Die Zeit der Funktionäre im Fußball ist vorbei. So zumindest hat es Gianni Infantino beschlossen, der sich nicht nur als Präsident des Weltverbandes Fifa, sondern auch also politischer Akteur, vor allem aber als Entertainer sieht. Als solcher hatte er am Freitagabend seinen bislang vielleicht größten Auftritt: In Washington stand die Auslosung der Fußball-Weltmeisterschaft an, seiner Fußball-Weltmeisterschaft.

Nach einleitenden Worten des Moderatoren-Duos Heidi Klum und Kevin Hart tänzelte Infantino lächelnd auf die Bühne und umarmte die beiden prominenten Gastgeber, die dem Schweizer dann schnell seine Bühne überließen. Denn der eigentliche Star des Abends, das wird ab diesem Zeitpunkt klar, ist er. Infantino ist überall: Im Publikum, immer wieder auf der Bühne, in Einspielfilmen – es gibt kein Entkommen.

Nun nutzt er seinen ersten Auftritt für einen seiner üblichen Superlativ-Vorträge. Alles wird am besten, größten, tollsten und überhaupt super.

„Die Fifa ist der offizielle Glücksversorger für die ganze Welt“, sagte er etwa oder auch: „Die WM wird das größte Ereignis, das die Menschheit je gesehen hat. 104 Superbowls in einem Monat – das ist die Größenordnung, die wir organisiert haben.“ Darunter macht es Infantino nicht.

Leider keine 2000 Rockfans im Saal

Alles schon gesehen, alles schon gehört. Dann aber versucht Infantino etwas, was man auf Konzerten von Rockbands kennt.

Was jetzt komme, habe dieser Saal noch nicht erlebt, kichert der Funktionär in sein Headset-Mikro. „Wenn die wüssten, was ich vorhabe“, raunt er, würden sie ihn umbringen. Hihi.

Ob Amerikaner im Raum seien, fragt Infantino und hätte bei den sporadischen Rufen im Raum merken können, dass da nicht euphorisch-angetrunkene Musikfans im Publikum sind. Sondern vielmehr 2000 sehr nüchterne A- und B-Promis, die es gewohnt sind, dass ihnen zugejubelt wird. Nicht andersherum.

Infantino aber zieht durch. Auch ein paar Kanadier und Mexikaner machen sich auf Nachfrage bemerkbar. „Ich möchte den Menschen in der ganzen Welt zeigen, was sie bei der WM erwarten wird“, ruft der Zampano nun. Die Amerikaner sollen nun nämlich „USA, USA“ rufen, die Kanadier „Canada, Canada“ und die Mexikaner – richtig – „Mexico, Mexico“. Darauf hat nur kaum jemand Lust da unten. Ein paar Rufe zwängt der Animateur zwar aus dem Publikum heraus, mehr aber auch nicht.

Glaubt man Infantinos Ankündigung, muss der Zuschauer sich also darauf einrichten, dass die Stimmung kommenden WM-Sommer ungefähr so gut wird wie im Wartezimmer einer Kinderarztpraxis Ende November.

„Das ist, was wir wollen“, freut sich Infantino unverdrossen und empfiehlt: „Genießt die Show.“

Er selbst hat es auf jeden Fall getan. War ja auch seine Show.

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