Er hatte abgeliefert, die Erwartungen erfüllt – zumindest auf dem Entertainment-Sektor. Da es bei der Darts-Weltmeisterschaft aber keine B-Noten verteilt werden, ist der London-Trip für Motoku Sakai nun vorbei. Er verlor in der zweiten Runde gegen Andreas Hyrrysson mit 0:3.
Es war damit auch der letzte Auftritt der insgesamt siebenköpfigen japanischen Delegation. Sakai stand ein letztes Mal auf der Bühne, die ausgeschiedenen Spieler Mitsuhiko Tatsunami und Ryusei Azemoto saßen im Publikum. Dazu Dolmetscher und die mysteriöse junge Frau mit weißer Perücke, Hasenohren und Tennissocken in Flip Flops, die den Sponsor dieser Gruppenreise aus Fernost vertritt.
Lewis Jones hatte am Hallenmikrofon gleich zu Beginn passende Worte gefunden: „Welcome back to the greatest show on earth.“ Der Engländer, der nach der Weltmeisterschaft John McDonald als Master of Ceremoinies beerben dürfte, bezog sich auf die Wiederaufnahme des Spielbetreibs nach dem ersten Match des Nachmittags. Doch in diesem Fall passte die Ankündigung noch besser als sonst bei diesem Turnier.
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Motomu Sakai stand zu seinem Walk-on bereit. Der Japaner hatte bei seinem WM-Debüt zwei Tage zuvor durch eine skurrile Show für Aufsehen gesorgt und sich mit Fröhlichkeit, Leidenschaft und Spektakel in die Herzen vieler Dartsfans gespielt. Im britischen TV wird er seitdem wahlweise „Sensational Sakai“ oder „Super Sakai“ genannt.
Auch bei seinem zweiten Auftritt versuchte er im Spalier wieder alle Fanhände abzuklatschen, schrieb zwei lange Autogramme (mit Sponsor-Verweis) und war aufgrund der fortgeschrittenen Zeit unschlüssig, ob er auf der Bühnentreppe nicht doch einmal umdrehen solle, um einem Zuschauer die Hand zu geben. Der 28-Jährige zögerte zweimal, dann stieg er herab und klaschte ab.
Auf der Bühne dann die bekannten Bilder: Tanz und Sprünge, eher spontan als choreografiert und dargeboten zu den bizarren Klängen vom Titelsong des japanischen Magical-Girl-Animes Ojamajo DoReMi (die lästige Hexe DoReMi).
Der grüne Flummi – eine Akrobatik-Nummer vom Rand des Wahnsinns, irgendwo zwischen Cirque du Soleil und billiger Casting-Shows des Privatfernsehens. Ist das Kunst? Vielleicht. Auf jeden Fall zu 100 Prozent kompatibel mit der bunten Darts-WM.
Die Zuschauer feierten Sakai ausgiebig, lachten und johlten. Die Vermutung, bei seinem Erstrundensieg gegen den Franzosen Thibaut Tricole die Geburtsstunde eines neuen Publikumslieblings erlebt zu haben, erhielt früh ihre Bestätigung.
Harrysson hofft auf die Tourkarte
Sportlich allerdings lief es diesmal nicht wie erhofft. Harrysson setzte mit einem 141er-Highfinish im ersten Satz das erste Ausrufezeichen und bog früh auf die Siegerstraße ein. Der Schwede gab keinen Satz ab.
Zumindest der lauteste Moment des Matches war dem Japaner vorbehalten, als er im vierten Leg des ersten Satzes auf 22 Punkte Rest stellte und nur noch einen Pfeil zum Check in der Hand hielt. Er setzte ab, trat zurück und erhöhte dadurch ungewollt die Spannung. Jeder der 3200 im Publikum war nun mit den Augen auf der Bühne und die Lautstärke baute sich auf wie eine Tsunami-Welle im Pazifik.
Sakai trat zurück ans Oche, setzte noch einmal ab, kam zurück, holte aus und checkte zum 2:2 – der Lärm war ohrenbetäubend. „Sakai! Sakai! Sakai!“ Er hatte sie wieder alle hinter sich, verpasste anschließend aber zwei Darts zum Satzgewinn auf der Doppel-10.
Der Schwede war einfach nicht aus der Ruhe zu bringen. Harrysson, der in der ersten Runde sechs Matchdarts überlebt und mit Ross Smith die Nummer zwölf der Setzliste rausgeworfen hatte, darf nun sogar auf eine Tourkarte hoffen. Nur noch zwei Siege fehlen, um den Sprung unter die Top64 der Welt zu schaffen und sich die geplante Reise zur Q-School zu sparen.
„Ich weiß, was nötig ist. Und ich glaube, ich kann es schaffen. Es ist möglich. Im Januar nicht nach Deutschland zu müssen, wäre fantastisch“, sagte der 50-Jährige, der die Pressekonferenz ungewohnt extrovertiert mit einem Fischerhut in Landesfarben abhielt.
Die Qualität dazu hat Harrysson zweifelsohne. Hinter ihm liegt eine starke Saison auf der Challenge Tour. Beim European-Tour-Event in Leverkusen war er nach Siegen über Raymond van Barneveld und Michael Smith sogar bis ins Achtelfinale eingezogen. Bei der WM fehlt dazu noch ein Erfolg.
Vor ihm war Ryan Searle als erster Spieler bei dieser Weltmeisterschaft in die dritte Runde eingezogen. Der an Nummer 20 gesetzte Engländer gewann gegen Brendan Dolan aus Nordirland mit 3:0 und gab dabei nur zwei Legs ab. Searle könnte in Runde drei nächster Gegner von Martin Schindler werden, sollte die deutsche Nummer eins ihr Match am Sonntag gegen den Iren Keane Barry gewinnen.
Darts-WM 2026, Ergebnisse, 2. Runde
- Ryan Searle (ENG/20) – Brendan Dolan (NIR) 3:0 (3:1, 3:0, 3:1)
- Andreas Harrysson (SWE) – Motomu Sakai (JPN) 3:0 (3:2, 3.1, 3:2)
- Dirk van Duijvenbode (NED/29) – James Hurrell (ENG) 2:3 (3:1, 0:3, 1:3, 3:1, 1:3)
- Dave Chisnall (ENG/21) – Ricardo Pietreczko (D)
ab 20.15 Uhr:
- Michael Smith (ENG/28) – Niels Zonneveld (NED)
- Chris Dobey (ENG/8) – Andrew Gilding (ENG)
- Stephen Bunting (ENG/4) – Nitin Kumar (IND)
Wenn Lutz Wöckener nicht gerade irgendeinen Sport im Selbstversuch ausprobiert, schreibt er über Darts und Sportpolitik, manchmal aber auch über Abseitiges wie Fußball.
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