Thomas Huber verlor an diesem Tag eine gute Freundin. Laura Dahlmeier (†31), zweimalige Olympiasiegerin und siebenmalige Weltmeisterin im Biathlon, war am 28. Juli mit ihrer Seilpartnerin im alpinen Stil unterwegs, als sie im Karakorum-Gebirge in Pakistan auf rund 5700 Metern Höhe von einem Steinschlag getroffen wurde. Alle Rettungsversuche blieben ohne Erfolg. Vor kurzem wurde bekannt, dass Dahlmeiers Leichnam nicht mehr auffindbar ist.
Extrembergsteiger Huber war mit Dahlmeier befreundet und an den Rettungs- und Bergungsversuchen beteiligt. Im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ schildert der 58-Jährige nun eindrücklich seine Erlebnisse am Laila Peak – und spricht über seinen Umgang mit dem tragischen Tod der jungen Sportlerin.
Um 10 Uhr vormittags habe er die Nachricht vom Bergunfall am Laila Peak erhalten. Der Expeditionsveranstalter teilte ihm mit: „Laura sei schwer verletzt, es werde versucht, mit Hubschraubern eine Rettung zu organisieren“, berichtete Huber im Interview.
Er und Dahlmeier kannten sich gut, wie er sagt. „Aber das spielt bei einem Notfall keine Rolle. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz in unserer Kletter- und Bergsteigercommunity, dass man anderen hilft, wenn sie in Not geraten sind, egal, ob man sie kennt oder nicht.“
Für Laura Dahlmeier kam jede Hilfe zu spät
Am 29. Juli startete die Aktion. An Bord des Rettungshubschraubers waren auch die erfahrenen amerikanischen Bergsteiger Jackson Marvell, Alan Rousseau und Hubers Team-Kollege Tad McCrea. „Wir sind mit dem Hubschrauber zur Unfallstelle geflogen, über GPS-Daten konnten wir Lauras Kletterpartnerin lokalisieren, die sicher zum Lager 1 abgestiegen war“, erzählt Huber. „Nach weiteren Umrundungsflügen haben wir ziemlich schnell erkennen müssen, dass für Laura jede Hilfe zu spät kam.“
Die Bergung des Leichnams sei aufgrund der Bedingungen zu gefährlich gewesen. Die Temperaturen seien angestiegen und die Verhältnisse am Berg hätten sich drastisch geändert. „Und als wir Lauras letzten Willen übermittelt bekommen hatten, war uns klar: Es ist auch ihr Wunsch, dass sie nicht geborgen werden will, wenn das Risiko zu hoch ist.“
Nach dem Erlebten habe er zunächst nur funktioniert, erzählt Huber. „Wenn man jemanden sieht, der aus dem das Leben gewichen ist, dann baut dieser Schockmoment eine Mauer auf, und man ist sich der gesamten Tragweite zunächst nicht bewusst.“ Die Aufarbeitung sei erst danach gekommen.
Die Trauer sei in einem stillen Moment über ihn gekommen: „Wir sind zurück in unser Basislager, von dort bin ich allein ins ABC-Lager aufgestiegen und habe mich auf einen Stein gesetzt. Dann konnte ich endlich weinen und mich von einem guten Freund, wie Laura einer war, verabschieden.“
Auf Wunsch der Eltern unternahm Huber im September zusammen mit Tad McCrea einen erneuten Bergungsversuch. „Wir haben aber nichts mehr gefunden, und so wird Laura am Berg wohl für immer ihre letzte Ruhe finden. Hätten wir sie gefunden, hätten wir sie auch geborgen.“
Nach Angaben ihres Managements hatte Dahlmeier verfügt, dass im Fall ihres Todes ihr Leichnam nicht geborgen werden solle, falls sich Helfer bei der Bergung in Lebensgefahr begeben würden. Die Familie entschied sich dann doch für einen Bergungsversuch.
„Wir wussten, dass sie sich an einer Stelle befand, an der andere Expeditionen vorbeikommen könnten. Wir wollten nicht, dass vielleicht Fotos von ihr gemacht werden. Deshalb wollten wir, dass sie geholt wird, wenn die Verhältnisse es zulassen. Als Thomas noch mal an den Laila Peak ging, war sie nicht mehr auffindbar. Somit bleibt Laura am Berg zurück. Es besteht keine Chance, sie noch zu bergen“, hatte ihr Vater Andreas Dahlmeier vor einigen Tagen dem „Spiegel“ gesagt. Direkt nach dem Unfall sei es aber zu gefährlich gewesen.
Laut Huber ist davon auszugehen, dass der Körper von Laura Dahlmeier in einer der Gletscherspalten liegt und inzwischen von den Gesteinsmassen, die jeden Tag vom Berg herunterfallen, begraben wurde.
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