“. Nun aufgrund von zwei Toren nach Eckbällen auszuscheiden „war ein Schlag in den Magengrube“, so Kane.
Und auch ein finanzieller Tiefschlag. Dem FC Bayern sind durch das Aus Einnahmen im zweistelligen Millionen-Bereich entgangen. Allein den Halbfinal-Einzug hätte die Europäische Fußball-Union (Uefa) mit weiteren 15 Millionen Euro belohnt, dazu wären die Erlöse aus einem weiteren ausverkauften Heimspiel gekommen. Im Falle eines Final-Einzugs hätten die Münchner weitere 18,5 Millionen Euro einnehmen können, der Titelgewinn wäre mit zusätzlich 6,5 Millionen Euro belohnt worden.
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