Speerwerfer Julian Weber verschränkte die Arme hinter seinem Kopf, schloss die Augen und legte sich enttäuscht auf den nassen Boden. Der 31-Jährige konnte bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Tokio seiner Rolle als Goldfavorit nicht gerecht werden und verpasste die ersehnte Medaille.
Mit 86,11 Metern belegte Weber beim Sieg von Keshorn Walcott aus Trinidad und Tobago den fünften Platz. Seinen Final-Fluch konnte er bei der WM in der japanischen Millionenmetropole erneut nicht stoppen. Er wartet weiter auf seine erste Medaille bei einer großen globalen Meisterschaft.
„Das ist schwierig. Es ist einfach vorbei jetzt. Die Chance, die man absolut wahrnehmen hätte können, die Medaille, die einem gefühlt fast zugestanden hat“, sagte Weber und fügte an: „Ich bin einfach nur leer und traurig gerade.“
Weber von Infekt geschwächt
Walcott, der 2012 Olympiasieger in London wurde, gewann vor Anderson Peters aus Grenada und dem Überraschungsdritten Curtis Thompson aus den USA. Walcott schleuderte den Speer auf 88,16 Meter – eine Weite, die Weber in diesem Jahr schon häufiger übertroffen hatte. „Es wäre absolut möglich gewesen“, betonte er. Doch der gebürtige Mainzer wirkte nach einem überstandenen Infekt immer noch angeschlagen. Er habe eine Woche flachgelegen, sagte Weber. Ein erfolgreicher Null-auf-Hundert-Auftritt glückte ihm nach dem Virus nicht.
Weber haderte von Beginn an mit seinen Würfen und schüttelte wiederholt den Kopf. An seine Saisonleistungen konnte er nicht annähernd anknüpfen. „Er soll sich ein bisschen entspannen, hinsetzen und nicht mehr wie ein Wiesel hin- und hersausen und allen anderen zugucken, sondern sich auf sich fokussieren. Und dann versuchen, mal die Beine mitzunehmen. Das ist nur Armwerfen – und dann kann man halt nicht weit werfen“, sagte Webers Trainer Burkhard Looks nach den ersten beiden Versuchen seines Schützlings.
Doch auch die Ratschläge des Coaches brachten nichts. „Er kann auch nicht zaubern. Wenn du halt krank bist, bist du krank. Ein Ottonormalverbraucher braucht auch sieben Tage, um einen Infekt auszukurieren“, sagte Looks mit Blick auf Webers zurückliegende Krankheit im ZDF.
Zwar durfte Weber bei den Europameisterschaften in München vor drei Jahren über den Titel jubeln, bei globalen Ereignissen ist er aber noch ohne Medaille. Sowohl bei der WM in Eugene 2022 als auch ein Jahr später in Budapest verpasste er das Podest als Vierter knapp. Auch bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 musste er sich mit Platz vier zufriedengeben. In Paris wurde er im Vorjahr Sechster.
In der Form seines Lebens
Doch Weber will sich auch von der nächsten Enttäuschung nicht von seinem Weg abbringen lassen. „Ich weiß, dass ich noch viele Medaillen gewinnen und immer besser werden kann. Ich weiß, dass es noch längst nicht das Ende ist“, sagte Weber. „Ich werde stärker zurückkommen.“
Dabei war Weber in dieser Saison so gut wie noch nie. Mehrmals knackte er die magische 90-Meter-Marke. Beim letzten wichtigen Meeting in Zürich vor drei Wochen übertraf er gleich zweimal die 91 Meter. Mit einem der beiden Versuche schleuderte er den Speer auf 91,51 Meter, was persönliche Bestleistung bedeutete. Dann kam der Infekt – und die Form seines Lebens war offensichtlich weg.
Auch in Tokio deutete Weber sein Potenzial an. Mit 87,21 Metern überstand er die Qualifikation ohne Probleme und ließ eine Ansage folgen. „Viel mehr“ sei für das Finale drin, hatte er nach der Quali noch gesagt. Doch im Finale blieb er sogar hinter der Qualifikationsweite, die für Bronze (86,67 Meter) gereicht hätte, zurück.
Werbers Auftritt passte aus deutscher Sicht irgendwie in den Tag. Auch bei allen anderen Entscheidungen am Donnerstag – dem Dreisprung der Frauen sowie den beiden 400-Meter-Endläufen ging Deutschland leer aus.
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