Luka Voskovic ist einer der großen Hoffnungsträger in der Mannschaft des HSV. Der 18-Jährige schoss die Hamburger zum ersten Sieg in der laufenden Bundesliga-Saison.
Frage: Herr Vuskovic, wie geht es Ihren Fingern? Beim 2:1 am vergangenen Wochenende gegen Heidenheim hämmerten Sie aus Frust über einen Fehlschuss gegen den Torpfosten …
Luka Vuskovic: Sie sind ein bisschen geschwollen, aber es geht ihnen gut. Es ist nichts gebrochen. Normalerweise reagiere ich nicht ganz so emotional. Aber ich identifiziere mich mit diesem Klub so sehr, und nach der vergebenen Chance musste der Pfosten dran glauben. Ich habe den Schmerz sofort gespürt. Als ich kurz danach getroffen habe, war das aber wieder vergessen.
Frage: Sie schossen bei ihrem Heimdebüt das erste HSV-Bundesliga-Tor nach sieben Jahren Pause. Für Sie das nächste Highlight eines verrückten Fußball-Jahres. Was waren ihre speziellsten Momente?
Vuskovic: Oh, das waren einige! Zuerst die Berufung und der erste Einsatz in der kroatischen Nationalmannschaft. Ich durfte Kapitän der kroatischen U21 sein. Dann kommen Tore für meinen Ex-Klub Westerlo und die ersten Tore für Tottenham in der Saisonvorbereitung dazu. Dann der Moment, als mein Wechsel nach Hamburg feststand. Das Tor gegen Heidenheim. Und das HSV-Aufstiegsspiel im vergangenen Mai gegen Ulm – das war einer meiner Lieblingsmomente.
Frage: Da spielten Sie noch gar nicht beim HSV. Sie waren mit Ihrem Bruder Mario, der 2021 zum HSV kam und seit November 2022 wegen einer positiven Dopingprobe gesperrt ist, als Fan im Volkspark, als der HSV mit dem 6:1 gegen Ulm in die Bundesliga zurückkehrte. Schon damals haben Sie mit den HSV-Bossen über einen Wechsel geredet. Wie lief das genau ab?
Vuskovic: Direkt nach dem Spiel haben wir hier im Stadion gefeiert. Ich habe mit Claus Costa (HSV-Sportdirektor; d. Red.) und Trainer Merlin Polzin gesprochen und ihnen gesagt: Ich möchte hier spielen. Damit hatte keiner gerechnet, auch aus meiner Familie nicht. Mein Bruder und mein Vater haben am Anfang sogar gelacht. Aber wir haben alle zusammen gesagt, dass wir versuchen wollen, das möglich zu machen. Es hat gedauert und brauchte einige Gespräche bei Tottenham. Aber es hat geklappt. Jetzt möchte ich zeigen, dass sie mit der Entscheidung richtig lagen.
Frage: War das eine spontane Idee von Ihnen?
Vuskovic: Nein, ich habe meiner Familie seit der Sperre meines Bruders gesagt, dass ich in Hamburg spielen möchte. Egal, ob in der ersten, zweiten oder dritten Liga. Vor zwei, drei Jahren war das ein Traum, jetzt wurde es eine echte Möglichkeit. Ich wusste, dass bei Tottenham die Konkurrenz sehr groß ist. Ich wollte mich aber als Stammspieler weiterentwickeln.
Frage: Sie sind gerade einmal 18 Jahre alt und als zentraler Innenverteidiger in der Dreierkette gesetzt. Sind Sie bereit, der Abwehr-Boss des HSV zu sein?
Vuskovic: Die Jungs helfen mir, und ich helfe ihnen. Ferro (Torwart Daniel Heuer Fernandes; d. Red.) und ich sehen auf unseren Positionen am meisten und sind die letzten Männer. Wir müssen am meisten reden. Ferro hat es schwerer, weil er etwas weiter weg steht. Deswegen weiß ich, dass ich sehr viel sprechen muss.
Frage: Vor mehr als zwei Jahren feierten Sie mit 16 Jahren Ihr Profi-Debüt bei Hajduk Split und haben schon 60 Spiele im Seniorenbereich hinter sich. Woran merken Sie trotzdem, dass Sie noch Teenager sind?
Vuskovic: Zum Beispiel daran, dass ich als einer der Jüngsten die Bälle tragen muss. Und am meisten, wenn mir wieder auffällt, dass ich noch nicht Auto fahren darf. Ich mag das nicht, dass andere mich fahren müssen oder ich ein Taxi brauche. Ich fange aber nach der nächsten Länderspielpause mit den Theorie-Stunden an.
Frage: Wer sich Fotos von Ihnen anschaut, sieht meist ein Grinsen auf Ihrem Gesicht. Sind Sie immer so froh?
Vuskovic: Ich will in allen Situationen positiv bleiben. Das sehe ich auch im Verhältnis zu dem, was mein Bruder erleben muss. Das ist schlimm, aber auch das ist nicht das Schlimmste im Leben.
Frage: Seit knapp drei Jahren ist Ihr Bruder wegen Dopings gesperrt. Er beteuert seine Unschuld und kämpft seitdem vor den Gerichten gegen sein Urteil. Wie hat das auch Ihre Karriere beeinflusst?
Vuskovic: Ich habe gesehen, wie stark mein Bruder ist. Ich wollte das auch werden. Er hilft mir sehr mit seinen Hinweisen, wie man mit brutalen Rückschlägen und den Schattenseiten umgeht. Das bringt mich vor allem mental weiter.
Frage: Ihre Familie hat auch deswegen eine besondere Bindung zum HSV, weil die Fans Ihren Bruder stets unterstützt haben. Als Sie gegen Heidenheim trafen, wurde Ihr Name so laut gerufen wie nur selten der eines Torschützen zuvor.
Vuskovic: Das habe ich gemerkt, als ich mir die Videos von dem Tor angeguckt habe. Nach dem Spiel haben die Fans noch unseren Nachnamen gerufen. Er war auch im Stadion, und das war sehr speziell für uns beide. Ich spüre, dass sie auf unserer Seite sind und uns unterstützen.
Frage: Wenn die Fans „Vuskovic“ rufen – diskutieren Sie dann auch mal mit Ihrem Bruder, wer von Ihnen gemeint ist?
Vuskovic: Ich hoffe immer, dass es für Mario ist.
Frage: Schon vor zwei Jahren zahlte Tottenham 11 Mio. Euro Ablöse für Sie. Sie gelten als eines der größten Abwehr-Talente der Welt. Fühlen Sie das auch? Was sind Ihre Karriere-Ziele?
Vuskovic: Ich habe kein übergeordnetes Ziel. Da sind so viele starke Talente. Ich möchte jedes Jahr einzeln anschauen und hoffe, dass diese Saison meine bisher beste wird. Und ich möchte den Fußball genießen.
Frage: Und Ihr Saisonziel mit dem HSV?
Vuskovic: Der Klassenerhalt ist sehr gut möglich, ich glaube an das Team. Wir sollten aber nicht ständig nur darauf blicken, wie man irgendwie drinbleibt, sondern mehr Spiel für Spiel anschauen, wie wir es gewinnen können. Ich will dem Team helfen, die bestmögliche Tabellenplatzierung zu erreichen und so viele weiße Westen wie möglich zu haben.
Frage: Sehen Sie irgendeine Möglichkeit, über die Ein-Jahres-Leihe hinaus zu bleiben?
Vuskovic: Ich bin gerade erst gekommen, das ist aktuell kein Thema. Mal sehen, was nächsten Sommer passiert.
Frage: Da könnten Sie mit Kroatien zur WM fahren. Im Juni feierten Sie Ihr Debüt, im Oktober wurden Sie wieder nominiert.
Vuskovic: Ich hoffe, dass ich es in den WM-Kader schaffe. Wenn ich hier eine gute Saison spiele, ist das möglich.
Frage: Wie war es, mit Superstars wie Luka Modric oder Josko Gvardiol zu trainieren?
Vuskovic: Gvardiol ist wirklich eine Maschine und dazu noch ein toller Mensch, das war beeindruckend zu sehen. Alle haben mich sofort akzeptiert, und die Nationalelf fühlt sich schon jetzt wie eine Heimat an. Einmal bin ich im Training ausgerutscht und hätte fast Luka Modric verletzt. Da habe ich kurz gezittert. Es ist aber nichts passiert. (lacht)
Der Artikel wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) verfasst und zuerst in BILD veröffentlicht.
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