Bevor sich der BVB-Tross am Montag auf die Reise nach Turin begab, wollte Niko Kovac noch etwas loswerden. „Juventus ist eine verdammt gute Mannschaft mit einer verdammt guter Bank“, sagte er. Vor allen Dingen werde auf sein Team am Dienstag, wenn die Dortmunder zum Auftakt der neuen Champions League-Saison beim italienischen Rekordmeister antreten werden (21 Uhr/Prime Video und im WELT-Liveticker), äußert laut und stimmungsvoll zugehen. „Die Tifosi werden Juve nach vorne peitschen“, so Kovac. Wenn der BVB dort etwas mitnehmen will, „müssen wir kompakt auftreten.“

Was das angeht, sind die Dortmunder auf einem guten Weg. Beim 2:0 in Heidenheim am Samstag in der Bundesliga gelang es zum dritten Mal innerhalb der letzten vier Pflichtspiele, kein Gegentor zu kassieren – und das, obwohl es speziell im Defensivbereich immer noch personelle Engpässe gibt. Nico Schlotterbeck, Niklas Süle und Emre Can sind nach wie vor verletzt.

Dennoch reichte es zu einem zufriedenstellenden Start ins neue Spieljahr – das, was die Ergebnisse angeht, so begonnen hat, wie das alte geendet hat: Saisonübergreifend ist die Mannschaft von Kovac seit elf Ligaspielen ungeschlagen.

Fan-Proteste gegen das neue Trikot

Etwas zu meckern gibt es in Dortmund aber trotzdem immer – sowohl über den Fußball, den die Mannschaft spielt, als auch darüber hinaus. So hing in Heidenheim der Gästefanblock voll mit Bannern über das „grausamste Trikot der Liga.“ Ein stummer Protest gegen das neue Auswärts-Shirt: grau und neongelb. Zwar wurde an den ersten zwei Tagen, nachdem es gelauncht worden war, schon rund 5.000 Mal verkauft – doch nach dem Geschmack vieler Anhänger ist es nicht traditionell genug.

Für andere Fans ist der Fußball, den die Mannschaft spielt, nicht attraktiv genug. Dabei würde der tatsächlich den im Ruhrgebiet nach wie propagierten Tugenden entsprechen: Die Dortmunder arbeiten derzeit eher auf dem Platz, als dass sie einen von den Sitzen reißen. „Wir haben eine gute Leistung gesehen, haben körperlich gut dagegen gehalten und dann zum richtigen Zeitpunkt die Tore erzielt“, erklärte Kovac nach der Pflichtaufgabe vom Samstag, als das Team inklusive Nachspielzeit 80 Minuten in Überzahl agiert hatte. „Wir haben das so runtergespielt, wie ich mir das erwartet hatte. Natürlich hätte ich mir mehr Tore gewünscht“, so der Trainer. Dass es die nicht gegeben hat, war für ihn aber auch nicht schlimm.

Gut sieben Monate ist Kovac mittlerweile beim BVB – und sein Stil, sein Pragmatismus ist mittlerweile kennzeichnend für die Spielweise für die Mannschaft. Sie ist um Fehlervermeidung bemüht, dabei aber recht erfolgreich. So hatten es die Dortmunder mit einem fulminanten Schlussspurt erneut in die Champions League geschafft.

Kovac brachte dem BVB Konstanz

In der neuen Saison soll darauf aufgebaut werden. Dafür hat der Trainer, der seinen Vertrag vor kurzem vorzeitig um ein Jahr verlängert hat, die Spieler bekommen, die er haben wollte: Jobe Bellingham, einen weiteren zentralen Mittelfeldspieler, Fávio Silva, einen Backup für Torjäger Serhou Guirassy, Carney Chukwuemeka, eine zusätzliche Kreativ-Option, und Aaron Anselmino, einen weiteren Innenverteidiger. Mit ihnen, so das Kalkül von Kovac, soll sich der BVB nicht neu erfinden, aber die Formschwankungen, die den Dortmundern in vergangenen den Jahren so unberechenbar gemacht hatte, geglättet werden.

„Der BVB hat häufiger ein Problem gehabt, konstant gute Leistungen abzurufen“, stellte der Trainer fest. Er habe sich, vor allem in der kurzen Sommerpause gefragt: „Wie schaffen wir es, konstanter zu werden?“ Die Antwort, auf die der 53-Jährige gekommen ist, zeugt fast schon von Zweckmäßigkeit in Reinkultur. Es komme auf die „einfachen Dinge“ an. „Ich halte nichts davon, den Fußball zu verkomplizieren.“

Für die Spieler bedeutet dies größtmögliche Berechenbarkeit. Die Dortmunder, die spielen unter Kovac immer mit einer Dreierabwehrkette – was für Kompaktheit sorgt. Seit der Coach diese Grundformation gefunden hat, wich er nie davon ab, selbst in Testspielen nicht. Und vorne wird mit nahezu jedem Angriffsversuch Serhou Guirassy gesorgt, der auch in der noch jungen Bundesligasaison bereits viermal getroffen – und damit die Hälfte aller Dortmunder Tore erzielt hat. Ein rasantes Flügelspiel so wie in die vergangenen Jahren gibt es im System Kovac dagegen nicht.

Dem erfahrenen Trainer geht Stabilisierung über alles – und das könnte, wenn er damit nachhaltig erfolgreich sein sollte – auch den Klub festigen. Denn die Dortmunder – und auch ihre kritischen Fans - betrachten sich nach wie vor als selbstverständlichen Bestandteil der Königsklasse. Dabei sind sie es schon lange nicht mehr: Lediglich durch einen fulminanten Schlusssport zum Ende der vergangenen Saison schafften sie es am letzten Spieltag noch auf Platz vier und damit so gerade in die Champions League. 2024/26, als der BVB nur Fünfter in der Bundesliga wurde, hatten sich nur deshalb qualifiziert, weil sie es ins Finale von London geschafft hatte – das dann 0:2 gegen Real Madrid verloren wurde.

Als am Samstag Maxi Beier mal eben sagte, das Ziel in der neuen Saison sei es, Deutscher Meister zu werden, sah sich Kovac genötigt dazwischen zu grätschen. Beier sei noch jung, hätte das „in der Euphorie“ gesagt, so Kovac: „Aber das werde ich ihm schon austreiben.“ Es gehe darum, „möglichst schnell in die Champions League zu kommen.“ Auch das, beweist die Vergangenheit, ist schon lange kein Selbstläufer mehr.

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