Schwimmer Marius Kusch hat als erster Deutscher seine Zusage für die umstrittenen Enhanced Games gegeben, bei denen Weltrekorde auch mit Hilfe von Dopingmitteln aufgestellt werden sollen. Scharfe Kritik aus dem Sport und vom Verband folgte prompt. "Jetzt ist Zeit für ein neues Kapitel", hatte Kusch auf seinem Instagram-Kanal angekündigt. "Die Teilnahme an den Enhanced Games ist eine Chance, an meine Grenzen zu gehen und gegen einige der besten Athleten der Welt um ein beispielloses Preisgeld anzutreten", so der Kurzbahn-Europameister von 2019.
Die Entscheidung stieß vor auf ablehnende Reaktionen. Für Ex-Schwimmerin Dorothea Brandt ist der Wechsel ihres früheren Teamkollegen so etwas wie ein Verrat an den Idealen des Sports. "Irgendwie fühlt es sich schon so an. Wir haben eigentlich gewisse Werte, gewisse Haltungen – und da rückt jetzt jemand aus diesem Kreis aus, der das jahrelang mitgetragen hat. Das ist für mich erstmal schwer zu verstehen", sagte die frühere Aktivensprecherin des Deutschen Schwimm-Verbands (DSV) der Nachrichtenagentur DPA.
Britta Steffen, Doppel-Olympiasiegerin von 2008 im Schwimmen, sagte auf DPA-Anfrage: "Letztlich hängt eine solche Entscheidung immer vom eigenen Wertesystem ab."

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Verband verurteilt Enhanced Games "aufs Schärfste"
Auch vom Vorstandsvorsitzenden des DSV, Jan Pommer, gab es nach Kuschs Bekanntgabe deutliche Kritik: "Die Enhanced Games stehen diametral zu allem, wofür der Sport steht." Sie würden Fairness, Gesundheit und die Daseinsberechtigung des Sports selbst verhöhnen, indem sie Doping nicht nur tolerieren würden, "sondern als vermeintlich autonom zu treffende Option zur Selbstoptimierung inszenieren. Der DSV verurteilt dies aufs Schärfste".
Er wies auch auf die besondere Vorbildfunktion von Sportlerinnen und Sportlern hin, während und auch nach der Karriere. "Wer sich bewusst von diesen Werten abwendet, verabschiedet sich von unserem Schwimmsport", sagte Pommer und erwähnte auch noch die "nie vollständig zu überblickenden gravierenden gesundheitlichen Gefahren".
Dopingspiele locken mit hohen Preisgeldern
Die Enhanced Games sollen erstmals im Mai 2026 in Las Vegas steigen. Drei Sportarten sind vorgesehen: Schwimmen, Leichtathletik und Gewichtheben mit jeweils ausgewählten Disziplinen. Jede Einzelveranstaltung ist den Angaben zufolge mit einem Preisgeld von 500.000 US-Dollar (rund 424.000 Euro) dotiert, 250.000 US-Dollar (rund 212.000 Euro) gehen jeweils an die Sieger. Darüber hinaus bieten die Veranstalter Antrittsgelder und eine Million US-Dollar für bisher nicht gelaufene und geschwommene Zeiten über 50 Meter Freistil und die 100 Meter in der Leichtathletik.

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Das Argument Geld lässt Brandt bei ihrer Bewertung nur bedingt zu. "Wer Leistungssport macht, gerade den Schwimmsport, der weiß halt, dass man damit nicht reich wird", sagte die Kurzbahn-Europameisterin von 2010. Geld sei "natürlich ein großer Motivator", weiß Brandt: "Aber diese Schattenseite, die ich da betrete, ist die andere Perspektive."
"Aber dann bist du in zehn Jahren vielleicht tot"
Die frühere Sprint-Spezialistin sieht die Enhanced Games auch aus gesundheitlicher Perspektive kritisch. "Ist es das wert, dass man sich das ganze Zeug – auch wenn das ärztlich überwacht wird – reinzieht? Es weiß ja niemand, was in zehn Jahren passiert. Was passiert dann mit dir? Dann hast du fünf Jahre mehr Kohle, aber dann bist du in zehn Jahren vielleicht tot", sagte die 41-Jährige.
Sie selbst hätte eine solche Anfrage zu aktiven Zeiten aber nicht nur deswegen kategorisch abgelehnt: "Für mich wäre es eine Charakterfrage gewesen, und ich hätte es nicht gemacht." Auch Steffen betonte: "Für mich wäre das nie etwas gewesen."

Enhanced Games Bei diesem Wettkampf dürfen Sportler problemlos dopen
Brandt gibt auch zu Bedenken, dass die zu den Enhanced Games gewechselten Athleten womöglich für Marketing-Zwecke benutzt werden. "Wir sind erstmal krass geschockt, aber die Leute sind trotzdem neugierig und wollen wissen, was passiert da, wie geht das", sagte sie: "So funktioniert ja gutes Marketing." Zur Führungsriege der Enhanced Games gehören der deutsche Milliardär Christian Angermayer, unter anderem Mitgründer eines Biopharma-Unternehmens, und der australische Oxford-Absolvent Aron D'Souza.
Neben Marius Kusch auch Olympia-Medaillengewinner dabei
"Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe, aber die Wahrheit ist, dass mir der Sport nie die finanzielle Stabilität gegeben hat, um mir eine Zukunft aufzubauen. Diese Tatsache war schon immer eine Herausforderung", hatte Kusch seinen Schritt begründet, an den Enhanced Games teilnehmen zu wollen. "Ich weiß, dass diese Entscheidung Diskussionen auslösen wird."
Vor Kusch hatten unter anderem schon der britische Schwimmer Ben Proud und Sprinter Fred Kerley aus den USA ihre Teilnahme angekündigt. Beide sind schon mit Olympia- sowie WM-Medaillen dekoriert. Kerley fehlte zuletzt bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Tokio. Er wurde durch die unabhängige Integritätskommission des Weltverbands suspendiert. Der Grund: ein Verstoß gegen Meldepflichten.
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