Ganz Deutschland wollte den ersten deutschen Schwergewichts-Weltmeister nach Max Schmeling feiern. 18,5 Millionen Zuschauer fieberten bei RTL mit, das bedeutete die höchste TV-Quote im deutschen Boxen jemals. Die Stuttgarter Schleyer-Halle war seit Wochen ausverkauft.
Letztlich bekamen sie die größte Skandal-Schlacht auf deutschem Boden geboten, bzw. sorgten etliche von ihnen selbst dafür. Dieser 9. Dezember 1995 bleibt in Erinnerung.
Axel Schulz, damals 27 Jahre alt, verlor gegen den gleichaltrigen Südafrikaner Francois Botha den Kampf um die Schwergewichts-WM der IBF. Höchst umstritten nach Punkten.
Gehen wir noch einmal zurück in den Ring: Als Ansager Michael Buffer das Urteil verkündet, bricht in der Halle die Hölle los. Liebling Schulz betrogen?
Mundwasserfläschchen als Wurfgeschosse
Champagnerflaschen, Weißbiergläser, kleine (vorher von einem Sponsor verteilte) Mundwasserfläschchen fliegen Richtung Ring. Prominente wie die damalige Ehefrau von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone werden getroffen. Auch andere Opfer fliehen blutend von ihren Plätzen.
Der Skandal nach dem Skandal: Wenige Tage später wird Botha des Dopings überführt, bei ihm wird Anabolikum Nandrolon nachgewiesen, der Titel wird ihm aberkannt. Der Fight wird rückwirkend als „No Contest“ annulliert. Als hätte er nie stattgefunden ...
Nun erinnern sich die Zeitzeugen. Axel Schulz: „Nach meiner Meinung hatte ich den Kampf gewonnen und war natürlich zunächst enttäuscht. Auf der Heimfahrt mit Freunden hielt ich an einer Tankstelle und traf auf Box-Fans. Die sagten: ,Axel, Du hast zwar verloren, bist aber ein feiner Kerl‘.“
Der technische Leiter Jean Marcel Nartz, heute 79 Jahre alt: „Botha-Manager Don King feierte nach dem Kampf ausgelassen in der Kabine. Doch plötzlich erfuhr ich von einer Morddrohung gegen King. Der unternahm immer noch nichts, bis ich sagte: ‚Mensch Don, die wollen Dich ermorden.‘ Ich beorderte zwei Polizisten vor die Tür seiner Hotelsuite.“
Ringarzt Prof. Dr. Walter Wagner, heute 74: „Als die Flaschen flogen, nahm ich meinen Stuhl als Hut und schützte mich. Nachher hatte ich viele Leute, die verletzt waren, zu behandeln.“
Hagen „Hako“ Sevecke (85), Cornerman in der Ringecke von Axel Schulz: „Ich sah sogar, wie Botha vor dem Kampf noch mit einer im Hinterteil steckenden Spritze aus der Kabine kam. Doch keiner hat das für voll genommen.“
„20 Jahre später entschuldigte sich Botha“
Schulz-Promoter Wilfried Sauerland (85) über den Doping-Prozess gegen Botha: „Wir haben uns den damaligen Anwalt von Donald Trump genommen und vor einem Gericht in New Jersey geklagt. Don King kam mit einem Anwalt, der auch für die Mafia arbeitete. Ich heuerte einen Privatdetektiv in Südafrika an, der in Bothas Heimat dessen Arzneimittelrezepte untersuchte.“
Schulz: „20 Jahre später besuchte mich Botha und entschuldigte sich für sein Dopingvergehen und übergab mir den WM-Gürtel.“
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