Dieser eine Schuss entschied über das Schicksal der Dresdner Eislöwen. Aufstieg oder ein weiteres Jahr in der zweiten Liga? Große Bühne oder doch wieder Provinz? Tomas Sykora stocherte den Puck in der Verlängerung des siebten Finalspiels gegen die Ravensburg Towerstars über die Linie, führte sein Team zur Meisterschaft sowie zum Aufstieg in die Deutsche Eishockey Liga (DEL) – und in ganz neue Dimensionen.
Die an Dramatik nicht zu überbietende Finalserie im vergangenen April, die die Eislöwen 4:3 für sich entschieden, war der vorläufige Höhepunkt einer turbulenten Vereinshistorie, die 1990 ihren Anfang nahm. 35 Jahre später spielen die Eislöwen erstmals in der besten Liga des Landes.
„Das gesamte Play-off hat sehr viele Nerven gekostet. Nach dem letzten Sieg schlug die Anspannung dann in unfassbare Euphorie um. Das hat uns auch in der Vorbereitung auf die Penny DEL durch den ganzen Sommer getragen. Jetzt wollen wir allen zeigen, dass wir in der Lage sind, all die Anforderungen, die die DEL mit sich bringt, zu erfüllen“, sagt Dresdens Geschäftsführer, Maik Walsdorf, WELT AM SONNTAG.
Er begann 2012 als Praktikant bei den Eislöwen und hat großen Anteil daran, dass aus dem Verein, der am Rande der Insolvenz wandelte, nach 17 Jahren der Zweitklassigkeit ein finanziell solide aufgestellter DEL-Klub mit großen Ambitionen geworden ist.
Lange sah es nicht danach aus, dass die Eislöwen irgendwann zu den 14 Topvereinen Deutschlands gehören würden. In der DDR führte Eishockey ein Schattendasein, da der Sport als wenig medaillenträchtig galt und deswegen als nicht förderungswürdig eingestuft wurde. Nach der Wende gründeten sich im Osten viele Eishockeyklubs neu. So auch der ESC Dresden im April 1990, der aber elf Jahre später als Oberligaverein in die Insolvenz ging.
2014 standen die Eislöwen kurz vor dem Aus
Ein Schicksal, gegen das die Dresdner auch in den kommenden Jahren immer wieder ankämpfen mussten. „Im April 2014 stand der Klub ganz kurz vor dem Aus. Die Halle war wegen eines Dachschadens nicht bespielbar, es gab große finanzielle Ausfälle. Der Klub hatte ein riesiges Schuldenproblem, das er nur mit Hilfe der Stadt lösen konnte“, sagt Walsdorf. Die Stadt stimmte dem Sanierungskonzept auf einer Stadtratssitzung zu: „Wenn dies nicht geschehen wäre, wäre der Klub aller Voraussicht nach in die Insolvenz gegangen.“
Die Eislöwen setzten ein nachhaltiges Sanierungskonzept um. Seit 2018 ist der Klub schuldenfrei und hat sämtliche Kredite zurückgezahlt. Es lief alles in geordneten Bahnen, bis die Corona-Krise auch den Verein beinahe die Existenz gekostet hätte. „Wir haben gezwungenermaßen einen riesigen Schritt zurück gemacht. Unser Ziel war aber klar: Wir wollten aus der Krise stärker herauskommen. Das erste Corona-Jahr war ein Schlüsseljahr. Seither ist es bei uns eine Never Ending Story im positiven Fall“, sagt Walsdorf. Und die findet am kommenden Dienstag (19.30 Uhr, Magenta Sport) mit dem Saisoneröffnungsspiel auswärts gegen Meister Eisbären Berlin ihren vorläufigen Höhepunkt.
Auch auf dem Eis setzen die Eislöwen auf Kontinuität. Trainer Niklas Sundblad vertraut größtenteils seiner Aufstiegsmannschaft. 19 Spieler aus der vergangenen Saison laufen auch in der DEL für die Sachsen auf. Das Team wurde punktuell verstärkt – mit prominenten Spielern. Vom Meisterschaftzweiten Köln wechselte Torwart Julius Hudacek nach Dresden. Die Schlüsselposition ist für einen Aufsteiger hervorragend besetzt. Auch die Verpflichtungen der Stürmer Austin Ortega (aus Mannheim) und Trevor Parkes (aus München) sorgten für Aufsehen. Große Namen, die die Fans von mehr als nur dem Kampf um den Klassenverbleib träumen lassen.
„Alle Teams, die in der DEL spielen, wollen in das Play-off – auch wir. Das ist unser Ziel“, sagt Sundblad. Walsdorf pflichtet dem Schweden bei: „Wir haben die Grundlagen dafür gelegt, dass wir kein One-Hit-Wonder sind und haben das Ziel, uns dauerhaft in der DEL zu etablieren.“
Die Euphorie vor dem Premieren-Spieljahr ist groß. Der Klub hat nach 2000 verkauften Tickets den Dauerkartenverkauf gestoppt. Das Auswärtskontingent für das Spiel bei den Eisbären war binnen weniger Minuten ausverkauft. Fans reisten sogar nach Berlin, um an der Geschäftsstelle der Eisbären noch Tickets zu ergattern. „Dass wir aufgestiegen sind, ist für alle – ob Politik, Fans oder Sponsoren – etwas Unglaubliches. In Dresden und Umgebung sind Erstligaklubs rar gesät. Dementsprechend groß ist die Euphorie rund um den Vereib. Das müssen wir mitnehmen, um daraus die Fundamente für eine langfristige DEL-Zugehörigkeit zu bauen“, sagt Walsdorf.
„Dynamo Dresden ist hier in der Region eine Religion“
Dresden ist bereit für die erste Liga, trotz der scheinbar erdrückenden Konkurrenz der besten Fußballmannschaft der Stadt. Die Eislöwen vermarkten sich clever und bieten Fans und Sponsoren einen Gegenpol zu Dynamo, das wegen seiner in Teilen krawallbereiten Fans deutschlandweit nicht immer für gute Schlagzeilen sorgt.
„Dynamo Dresden ist hier in der Region eine Religion“, sagt Walsdorf. Aber mit dem Aufstieg seien die Eislöwen als Premiumprodukt auf eine Ebene mit Dynamo gekommen: „Dynamo wird deutschlandweit differenziert wahrgenommen. Wir bieten mit unserem familienfreundlichen Angebot und unserem Image den Fans und Sponsoren, die vielleicht nicht im Dynamo-Umfeld werben wollen, einen großen Mehrwert. Wir bedienen diese Nische. Das haben wir auch bei Partnerschaften gesehen. Zum Beispiel bei der Halbleiterindustrie, die sich sichtlich schwertut, im Umfeld des Profifußballs zu werben.“
Die Eislöwen haben sich wirtschaftlich auf ein breites Fundament gestellt. Der Stammverein besitzt als Hauptanteilseigner über 50 Prozent der Anteile, es gibt nicht den einen Gönner, der über das Wohl und Wehe des Klubs entscheiden kann. Gute Voraussetzungen, um Dresden als Eishockeystandort im Osten zu etablieren.
Wie groß sie bei den Eislöwen denken, zeigte sich direkt nach dem Aufstieg. Noch während der Busfahrt aus Ravensburg fädelte Walsdorf das Highlight der kommenden DEL-Saison ein – im Januar empfängt Dresden den Serienmeister aus Berlin zum Winter Game im Rudolf-Harbig-Stadion. Schon jetzt sind über 25.000 Tickets verkauft.
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