Vor dem Start der Weltmeisterschaft kommendes Wochenende in Tokio wird die deutsche Leichtathletik von schweren Vorwürfen durchgerüttelt.
Recherchen von ZDF-„frontal“ (Dienstag, 21.00 Uhr, ZDF) zeigen, wie junge Sportlerinnen von Trainern manipuliert und missbraucht worden sind. Es geht vor allem um sexuelle Übergriffe. Über einen Fall in Niedersachsen hat WELT bereits berichtet.
Im ZDF sprechen nun die Opfer. Zu ihnen gehört auch 400 Meter-Hürden-Sprinterin Eileen Demes, heute 27 Jahre alt. Jahrelang hatte sich die Olympia-Teilnehmerin von Paris nicht getraut, ihr Schicksal öffentlich zu machen. Sie sagt nun: „Ich bin 2012 mit 14 Jahren zu meinem Trainer gekommen. Ich habe vor großen Meisterschaften einen Brief bekommen. Das standen so Sachen drin wie: Du bist eine der wichtigsten Personen in meinem Leben.“
„Er würde mich sofort heiraten ...“
Was sie anfangs noch ganz nett fand, entwickelte sich irgendwann zur schweren Belastung. Als 17-Jährige wurde sie vom Trainer (damals Ende 40) anlässlich seines Geburtstages zum Essen eingeladen. Demes: „Da hat er mir gesagt, dass er mich liebt und dass er es schön fände, jeden Tag neben mir aufzuwachen. Er hat auch Sachen gesagt wie, er würde mich sofort heiraten. Das war für mich unangenehm.“
Was Demes erlebte, ist wohl kein Einzelfall. Die ehemaligen Talente Paula Pelzer und Lotta Claus hatten denselben Trainer. Auch sie erheben schwere Vorwürfe.
Pelzer: „Man hatte das Gefühl, man sei seine Freundin. Es ist wie eine Liebesbeziehung, obwohl ich das gar nicht wollte.“ Claus: „Er hat mir Sachen erzählt wie: Wir können ja auch mal ein Hotelzimmer zusammen buchen und dort zusammen schlafen.“
Noch schockierender sind Schilderungen aus einer Trainingsgruppe aus Niedersachsen. Eine Sportlerin, die anonym bleiben will, sagt über die Beziehung zu ihrem ehemaligen Trainer: „Er hat mir Nachrichten geschickt, dass es ihn schon interessieren würde, wie ich beim Sex abgehen würde. Und dass er gern mal ein Video von mir und meinem Freund sehen möchte, wie wir miteinander Sex haben.“
Wie reagiert der Verband (DLV) auf die Vorwürfe?
Kristin Behrens, Direktorin für Sportentwicklung beim DLV: „Wenn wir belastbare Ergebnisse haben, handeln wir sofort und unmittelbar. Deshalb sind Lizenz-Entzugsverfahren eingeleitet worden, um hier auch entsprechend zu sanktionieren.“
Die Probleme bei der Bekämpfung des Missbrauchs: Oft sprechen Betroffene nicht über ihre Situation, aus Angst, ihre sportlichen Träume zu verlieren. Und: Strafrechtlich sind die Vorwürfe teilweise im Graubereich. In Berlin wurde ein Trainer, gegen den es ähnliche Vorwürfe gab, wegen des „sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener“ immerhin zu 2 Jahren auf Bewährung verurteilt.
DLV-Chef Idriss Gonschinska sagt: „Psychische, körperliche und sexuelle Gewalt haben im Sport keinen Platz. Kinder und Jugendliche sind besonders schutzbedürftig, weil sie uns anvertraut sind und auf unser verantwortungsvolles Handeln angewiesen sind. Es ist unsere Pflicht, insbesondere für sie – aber auch für alle anderen – eine sichere Umgebung zu schaffen, in der sie sich frei entfalten und sportlich wachsen können.“
Beim DLV gibt es bereits ein Schutzkonzept zur Prävention von sexualisierter Belästigung und Gewalt. Nach Bild-Informationen soll das auch wegen der aktuellen Vorwürfe aber weiter verbessert werden.
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