Der deutsche Fußball trägt eine offene Wunde. Drei, um genau zu sein: Leipzig, Wolfsburg und Leverkusen. Fans wissen es schon lange, jetzt ist es auch rechtlich bestätigt: Diese drei Vereine schummeln.

Um zu verhindern, dass der deutsche Fußball (wie etwa der englische, wo die Fankultur aus dem Stadion vertrieben wurde) zum Spielball von Milliardären und Konzernen wird, gibt es die 50+1-Regel. Sie besagt, dass ein Fußballverein immer die Stimmenmehrheit über seinen Profiklub behalten muss – also mindestens 50 Prozent plus eine Stimme.

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Seither ist die 50+1-Regel die heilige Kuh des deutschen Fußballs – in den Fankurven geliebt, bei Investoren verachtet. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat ein Gutachten beim Bundeskartellamt in Auftrag gegeben, um zu prüfen, ob die 50+1-Regel gegen Wettbewerbsrecht verstößt. Investoren versuchen so seit Jahren, die Regel zu kippen. Doch das Ergebnis des Bundeskartellamts ist so weitreichend wie bemerkenswert. Nicht nur erkennen die Juristen die 50+1-Regel als rechtmäßig und wettbewerbsmäßig unbedenklich an, sie gehen sogar noch einen Schritt weiter. Alle Ausnahmeregelungen müssen beendet werden, heißt es in der Empfehlung. Und da sind wir wieder bei Leipzig, Leverkusen und Wolfsburg.

RB Leipzig ist besonders perfide

Als die 50+1-Regel 1998/1999 eingeführt wurde, erhielten Leverkusen und Wolfsburg sofort eine Sondergenehmigung. Begründung: Bayer und Volkswagen hätten ihre Klubs seit Jahrzehnten getragen, also dürfe man ihnen die Konzernherrschaft nicht nehmen. Doch aus einer befristeten Ausnahme ist längst ein Dauerprivileg geworden. Bis heute gehören beide Vereine zu 100 Prozent ihren Konzernen – ein klarer Bruch mit dem Geist der Regel. RB Leipzig ist besonders perfide. Da die Mitglieder formal die Macht behalten müssen, lässt der „Verein“ (de facto Red Bull) nur 23 (!) stimmberechtigte Mitglieder überhaupt zu. Echte Mitgliedsanträge von Fans? Abgelehnt. Demokratische Kontrolle? Illusion. Die 50+1-Regel ist hier zur Farce verkommen. Mit Hoffenheim hat sich das vierte schwarze Schaf 2023 immerhin selbst das Privileg genommen.

Statt schnell zu reagieren, hat die DFL als Reaktion den Bock zum Gärtner gemacht. In Fernando Carro wurde nun ausgerechnet der Geschäftsführer von Bayer Leverkusen in den Aufsichtsrat der DFL gewählt. Ein Schummel-Chef soll kontrollieren, dass alles mit rechten Dingen zugeht? Natürlich nicht, wie er selbst direkt nach seiner Wahl zugibt: „Ich kann nur sagen, dass ich keine Notwendigkeit sehe, etwas zu ändern. Wir haben eine Satzung, an der man nichts ändern sollte oder müsste.“ Die Einschätzung des Bundeskartellamts sei ohnehin nur vorläufig. „Wir haben doch bis jetzt mit den Ausnahmen ohne Probleme leben können.“

Wer den Wettbewerb ernst nimmt, muss jetzt handeln. Während Fans in Kaiserslautern, Hamburg oder Dresden Spendenaktionen starten, wenn ihr Klub in Not gerät, können Bayer, VW und Red Bull ihre Fußballabteilungen beliebig quersubventionieren – wie nach der Corona-Pandemie geschehen. Für Traditionsvereine entsteht ein doppelter Wettbewerbsnachteil eines abstrusen Systems. Die Vereine, die Millionen in die Stadien und vor die Fernseher locken und für das enorme Geld im Geschäft sorgen, werden dafür nämlich noch nicht einmal bei der Verteilung der TV-Gelder belohnt.

Vielleicht können sie ihre eigene Liga gründen

Diese richtet sich zum Großteil nach dem sportlichen Erfolg und nicht, wie der Name es suggerieren würde, nach den TV-Einschaltquoten. Obwohl Hoffenheim und Wolfsburg nach Einschaltquoten im vergangenen Jahr die beiden Vereine waren, für die sich am wenigsten Menschen interessiert haben, werden sie aus dem TV-Topf dieses Jahr fast doppelt so viel erhalten wie der HSV, der regelmäßige Top-Quoten erzielt.

Erst bevorzugt die DFL Retortenvereine strukturell und lässt sie dann noch von den Fans der Traditionsvereine durch die unfaire Verteilung der TV-Gelder quersubventionieren. Die DFL muss handeln: Leipzig, Wolfsburg und Leverkusen müssen sich endlich an die Regeln halten, sonst muss man sie aus der Bundesliga schmeißen.

Vielleicht können sie ihre eigene Liga gründen. VW gegen Bayer, Red Bull gegen SAP. Das interessiert dann zwar keinen, aber wir können uns endlich wieder über den lauen Kick des eigenen Vereins ärgern – statt über die Schummeleien der unliebsamen Drei.

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