Ein Pokalsieg sorgt für Jubel, er schmückt die Vereinsgeschichte und bringt einen garantierten Startplatz im Europapokal. Die Sache mit dem Europapokal aber, die hat im Handball einen echten Haken.

Am Wochenende kämpfen Rekordpokalsieger THW Kiel, die MT Melsungen, die Rhein-Neckar Löwen und Zweitligist Balingen-Weilstetten um einen großen Erfolg: Das Quartett spielt den neuen deutschen Pokalsieger im Handball aus. Ein Titel, der sich in Chroniken und auf Briefköpfen prima macht und kurzfristig viel Geld (200.000 Euro) in die Kassen des Gewinners spült. Auf den emotionalen Taumel wird aber, das steht schon fest, in der kommenden Saison sicher der finanzielle Kater folgen. Denn der Pokalsieger darf, wenn er sich nicht sportlich für die lukrative Champions League qualifiziert, in der European League ran. Und die ist alles, aber "finanziell keine Belohnung für sportlichen Erfolg", wie es Andreas Mohr, Vorstandssprecher des Titelfavoriten MT Melsungen, beschreibt.

Denn das Geld, das der Europäische Handball-Verband (EHF) in die European League steckt, macht den zweitwichtigsten Klubwettbewerb für viele Teams zum Zuschussgeschäft: 3000 Euro Kompensation zahlt die EHF jedem Klub für jedes Spiel, davon müssen allerdings Reise- oder Schiedsrichterkosten bezahlt werden. Außerdem müssen die Klubs für jede Wettbewerbsphase ein Antrittsgeld bezahlen - zwischen 500 Euro für die Qualifikation und 2000 Euro fürs Viertelfinale.

"Wirtschaftlich keine Motivation"

In der Gruppenphase gibt es 500 Euro pro Punkt, in Playoffs- und Viertelfinalpartien sind es 1000. Wer seine Hauptrundengruppe gewinnt, bekommt einen Bonus von 6000 Euro. Wer beim Final4-Turnier im Mai in Hamburg triumphiert, bekommt 100.000 Euro extra. Die TSV Hannover-Burgdorf soll nach Informationen der "Sport Bild" in der vergangenen Saison in der European League 50.000 Euro draufgezahlt haben: "Wirtschaftlich ist es keine Motivation, in diesem Wettbewerb dabei zu sein", kommentierte Hannovers Geschäftsführer Eike Korsen die Zahl nur.

Das Problem: Selbst für die immens stark besetzte Bundesliga gibt es nur zwei Plätze in der Champions League. Neun Spieltage vor Schluss sind noch sechs Klubs im Rennen.

So oder so: Es sind ernüchternde Zahlen. Gerade wenn man bedenkt, wie aufreibend die Reisen durch Europa im eng getakteten Kalender der Profi-Handballer sind: Die MT Melsungen, die in diesen Wochen trotz zahlreicher verletzter Spieler weiter um den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte kämpft, hat Ende April mit dem European-League-Viertelfinale gegen Bidasoa Irun zwei zusätzliche Pflichttermine im Kalender stehen.

"European League ist nett"

"Die European League ist keine Sache des Geldes, sondern nur eine der Emotionen", sagte Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse Berlin im vergangenen Jahr vor dem Viertelfinal-Rückspiel gegen den französischen Vertreter HBC Nantes der "Bild". Sicher, "die European League ist nett und wichtig. Auch wichtig für unsere Spieler zu gewinnen und Erfolg zu haben." Doch den Stellenwert des Europapokalabends ordnete Manager Hanning, der die Füchse finanziell als Titelkandidat aufstellen muss, damals ein: "Ganz ehrlich, mir ist es wichtiger, dass wir am Sonntag gegen Gummersbach wieder in die Spur kommen!"

Gummersbach, das ist Bundesliga. Zum damaligen Zeitpunkt das Spiel des Zweiten gegen den Sechsten. Brot-und-Butter-Geschäft eben im Schatten des möglichen Europapokal-Rauschs. So denkt man. Die Sicherung des Champions-League-Platzes hatte Priorität gegenüber dem Traum vom europäischen Titel. Letztlich klappte beides: Die Füchse schlugen Nantes und holten sich am Ende die Vize-Meisterschaft. Dieser Tage hoffen sie auf den Meistertitel - und den Einzug ins Final Four der Champions League.

Dort wird auch im Handball das Geld verdient: Allein 10.000 Euro erhält jeder Klub für jedes der garantierten 14 Gruppenspiele, dazu honoriert die EHF jeden Punkt mit 5.000 Euro. Auch in den Playoffs und im Viertelfinale gibt es 10.000 Euro Kompensation für jedes Spiel, dazu 7500 Euro (Playoffs) bzw. 10.000 Euro (Viertelfinale) pro Punkt. Der Gewinner der Königsklasse erhält eine Million Euro (inklusive aller im Laufe des Wettbewerbs eingesammelten Prämien). Für den Handball, wo die Füchse ihrem Welthandballer Mathias Gidsel geschätzte 50.000 Euro pro Monat zahlen sollen, sind das gewaltige Summen. Und 50.000 Euro, die man auf einer strapaziösen Reise durch Europa im Zweifel draufzahlt, sind dann doch ein teurer Traum.

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