Schnappatmung beim DLV: Zwei der größten Athletinnen kommen bei der WM in Tokio nur mit Zittern weiter. Gina Lückenkemper will über 100 Meter endlich ein Einzelfinale auf Weltebene erreichen, schafft aber die direkte Qualifikation für das Halbfinale zunächst nicht. Auch Malaika Mihambo muss bibbern.
Die frühere Europameisterin Gina Lückenkemper ist nach einer Zitterpartie in das WM-Halbfinale über 100 Meter gesprintet. Die deutsche Meisterin kam bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Tokio nach starken 11,12 Sekunden nur als Vierte ihres hochklassig besetzten Vorlaufs ins Ziel - die sehr gute Zeit reichte aber zunächst nicht für die direkte Qualifikation für die Vorschlussrunde. Es hieß also abwarten und zittern für die schnellste Frau Deutschlands. Ihr Ausscheiden im Vorlauf wäre eine Katastrophe für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) direkt am ersten Tag gewesen.
Nach minutenlangem Bangen und dem Ende aller sieben Vorläufe löste Lückenkemper aber als beste der drei Zeitschnellsten ihr Ticket. Das Halbfinale findet am Sonntag (13.20 Uhr MESZ/ZDF und Eurosport) statt. Das Finale steigt am selben Abend von Tokio (15.13 Uhr MESZ).
Auch Weitsprung-Star Malaika Mihambo musste zittern - und hat trotz eines durchwachsenen Auftritts das WM-Finale erreicht. Die deutsche Medaillenhoffnung, die kurzfristig auf ihren erkrankten Trainer Uli Knapp verzichten musste, flog mit nur einem gültigen Versuch lediglich auf 6,63 Meter. Für die Qualifikation zum Finale waren eigentlich 6,75 Meter gefordert. Aber weil auch die Konkurrenz unter den Möglichkeiten ablieferte, sicherte sich die 31-Jährige von der LG Kurpfalz am Ende als neuntbeste Athletin der Qualifikation (zwölf kamen weiter) ihren Platz in der Entscheidung am Sonntag (13.40 Uhr MESZ).
Lückenkemper: "Kann ich deutlich besser"
Lückenkemper hatte sich 100-Meter-Weltmeisterin Sha'Carri Richardson (USA/11,03) und 200-Meter-Weltmeisterin Shericka Jackson (Jamaika/11,04) sowie der Australierin Torrie Lewis (11,08) geschlagen geben müssen. Ihre Zeit von 11,12 Sekunden hätte in allen sechs anderen Vorläufen für einen Platz unter den ersten drei Läuferinnen gereicht - am Ende lief Lückenkemper die 13.-beste Zeit aller Läufe.
"Ich hatte mit zwei Medaillengewinnerinnen der letzten Weltmeisterschaft direkt neben mir sicher einen der schwersten Läufe erwischt - das war keine einfache Nummer", sagte Lückenkemper, die sich auch über die ihrer Meinung nach nicht gerade optimale Organisation der Wettkämpfe beschwerte, in der ARD: "Trotzdem war es technisch kein schlechtes Rennen. Gerade in meinem Spezialbereich, dem Fliegen, habe ich aber die Schultern hochgezogen, die Hüfte wurde dadurch etwas fest - da habe ich was liegen lassen. Das ärgert mich, denn das kann ich eigentlich deutlich besser."
Die beiden anderen deutschen Sprinterinnen, Lisa Mayer (11,45) im letzten Einzel-Rennen ihrer Karriere und Sina Mayer (11,41), schieden aus. Die 28-jährige Lückenkemper unternimmt bei den Titelkämpfen in Japan den nächsten Versuch, erstmals ein WM-Finale über ihre Paradestrecke zu erreichen. Als bislang letzter deutscher Sprinterin war das Melanie Paschke 1997 in Athen gelungen. Topfavoritin Melissa Jefferson-Wooden (USA) lief in 10,99 Sekunden die drittbeste Zeit der Vorläufe, die Bestzeit setzte Olympiasiegerin Julien Alfred (Saint Lucia/10,93). Auch die zweimalige Olympiasiegerin Shelly-Ann Fraser-Pryce (Jamaika/11,09) sicherte sich bei ihren letzten Weltmeisterschaften das Weiterkommen.
Mihambo diskutiert, Athletin läuft ihr in die Bahn
Mihambo verschenkte beinahe zeitgleich bei ihrem gültigen zweiten Versuch am Brett knapp 14 Zentimeter. "Da ist mir eine Athletin fast in die Bahn gelaufen", sagte sie in der ARD. "Das war suboptimal." Anschließend diskutierte Mihambo mit den Wettkampfrichtern und ihr wurde angeboten, den Sprung zu wiederholen. Die Athletin wollte aber ihre Weite behalten und qualifizierte sich damit letztlich fürs Finale. "Das Glück, das ich heute nicht hatte, habe ich dann hoffentlich morgen", sagte sie.
Der Wettkampf im japanischen Nationalstadion war von einigen Verzögerungen geprägt. Mihambo musste teils lange auf ihre Sprünge warten, obwohl sie bereits bereitstand. Dazu fehlte ihr der Support von Knapp, der in Japan erkrankt das Bett hütete. Stattdessen stand der zweimaligen Weltmeisterin Byron Casfor, Coach von Dreispringerin Caroline Joyeux, zur Seite.
Mihambo gehört zu den wenigen echten deutschen Medaillenhoffnungen bei dieser WM - und sie hat beste Erinnerungen an Tokio. Vor vier Jahren krönte sich die Ausnahmeathletin hier in einem echten Thriller zur Olympiasiegerin. Ohnehin ist Mihambo so etwas wie "Mrs. Zuverlässig" in der deutschen Leichtathletik: Seit sieben Jahren hat sie bei jeder großen Meisterschaft eine Medaille geholt - vorausgesetzt, sie war am Start. Vor zwei Jahren fehlte die Ex-Weltmeisterin verletzt, als das deutsche Team in Budapest ohne Medaille blieb.
Eine große Überraschung war am Samstag das Aus von Larissa Iapichino. Die italienische Vize-Europameisterin kam nicht über 6,56 Meter hinaus und schied aus. Mihambos größte Rivalin im Kampf um Gold wird vermutlich erneut Paris-Olympiasiegerin Tara Davis-Woodhall. Die US-Amerikanerin schaffte als Beste der Qualifikation 6,88 m, außerdem dürfte die Französin Hilary Kpatcha (6,85) zu beachten sein. Titelverteidigerin Ivana Spanovic (Serbien) tritt in Tokio "nur" im Dreisprung an.
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