Diesmal war die Halbwertzeit seiner Wut nicht sonderlich lang. Karim Adeyemi rannte, nachdem sein Teamkollege Maxi Beier in der Nachspielzeit doch noch das siegbringende Tor zum 1:0 (0:0) für Borussia Dortmund gegen den 1.FC Köln erzielt hatte, von der Ersatzbank aus quer über den Platz, warf sich auf Beier und schlug ihm auf den Kopf. Da dies auch fast alle anderen BVB-Spieler taten, klagte der Torschütze anschließend sogar etwas scherzhaft über „Kopfschmerzen.“ Das „Kopfschlagen“ ist bei den Dortmundern, die am Samstag ihren sechsten Saisonsieg einfahren konnten, ein ungewöhnliches Jubel-Ritual. Wer ein wichtiges Tor schießt, bekommt halt einiges auf den Deckel.

Fast auch schon eine Tradition, allerdings eine weniger schöne, sind dagegen die Wutausbrüche von Adeyemi. Der Stürmer, bekannt für seine Geschwindigkeit und seine Dribbelstärke – aber leider auch für seine geringe Frustrationstoleranz – verlor wieder einmal seine Nerven. Nachdem er in der 79. Minute ausgewechselt worden war, donnerte er aus Frust eine Trinkflasche auf den Boden vor der Dortmunder Bank.

Seinem Trainer gefiel das gar nicht. „Man kann sauer sein, das ist okay. Aber das ist unnötig. Er ist erwachsen“, sagte Niko Kovač zu der Aktion. Bereits eine Woche zuvor, als Adeyemi bei der 1:2-Niederlage beim FC Bayern ebenfalls ausgewechselt worden war, war es zu einer vergleichbaren Szene gekommen. Adeyemi hatte, wütend wie er war, die ausgestreckten Hände seiner Teamkollegen, die sich mit ihm abklatschen wollten, zunächst ignoriert – und dann unangemessen hart draufgeschlagen. Das gab, bei allem Verständnis für Emotionen, kein schönes Bild ab.

Für Kovac alternativlos, bei den Aufstellungen zu variieren

„Ich sage den Jungs immer: Wenn du nicht raus möchtest, dann wird dein Freund Maxi Beier oder wer auch immer nicht reinkommen. Wenn du glaubst, dir das erlauben zu können, okay. Dann bleibst du 90 Minuten drin, aber erklär das dann bitte deinem Freund“, sagte Kovac nach dem zweiten Ausraster Adeyemis innerhalb von acht Tagen. Der Coach hat Verständnis für den Frust – tut sich jedoch schwer damit, wenn Adeyemi ihn so offen zum Ausdruck bringt. Denn gerade in Zeiten Englischer Wochen ist es für Kovac alternativlos, bei den Aufstellungen zu variieren – und vor allem durch Auswechslungen neue Impulse zu setzen.

Der BVB ist in der laufenden Saison vor allem deshalb erfolgreich und deutlich stabiler als in der vergangenen Spielzeit, weil Kovac rotieren lässt. Es ist zu einem hervorstechenden Merkmal geworden, dass die Dortmunder viele Spiele in der zweiten Halbzeit für sich entschieden können – nachdem frische Spieler von der Bank in die Partie gekommen sind.

„Für mich sind die Spieler, die wir einwechseln keine Ersatzspieler. Es sind für mich Finisher – diejenigen, die dafür vorgesehen sind, im späteren Verlauf Einfluss zu nehmen“, erklärt Kovac seine Philosophie. Er sei sich bewusst, dass dies nicht jedem immer gefalle. Doch das könne er nicht ändern.

Die Freunde Beier und Adeyemi eint ein großes Ziel

„Wir haben wirklich Glück, dass derzeit viele Spieler gesund und fit sind. Einige werden demnächst auch noch zurückkommen. Das heißt, dass ich sogar einige auf die Tribüne schicken muss“, sagte der Coach. Bereits gegen Köln war für Salih Özcan kein Platz mehr auf der Bank. Für den Mittelfeldspieler war dies extrem bitter – ging es doch gegen seinen früheren Verein. Wenn sich in den kommenden Tagen dann auch noch Emre Can und Julian Duranville, die derzeit einzigen verletzten BVB-Profis, zurückmelden werden, wird es noch mehr Härtefälle geben.

Kovac wird darauf keine Rücksicht nehmen können. Denn der Erfolg gibt ihm recht. Zwar blieb Fabio Silva, der am Samstag für Adeyemi eingewechselt wurde, diesmal ohne Torerfolg – doch dafür traf ja Beier, der elf Minuten zuvor eingewechselt worden war.

„Um ehrlich zu sein: Auch mir würde es besser gefallen, immer von Anfang an zu spielen, doch es ist schon wichtig für uns, wenn wir frische Qualität von der Bank bringen können“, sagte der Matchwinner. Beier ist mit Adeyemi befreundet. Die beiden Offensivspieler haben beide ein großes Ziel, das sie eint: Sie wollen unbedingt im kommenden Sommer mit der deutschen Nationalmannschaft zur WM. Dazu brauchen sie viele gute Spiele beim BVB. Zu viel offen gezeigte Wut könnte jedoch kontraproduktiv sein. Vielleicht schafft es Beier ja, seinem Freund diese pragmatische Sichtweise ein wenig näherzubringen.

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