Diese Saison der Champions League ist für den deutschen Fußball enorm wichtig. Denn seine Baustellen sind gleichermaßen vielfältig wie tiefgehend: Ausbildung der Talente, Leistung der Nationalmannschaft, Bilanz der Klubs in den internationalen Wettbewerben in den vergangenen Jahren. Jetzt kann er zeigen, dass er dennoch weiterhin hinreichend Qualität hat. Es geht um die wichtige und weitreichende Frage: Ist der deutsche Fußball nicht nur finanziell, sondern auch sportlich abgehängt?
Der FC Bayern ist nach wie vor die Lokomotive der Bundesliga, mit ihm starten in dieser Woche Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt in die Spielzeit der Königsklasse. Doch wo die Bayern leistungsmäßig stehen, was diese Mannschaft um Superstar Harry Kane erreichen kann, wie weit die Münchner nach der kurzen Saisonvorbereitung wegen der Klub-WM wirklich sind, ist noch offen.
Das Spiel gegen den Klub-WM-Sieger FC Chelsea ist daher ein wichtiger Gradmesser. Und dürfte zeigen, wie gut die Münchner wirklich sind bzw. sein können. Ihr Auftakt in die Champions League am Mittwoch (21 Uhr, DAZN) ist ein besonderer.
6:0 gegen RB Leipzig, 3:2 gegen den FC Augsburg, 5:0 gegen den Hamburger SV – die bisherige Bilanz der Bayern in der Bundesliga ist mit neun Punkten und 14 Toren aus drei Spielen stark. Allerdings war Leipzig überraschend und Hamburg erwartet schwach. Chelsea ist der erste Prüfstein dieser Saison.
Amazon-Experte Matthias Sammer sieht die Bayern als einen der fünf Top-Favoriten auf den Titelgewinn in der Champions League. Und Paris St. Germain als aktuelle Benchmark im europäischen Spitzenfußball.
In der vergangenen Saison schieden die Münchner im Viertelfinale gegen Inter Mailand aus. Und verpassten ihr großes Ziel, das „Finale dahoam“ deutlich. In den vergangenen fünf Jahren haben sie lediglich einmal das Halbfinale der Königsklasse erreicht. Lange war es der Anspruch des Weltklubs aus München, konstant Teil der besten vier Europas zu sein. Trainer Vincent Kompany muss nun zeigen, dass er das mit seiner Mannschaft schaffen kann. Sein Verein definiert sich in erheblichem Maße über internationale Erfolge. Die Sehnsucht danach ist im Verein und unter seinen Fans sehr groß.
Kann der deutsche Fußball noch mithalten?
In diesem Transfersommer zeigte sich, dass die englische Premiere League in Sachen Finanzkraft und den damit verbundenen Transfers endgültig in einer eigenen Liga spielt. In der Champions League ist es jetzt an den deutschen Klubs und vor allem an den Bayern zu zeigen, dass der deutsche Fußball dennoch mithalten kann.
Viele Experten und Fans sind sich sicher, dass es an der Spitze eine recht langweilige Bundesliga-Saison werden könnte. Zu stark erscheinen die Münchner auf nationalem Niveau, zu schwach oder inkonstant die anderen Topklubs der Liga. Die Champions League ist für die Bayern in dieser Saison die große Herausforderung.
Die vergangene Spielzeit hat ihnen gezeigt, wie schwierig der neue Modus es ihnen machen kann. Sie mussten nach fünf Siegen und drei Niederlagen als Tabellenzwölfter in die Play-offs, schafften es erst dann ins Achtelfinale. Das bedeutete für den Klub eine sehr stressige und schwierige Phase. Die zusätzliche Belastung durch diese zwei zusätzlichen Spiele machte einen großen Unterschied, das sagen die Münchner Spieler bis heute.
In der Vorrunde treffen sie jetzt auf Chelsea und unter anderem auch auf den aktuellen Champions-League-Sieger Paris St. Germain, den FC Arsenal und Sporting Lissabon.
Es geht es um viel für die Bayern und die Klubführung. Die kommenden Monate werden zeigen, ob der Kader nach dem verordneten Sparkurs wirklich nicht zu klein ist. Ob der geliehene Nicolas Jackson vom FC Chelsea und der vom FC Liverpool verpflichtete Luis Diaz die erhofften Verstärkungen sind. Ob die aus Zugang Jonathan Tah und Dayot Upamecano bestehende neue Innenverteidigung das Fundament für einen internationalen Triumph sein kann. Und ob die Bayern ohne den verletzten und wohl noch bis mindestens Jahresende fehlenden Spielgestalter Jamal Musiala (und den ebenfalls verletzten Alphonso Davies) in der Offensive genug Ideen und Schlagkraft haben.
Die neue Saison der Champions League wird viele Fragen beantworten, die sich im deutschen Fußball und beim FC Bayern stellen. Für beide ist die Königsklasse eine große Chance. Und gleichzeitig eine enorm schwierige Aufgabe.
Julien Wolff ist Sportredakteur. Er berichtet für WELT seit vielen Jahren aus München über den FC Bayern und die Nationalmannschaft sowie über Fitness-Themen. Gegen Chelsea wird er im Stadion der Bayern sein.
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