Der Fußball-Weltverband Fifa ist schon vor Jahrzehnten zu einer wahrlich sonderbaren Organisation verkommen, und ihre Präsidenten sind denkbar schräge Vögel. Da war der Brasilianer Joao Havelange, der der Fifa von 1974 bis 1998 vorstand. Sein Vorschlag, Fußballspiele in je 25-minütige Viertel aufzuteilen, um in mehr Pausen auch mehr Werbung verkaufen zu können, wurde zum Glück abgeschmettert. Später musste er wegen schwerer Korruptionsvorwürfe seinen Fifa-Ehrenpräsidententitel zurückgeben.
Ihm folgte Sepp Blatter, der unter anderem mit der Idee glänzte, die Trikots beim Frauenfußball femininer zu gestalten, um Werbepartner aus der Make-up- und Modebranche anzulocken. Die Fifa-Ethikkommission sperrte ihn 2015 wegen „Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung“ für acht Jahre für alle mit dem Fußball verbundenen Tätigkeiten, unter anderem wegen einer obskuren Zwei-Millionen-Euro-Zahlung an seinen Uefa-Funktionärskollegen Michel Platini.
2016 wurde dann Gianni Infantino inthronisiert, und wer geglaubt hatte, dass es nach Havelange und Blatter nicht schlimmer hätte werden können, dem bewies der Schweizer eindrucksvoll das Gegenteil. Als Erstes sorgte er dafür, dass der Fifa-Rat (in dem er als Präsident natürlich auch selbst sitzt) die Mitglieder der Audit- und Compliance-Kommission, der Ethikkommission, der Disziplinarkommission und der Governance-Kommission selbst bestimmen und entlassen kann, was zum sofortigen Rücktritt des Fifa-Chefaufsehers Domenico Scala führte.
Infantinos Gigantismus und die Folgen
Infantino hatte damit schon gleich zu Beginn seine weitere Marschrichtung klar skizziert: Er baute seine Machtposition gezielt aus, machte Kritiker mundtot und trieb den Gigantismus voran. Die Fußball-Weltmeisterschaft, die große Cashcow der Fifa, wurde unter ihm von 32 auf 48 Länder erweitert, was ihm Stimmen der kleineren Verbände sicherte und die WM zu einem Organisationsmonstrum mit 104 Spielen anwachsen ließ. Nachdem das Turnier unter ihm erst an Russland (2018) und dann an Katar (2022) vergeben wurde, findet es 2026 in gleich drei Ländern (Kanada, USA, Mexiko) und 2030 sogar auf drei Kontinenten statt. 2034 steht Saudi-Arabien als Gastgeber bereits fest.
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Zugleich maximierte Infantino die Anbiederung an Machthaber, die die Werte, für die die Fifa eigentlich stehen möchte, mit Füßen treten: Mit Russlands Präsident Wladimir Putin (der ihm 2019 den „Orden der Freundschaft“ verlieh), dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman und dem Katar-Emir Scheich Tamim bin Hamad Al Than pflegt er enge Beziehungen, und es verwundert nicht, dass er einen Zweitwohnsitz in Katar hat.
Längst sieht Infantino sich nicht mehr als Fußballfunktionär, sondern als First-Class-Player auf oberster politischer Schiene. Das treibt mittlerweile Blüten, die mit absurd noch freundlich umschrieben wären. Gerade maß Infantino sich an, den Fifa-Friedenspreis aus der Taufe zu heben – als wäre der Fußball-Weltverband eine Instanz der Ethik und Moral.
Infantino als selbsternannte Stimme der Fans
Die erstmalige Verleihung dieses Fantasiepreises am Freitagabend während der WM-Auslosung war dann ein Höhepunkt der Fremdscham: Infantino übergab ihn an US-Präsident Donald Trump, der zuvor noch gedroht hatte, demokratisch regierten Austragungsstädten die Spiele zu entziehen. Vermutlich wollte Infantino Trumps Enttäuschung lindern, weil dessen offensiv vorangetriebene Bewerbung um den Friedensnobelpreis vom schwedischen Nobel-Komitee eher belächelt als ernsthaft erwogen worden war.
Der sichtlich geschmeichelte Trump grabschte sich auf der Fifa-Bühne dann die zum Preis dazugehörige Medaille und hängte sie sich selbst um, während Infantino unterwürfig säuselte: „Sie können immer mit meiner Unterstützung und der der ganzen Fußballwelt rechnen.“
Infantino als selbsternannte Stimme aller Fußballer und Fußballfans? Darunter macht es der zunehmend größenwahnsinnig wirkende Fifa-Präsident offenbar nicht mehr. Dann allerdings wird es wirklich dunkel in besagter Fußballwelt …
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