Merlin Polzin blieb sich treu. Eher nüchtern analysierte der Cheftrainer des Hamburger SV das 4:0 gegen Mainz 05 – den höchsten Sieg des HSV in der Fußball-Bundesliga seit zwölf Jahren (damals 5:0 in Nürnberg). Von Euphorie oder überbordender Freude keine Spur. Dabei hätte sich der 34-Jährige am Sonntagabend auf seinem Weg, eine Bundesliga-taugliche Mannschaft zu formen, bestätigt fühlen können.
Stattdessen wiederholte er, was er schon seit Beginn der Saisonvorbereitung bekräftigt: „Ich habe immer davon gesprochen und werde das auch weiter tun, dass wir uns in einem Prozess befinden“, sagte Polzin. „Wir müssen jeden Tag hart dafür arbeiten, dass wir besser werden.“
Die Entwicklung des Bundesliga-Rückkehrers in den vergangenen Wochen erstaunt dennoch. Polzin und Sportvorstand Stefan Kuntz stellten vor der Saison einen runderneuerten Kader zusammen. Der junge Cheftrainer hatte erkannt, dass das Zweitliga-Spielsystem und die Qualität der meisten Aufstiegshelden vom Mai 2025 für die erste Liga nicht ausreichen würden.
Kein risikoloser Weg, wie sich in der Vorbereitung und zu Beginn der Saison zeigte. Doch in den vergangenen drei Spielen gegen den 1. FC Heidenheim (2:1), bei Union Berlin (0:0) und nun gegen Mainz 05 hat sich angedeutet, dass Polzin womöglich richtig liegt. „Du merkst einfach, dass sich die Mannschaft nach und nach findet, dass die Verbindungen untereinander besser werden“, sagte Polzin.
Spielidee wird verinnerlicht
Fußball sei ein Spiel der Spieler. Sie würden die Entscheidungen treffen und bräuchten das Gefühl auf dem Platz. „Und das kriegst du nicht durch eine Powerpointpräsentation“, meinte der Cheftrainer weiter. So etwas bekomme man, wenn man viel trainiere, Zeit miteinander verbringt und „und wenn du das Ganze nicht nur für dich selber machst, sondern für deinen Mitspieler und deinen Kollegen, der links und rechts neben dir sitzt“.
Es hat den Anschein, dass seine Worte von den Spielern gehört werden. Die Spielidee, aus einer sicheren Defensive schnell zu kontern, zeigt mehr und mehr Erfolg. Die neuen Spieler passen ins System, die Balance in der Mannschaft stimmt.
Starke Zugänge
Gegen die Mainzer war der erst 18 Jahre alte Luka Vuskovic wieder einmal der umsichtige Organisator einer stabilen Abwehr. Nicolas Capaldo ersetzte den verletzten und zuletzt formstarken Warmed Omari auf der rechten Verteidigerposition in der Dreierkette.
Der Belgier Sambi Lokonga übernahm ohne jeglichen Qualitätsverlust die Rolle des gesperrten Spielmachers Fabio Vieira und traf zudem zur Führung (6.). Giorgi Gosholeishvili rackerte im Mittelfeld defensiv wie offensiv. Und der an diesem Abend alle überragende Ex-Braunschweiger Rayan Philippe stellte die Mainzer Abwehr nicht nur mit seinen Treffern zum 2:0 (10.) und 4:0 (61.), sondern auch mit seiner Schnelligkeit und seinen Sprints vor unlösbare Aufgaben.
„Wir haben das von Anfang an gesagt. Wir haben uns für einen bestimmten Weg entschieden, den gehen alle voll und ganz mit“, sagte Mittelfeldspieler Jonas Meffert. „Was dazu gehört ist, dass wir uns finden müssen.“ Das habe einfach seine Zeit gedauert.
Elfadli: „Haben in der Breite eine starke Qualität“
Die Zugänge hätten „unfassbar weitergeholfen“, meinte Verteidiger Daniel Elfadli, wie Meffert einer der übriggebliebenen Aufstiegshelden. „Wir haben in der Breite eine starke Qualität. Die Jungs haben schon woanders gespielt und bringen viel Qualität mit.“
Nach sechs Spieltagen ist es zu früh zu sagen, ob aus der positiven Tendenz ein nachhaltiger Aufwärtstrend wird. Er habe ein „ein sehr, sehr gutes Gefühl, auch eine Zuversicht für all das, was kommt“, sagte Polzin. Immerhin: Für zwei Wochen dürfen die Fans es genießen, dass ihr HSV als Tabellenneunter nicht nur vor dem Stadtrivalen FC St. Pauli (10.) steht, sondern der aktuell beste Club im gesamten Norden ist.
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